Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl - Jan Quenstedt страница 28

СКАЧАТЬ verstanden werden, die „allerdings nun metaphorisch zur Belehrung der Adressaten im Hinblick auf deren umfassende Verpflichtung interpretiert wird.“6 Hentschel vermutet, dass zur Entstehungszeit des Evangeliums das Lexem und seine Derivate gebräuchlich gewesen seien zur Bezeichnung verschiedenster gemeindeleitender Funktionen.7

      Die Besonderheit des Lukasevangeliums im Gebrauch des Lexems zur Bezeichnung des TischdienstsTischdienst ist nach Hentschel mit der Vorliebe des Lukas für die Darstellung von Mahlszenen zu erklären, die das soziale Gefüge und Wertvorstellungen der christlichen Gemeinde transparent machen würden. „In diesem Rahmen kann die pflichtbewusste Ausführung des TischdienstsTischdienst für Verantwortliche in der Gemeinschaft zur Metapher für eine auf die eigene Rechenschaftspflicht bedachte Ausübung von gemeindeleitenden Aufgaben werden, wobei zwar nicht die hierarchischen Strukturen selbst in Frage gestellt, Machtmissbrauch und ein Streben nach EhreEhre jedoch kritisiert werden.“8

      3.3.1.4 διακονέω κτλ. in der Apostelgeschichte

      Die Untersuchung der Belegstellen innerhalb der Apostelgeschichte führe zu einem ähnlichen Befund wie im Lukasevangelium. Zunächst würden auch in der Apostelgeschichte organisatorische, die GemeindeleitungGemeindeleitung betreffende Aufgaben mit dem Lexem und seinen Derivaten bezeichnet werden. Damit verbunden sei für alle Aufgaben eine BeauftragungBeauftragung, die sowohl für eine VerkündigungstätigkeitVerkündigungstätigkeit als auch für Botengänge festzuhalten sei.1 Anhand von Apg 6,1–7Apg 6,1–7 werde darüber hinaus deutlich, dass auch karitative Tätigkeiten durch eine BeauftragungBeauftragung charakterisiert und entsprechend mit dem Lexem gekennzeichnet werden könnten. Jedoch sei damit weder ein „niedriges oder wohltätiges Dienstamt“ bezeichnet, noch könne die Perikope als „Einführung eines im modernen Sinne des Wortes diakonischen Amtes gedeutet werden.“2 Vielmehr illustriert die Perikope die Existenz verschiedener Leitungsgremien innerhalb der Gemeinde, für deren Nebeneinander das Aufkommen eines Konkurrenzgedankens bei den Adressatinnen und Adressaten durch die Schilderung von Arbeitsteilung und BeauftragungBeauftragung vermieden werden soll.3

      Sofern das Lexem zur Bezeichnung einer BeauftragungBeauftragung verwendet wird, ist damit die Frage nach Autoritäts- und AbhängigkeitsverhältnissenAbhängigkeitsverhältnis bezeichnet. Dabei komme je nach Kontext entweder die AutoritätAutorität der beauftragten Person gegenüber den Adressatinnen und Adressaten, oder aber die abhängige und zur Rechenschaft verpflichtende Position der beauftragten Person gegenüber ihrem bzw. seinem Auftraggeber in den Blick.4 Ferner wird auch in der Apostelgeschichte das Lexem in Bezug auf den TischdienstTischdienst gebraucht, der jedoch wiederum als Metapher für die GemeindeleitungGemeindeleitung transparent sei, die im genannten Corpus als „Diakonie“ bezeichnet werde. Prüfstein für die auftragsgemäße Ausführung der gemeindeleitenden Tätigkeit werde in dieser Lesart der Umgang mit materiellen GüternGüter und die Versorgung von bedürftigen Personen mit Lebensmitteln, der „die Treue und Zuverlässigkeit eines von Jesus beauftragten Jüngers bzw. des späteren GemeindeleitersGemeindeleitung gegenüber seinem Herrn und Auftraggeber zeigt.“5 Damit messe sich der Anspruch des designierten GemeindeleitersGemeindeleitung auf AutoritätAutorität an seiner pflichtgemäßen Ausführung von Aufträgen. Vor diesem Hintergrund seien die Ausführungen des Autors des Lukasevangeliums auch für seine Adressatinnen und Adressaten auf ihre gegenwärtige Situation applizierbar.

      Lukas verwende mit dem Lexem einen bereits im frühen Christentum bekannten Terminus für die GemeindeleitungGemeindeleitung, setzt diesen in Beziehung zum TischdienstTischdienst und belehre „spätere AmtsträgerAmtsträger, die sich möglicherweise sogar als Diakonoi bezeichnen, über ihr ‚Berufsethos‘ und ihre mit der BeauftragungBeauftragung auch verbundenen Pflichten […]“6 Dieser Gebrauch sei als Charakteristikum des Lukas festzuhalten, sodass Hentschel summierend festhält: „Der erzählerisch ausgedrückte Anspruch an christliche Gemeindeleiter und MissionareMissionar, die für VerkündigungVerkündigung und Gemeindegründung verantwortlich sind, sich auch für die Rolle und Aufgabe eines Tischdieners, eines διακονῶν, nicht zu schade zu sein, wird nach Lukas geradezu zum Ausweis und Prüfstein für die rechtmäßig beanspruchte AutoritätAutorität, Beauftragter Christi bzw. Beauftragter der Gemeinde zu sein.“7 Mit dieser BeauftragungBeauftragung sei sodann ein „Höchstmaß an Verbindlichkeit und Normativität“8 verbunden, dem eine Deutung als niedriges Dienstamt zweifelsohne widerspreche. Deswegen erscheine die Verwendung des Lexems bei Lukas sehr komplex: Auf der Erzählebene verwende es der Evangelist zur Beschreibung von Diensten bei Tisch. Auf der Metaebene hingegen sei dieser Gebrauch transparent für Gemeindeleiter als Orientierungshilfe in der Ausübung ihres Dienstes.

