Diakonie zwischen Vereinslokal und Herrenmahl. Jan Quenstedt
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СКАЧАТЬ könne der Begriff einen Bedienenden bei Tisch bezeichnen (vgl. Joh 2,5Joh 2,5.9Joh 2,9). Ebenfalls sei mit dem Begriff die Bezeichnung eines normalen Dienenden, z.B. am Königshof denkbar (vgl. Mt 22,13Mt 22,13). Eine Christin bzw. ein Christ könne ebenso tituliert werden, da sie bzw. er Jesus (vgl. Joh 12,26Joh 12,26) und den Menschen (vgl. Mk 9,35Mk 9,35; Mk 10,43Mk 10,43; Mt 20,26Mt 20,26; Mt 23,11Mt 23,11) diene.2 Außerdem könne ein Mensch auch Dienerin bzw. Diener einer – positiven oder negativen – geistigen Größe sein. Ihr bzw. sein Dienst hätte sodann in jeder Hinsicht einen Einfluss auf die Größe bzw. das Ansehen der in den Dienst stellenden MachtMacht.3

      Auch der ApostelApostel könne, so eine weitere Variante, als Diener – entweder Christi (2Kor 11,232Kor 11,23) oder Gottes (2Kor 6,3f.2Kor 6,3f.) – verstanden werden. Damit käme ferner ein Eigentumsverhältnis zum Ausdruck.4 Es seien aber auch diejenigen als Diener Gottes zu bezeichnen, die in der VerkündigungVerkündigung des Evangeliums tätig seien. Als Beispiel dafür könne TimotheusTimotheus (vgl. 1Thess 3,1–31Thess 3,1–3; ferner 1Tim 4,61Tim 4,6) herangezogen werden, aber auch EpaphrasEpaphras (vgl. Kol 1,7Kol 1,7) und Tychikus (vgl. Eph 6,21Eph 6,21; Kol 4,7Kol 4,7) würden als Beispiele für diese Art des Gebrauchs gelten.5 Neben Einzelpersonen sei sechstens auch die ObrigkeitObrigkeit in Ausnahmefällen als von Gott eingesetzte Dienerin für Gott zu verstehen, wie es in Röm 13,1–4Röm 13,1–4 der Fall sei.6 Siebtens diene der Begriff PaulusPaulus als Selbstbezeichnung in Kol 1,25Kol 1,25. Er tituliere sich damit als Diener der Gemeinde, dessen Ziel es sei – gemeinsam mit anderen Dienern – selbige zum GlaubenGlaube zu bringen (vgl. 1Kor 3,51Kor 3,5).7

      Neben der soeben skizzierten freien Anwendung des Begriffs konstatiert Beyer eine an ein bestimmtes AmtAmt in der Gemeinde gebundene Verwendung. Diese geschehe zur „feste[n] Bezeichnung des Trägers eines bestimmten Gemeindeamts in der sich bildenden kirchlichen Verfassung als διακονός“8 (vgl. Phil 1,1Phil 1,1; 1Tim 3,81Tim 3,8–13.121Tim 3,8–13). Im Hinblick auf Phil 1,1 sei festzuhalten, dass das so bezeichnete AmtAmt in Verbindung mit dem AmtAmt des EpiskoposEpiskopos stehe und diesem vermutlich – entsprechend seiner Nennung an zweiter Stelle – zu- bzw. beigeordnet sei.9 Tätigkeitsbereiche der so bezeichneten AmtsträgerAmtsträger seien die Verwaltung der Gemeinde und sogenannte LiebestätigkeitenLiebestätigkeit. Diese Aufgaben leitet Beyer von vier Beobachtungen ab. Zunächst lege sich die Herleitung der Aufgaben aufgrund der ursprünglichen Namensbedeutung nahe: dem allgemeinen Dienen und dem TischdienstTischdienst im Speziellen. Darüber hinaus ergeben sich die Aufgaben auch durch die Zuordnung zum EpiskoposEpiskopos, dessen Mitarbeiter die DiakoneDiakon seien. Mit der dritten und vierten Beobachtung orientiert sich Beyer bei der Aufgabenbeschreibung einerseits an einer konkreten Perikope, andererseits am neutestamentlichen Befund in seiner Gesamtheit: 1Tim 3,8–131Tim 3,8–13 gebe an, welche Anforderungen ein Diakon für sein AmtAmt erfüllen muss. Seine Aufgaben würden sich „aus dem, was aus anderen Stellen des NT für GabeGabe und AmtAmt der διακονία zu schließen ist,“10 ergeben. In diesem Zusammenhang weist Beyer darauf hin, dass der Ursprung des DiakonenamtsDiakon nicht in Apg 6Apg 6 zu suchen sei. Vielmehr seien wohl Erfahrungen aus dem bereits bestehenden Diakonat bei der Entstehung der Perikope mit eingeflossen.11

      Die Entstehung des DiakonenamtsDiakon sieht Beyer in Verbindung mit der Herausbildung des AmtsAmt des EpiskoposEpiskopos. Aufgrund der engen Zusammengehörigkeit beider ÄmterAmt, sei eine Entstehung des einen AmtsAmt unabhängig von der des anderen nicht denkbar. Damit sei auch eine AbhängigkeitAbhängigkeitsverhältnis verbunden: Der DiakonosDiakonos sei nicht nur Diener der Gemeinde, sondern auch des EpiskoposEpiskopos.12 Entstanden wären diese beiden ÄmterAmt aus einer gemeindlichen Notwendigkeit heraus: „Die schöpferische Kraft des jungen Christentums war stark genug, den Bedürfnissen seines gemeindlichen und gottesdienstlichen Lebens gemäße ÄmterAmt von sich aus zu schaffen.“13