      Die ausschließliche Anwendung von Maskulina im o.g. Zitat macht bereits ein weiteres Ergebnis von Hentschels Untersuchung des lukanischen Doppelwerkes deutlich, nach dem das mit dem zu untersuchenden Lexem bezeichnete Handeln von Frauen ausschließlich auf ein Handeln im Rahmen von praktischen Tätigkeiten begrenzt sei. Dieses erfahre durchaus eine positive Würdigung, jedoch keine (metaphorische) Erweiterung in Bezug auf ein gemeindeleitendes Handeln von Frauen. Somit korreliere der Gebrauch mit dem allgemeinen antiken Rollenverständnis, stehe jedoch im Widerspruch zur paulinischen Praxis und Verwendung des Lexems.9

      3.3.1.5 Die weitere Entwicklung – ein Ausblick

      Im vorletzten Kapitel ihrer Monographie wendet sich Hentschel der deuteropaulinischen Literatur sowie nichtkanonischen Schriften zu. Als wichtigste Erkenntnis hält Hentschel fest, dass das Lexem in der spätneutestamentlichen Literatur häufig zur Bezeichnung des Vorgangs der Übermittlung der christlichen Botschaft gebraucht werde. So werde etwa in Kol 1,7Kol 1,7 aufgrund des Kontexts (vgl. Kol 1,5b-6Kol 1,5b-6) deutlich, dass die Aufgabe des DiakonosDiakonos EpaphrasEpaphras in einer Botschaftsübermittlung, genauer: in der gemeindegründenden VerkündigungVerkündigung des Evangeliums, bestehe.1 Eph 3,7Eph 3,7 zeige mit dem Gebrauch des Begriffs DiakonosDiakonos für PaulusPaulus, dass er als ein „von Gott beauftragter VermittlerVermittler göttlicher Geheimnisoffenbarungen gekennzeichnet [sei], dessen Aufgabe es ist, diese für andere verständlich weiterzugeben (3,4).“2 Auch die Belege in den Pastoralbriefen würden ein entsprechendes Verständnis erkennen lassen.3 Besonders hervorzuheben sei, dass sich im 1. Timotheusbrief ein Schwerpunkt des Einsatzes in der gemeindeleitenden VerkündigungVerkündigung abzeichne. 1Tim 3,8–131Tim 3,8–13; 1Tim 4,61Tim 4,6 würden im Zusammenspiel mit 1Tim 1,121Tim 1,12 zeigen, dass die Lehre und VerkündigungVerkündigung ein Schwerpunkt der Aufgaben der DiakoneDiakon sei. Aus diesem Grund summiert Hentschel: „Unter der Diakonie ist im 1. Timotheusbrief die BeauftragungBeauftragung zur gemeindegründenden bzw. gemeindeleitenden VerkündigungstätigkeitVerkündigungstätigkeit zu verstehen, die unterschiedliche Formen der Weitergabe des Wortes ebenso wie die mit der Glaubensüberzeugung im Einklang stehende Lebensweise beinhaltet.“4 Auch die entsprechende Titulierung des OnesiphorosOnesiphoros in 2Tim 1,182Tim 1,18 lasse die Deutung als Ausübung einer VerkündigungstätigkeitVerkündigungstätigkeit im weitesten Sinne zu. Auftraggeber seien in diesen Kontexten Gott oder eine konkrete Gemeinde. Von dieser Tendenz ergibt sich die Entwicklung, dass sich „mit der Zeit διάκονοςδιάκονος und διακονία zu spezifisch geprägten Begriffen entwickelten, mit welchen umfassend eine gemeindegründende und gemeindeleitende VerkündigungVerkündigung ausgedrückt werden konnte.“5 Damit sei der Weg vorgezeichnet, der zur Verwendung des Lexems als Bezeichnung für konkrete ÄmterAmt in der Gemeinde führe. Die BeauftragungBeauftragung bzw. Einsetzung der mit diesem Lexem Bezeichneten könne nun auch durch die Gemeinde bzw. deren Autoritäten erfolgen – neben einer unmittelbaren Einsetzung durch Gott bzw. Christus. Somit seien die beauftragten Personen, deren Tätigkeit sich im Mit- und Nebeneinander mit den ebenfalls erwähnten EpiskopenEpiskopos vollziehe, zur Rechenschaft gegenüber der Gemeinde verpflichtet.6

      Diese Tendenz sei für die deuteropaulinische Literatur ebenso festzuhalten wie für die nichtkanonischen Schriften, obgleich zu betonen sei, dass der Gebrauch des Lexems keinen Rückschluss auf ein niedriges bzw. untergeordnetes Dienstamt zulasse. Es stehe eine BeauftragungBeauftragung im Mittelpunkt der СКАЧАТЬ