      Diese Erkenntnis sei für die Bezeichnung der neu entstandenen ÄmterAmt bedeutsam: Nach Beyer hat sie einen profanen Ursprung, sei aber vom sich formierenden Christentum inhaltlich neu bestimmt bzw. gefüllt worden: „Das junge Christentum hat vorhandene, bisher überwiegend profan gebrauchte, in ihrer Bedeutung noch nicht allzu ausgeprägte Worte aufgegriffen, sie mit den in der Gemeinde sich bildenden Ämtern verbunden und ihnen dadurch einen neuen Sinn gegeben, der so fest mit dem Inhalt der Amtstätigkeit verschmolz, daß alle Sprachen der Welt sie als Fremdworte zur Bezeichnung christlicher AmtsträgerAmtsträger übernommen haben.“14

      Aus den profanen Belegstellen für διάκονoς ergebe sich, dass dem Begriff – neben seiner Beschreibung alltäglicher Hilfsdienste – auch eine kultische Dimension inhärent sei, „es eine gelegentliche kultische Betätigung des διάκονοςδιάκονος gegeben hat.“15 „Wenn sich [aber, JQ] aus den Inschriften etwas lernen läßt, so dies, daß der ursprüngliche Sinn des Wortes διακονεῖν bei Tisch bedienen nie ganz verloren gegangen ist.“16 Diese ursprüngliche Wortbedeutung weise darauf hin, dass die Bezeichnung dieses AmtsAmt seinen Ursprung im AbendmahlAbendmahl der Gemeinde habe.17 Im Christentum jedenfalls sei der Begriff „Sinnbild aller liebevollen FürsorgeFürsorge für den Anderen. Darin wurzelt der lebendige Zusammenhang zwischen der ethischen Besinnung über das Dienen in der Gemeinde und dem AmtAmt des Dienens selbst.“18

      Beyer erwähnt auch das AmtAmt der weiblichen Diakonisse (Röm 16,1Röm 16,1). Offen bleibe, ob der Begriff in diesem Kontext als feste Bezeichnung eines AmtsAmt oder als Kennzeichen der Dienste jener Frau verwendet wurde. Dennoch ist sich Beyer sicher, „daß sich frühzeitig ein Stand weiblicher Dienerinnen in der Gemeinde herausgebildet hat.“19

      3.1.2 Kritische Würdigung

      Nach Beyer hat der christliche DiakoniebegriffDiakoniebegriff eine Fülle an Bedeutungen, die nur schwerlich unter einen Oberbegriff zu bringen sind. Jedoch wird deutlich, dass sich die so bezeichneten Tätigkeiten zumeist im Raum der Gemeinde vollziehen, dort ihren Sitz im Leben haben und der Begriff mehr bezeichnet als nur den TischdienstTischdienst. Diese Tätigkeiten dienen vielmehr dem Aufbau der Gemeinde. Offen bleibt, ob diesen Tätigkeiten damit eine gewisse Exklusivität anhaftet, da die Adressatinnen und Adressaten Gemeindeglieder sind. Im Gegensatz zur paganen Umwelt erhalte der Begriff zudem durch die Qualifizierung und die Orientierung am Leben Jesu eine besondere Qualität. Er werde zur Bezeichnung eines OpferdienstesOpferdienst, wie Beyer unter Rückgriff auf Mk 10,43–45Mk 10,43–45 bzw. Mt 20,26–28Mt 20,26–28 festhält. „Diakonie“ ist damit als OpferdienstOpferdienst zu verstehen, weil der Dienst für die Nächste bzw. den Nächsten das gesamte Leben in Anspruch nehme und fordere. Orientierung erhalte dieses Verhalten durch die Ausrichtung an dem und der NachahmungNachahmung des Lebens Jesu Christi. Damit bekomme das Dienen eine neue Qualität: Entgegen der vermeintlichen Abqualifizierung des Dienens als unwürdige Arbeit erhalte das Dienen unter christlichen Vorzeichen seine WürdeWürde durch die Ausrichtung auf Jesus Christus, der Ziel und Empfänger aller „Diakonie“ sei. Genau genommen enthalte diese Begriffsbestimmung aber eine noch weitergehende Konsequenz als die paganen Begriffe für das Dienen: Es handle sich dabei um die notwendige SelbstaufgabeSelbstaufgabe des Dienenden, der nur dadurch zur „richtigen“ Dienerin bzw. zum „richtigen“ Diener und Diakon bzw. zur Diakonin werden könne. Das eigene „Ich“ müsse gänzlich im Dienen aufgehen bzw. dahinter zurücktreten. Insofern sei christliche „Diakonie“ nicht frei von Vorbedingungen, sondern verlange einen entsprechenden LebenswandelLebenswandel, der den Geringsten unter den Mitmenschen ähnlich werde. Darüber hinaus wird deutlich, dass der Begriff innerhalb der neutestamentlichen Literatur eine Vielzahl an Bedeutungen besitzt und nicht allein auf sozial-fürsorgliches HandelnHandeln, sozial-fürsorglich zu begrenzen ist. Aus den vorliegenden Wörterbucheinträgen wird also ersichtlich, dass sich die Verwendung des DiakoniebegriffsDiakoniebegriff nicht allein in der Bezeichnung von diesem Bereich zugehörigen Tätigkeiten erschöpfen kann.

      Kritisch zu hinterfragen ist – neben dem fragwürdigen Gebrauch des Begriffs „Spätjudentum“ – die negative Zeichnung des Dienstgedankens im Judentum, dessen MotivationMotivation nach Beyer lediglich im Vollbringen guter Taten zur Rechtfertigung vor Gott zu sehen sei. Schwierigkeiten СКАЧАТЬ