Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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СКАЧАТЬ dem Ro­sa­li­ens.

      »Seit wie lan­ge hat das schon so ge­währt?« frag­te Jo­han­na, den Blick fest auf die Zofe ge­hef­tet.

      »Seit­dem er her­kam,« stam­mel­te Ro­sa­lie.

      Jo­han­na ver­stand nicht gleich.

      »Seit­dem er her­kam? … Also … seit … seit dem Früh­jahr?«

      »Ja, Ma­da­me.«

      »Seit­dem er ins Haus kam?«

      »Ja, Ma­da­me.«

      Tau­send Fra­gen schweb­ten Jo­han­na jetzt auf der Zun­ge.

      »Aber wie ist das mög­lich?« be­gann sie has­tig. »Wie hat er Dir’s denn nahe ge­legt? Wie wur­dest Du die sei­ne? Was sag­te er Dir? Wann und wie hast Du denn nach­ge­ge­ben? Wie konn­test Du Dich denn ihm über­las­sen?«

      Jetzt streck­te Ro­sa­lie ab­weh­rend die Hän­de aus; auch ihr schweb­ten tau­send Ant­wor­ten auf der Zun­ge.

      »Ich weiß es nur zu gut. Als er zum ers­ten Mal hier ass, such­te er mich in mei­nem Zim­mer auf. Er hat­te sich auf dem Bo­den ver­steckt. Ich wag­te nicht zu schrei­en, um kei­nen Skan­dal zu ma­chen. Er leg­te sich zu mir. Was soll­te ich da ma­chen? Ich war in sei­ner Hand. Ich woll­te auch nichts sa­gen; er war so nett und gut …«

      Jo­han­na stiess einen Schrei aus.

      »Aber … Dein Kind … Dein Kind … ist es von ihm? …«

      »Ja, Ma­da­me,« schluchz­te Ro­sa­lie.

      Eine Zeit lang schwie­gen bei­de. Man hör­te nur das Schluch­zen Ro­sa­li­ens und der Baro­nin.

      Auch Jo­han­na fühl­te, wie ihre Au­gen feucht wur­den; sie lehn­te sich in die Kis­sen zu­rück und lei­se ran­nen ihr die Trä­nen über die Wan­gen.

      Das Kind ih­rer Zofe hat­te den­sel­ben Va­ter wie das ih­ri­ge! Ihr Zorn war da­hin. Jetzt fühl­te sie nur, wie eine selt­sa­me tie­fe und end­lo­se Verzweif­lung sich lang­sam ih­res Her­zens be­mäch­tig­te.

      Sie be­gann ihre Fra­gen aufs neue, aber die­ses Mal klang ihre Stim­me ver­än­dert, wei­cher.

      »Als wir zu­rück­ka­men von … da un­ten … von der Rei­se …, wann hat er da wie­der an­ge­fan­gen?«

      »Da … gleich den ers­ten Abend,« stöhn­te die Zofe, die jetzt bei­na­he ganz am Bo­den lag.

      Je­des ih­rer Wor­te durch­schnitt Jo­han­nas Herz. Also am ers­ten Abend, am Abend ih­rer Rück­kehr nach Peup­les, ließ er sie al­lein um die­ses Mäd­chens wil­len! Des­halb schlief er in sei­nem Zim­mer!

      Sie wuss­te jetzt ge­nug, sie moch­te nichts mehr da­von hö­ren.

      »Geh’ hin­aus, geh’ fort!« rief sie. Und als Ro­sa­lie, ganz fas­sungs­los, sich nicht von der Stel­le rühr­te, rief sie den Va­ter her­bei: »Füh­re sie fort, jag’ sie hin­aus.«

      Aber der Pfar­rer, der bis da­hin schwei­gend zu­ge­hört hat­te, hielt jetzt den Au­gen­blick für eine klei­ne Straf­pre­digt ge­kom­men:

      »Das ist schänd­lich, was Du ge­tan hast, mei­ne Toch­ter,« be­gann er, »sehr schänd­lich; der Him­mel wird Dir so­bald nicht ver­zei­hen. Den­ke an die Höl­le, die Dich er­war­tet, wenn Du nicht so­fort eine an­de­re Le­bens­wei­se be­ginnst. Jetzt, wo Du ein Kind hast, müs­sen wir se­hen, dass es mit Dir in Ord­nung kommt. Frau Baro­nin wird ohne Zwei­fel et­was für Dich tun und wir müs­sen trach­ten, einen Mann für Dich zu fin­den …«

      Er hät­te je­den­falls noch lan­ge ge­spro­chen, aber der Baron hat­te Ro­sa­lie aber­mals bei den Schul­tern ge­fasst, riss sie in die Höhe, schlepp­te sie bis an die Türe und warf sie wie einen Ball auf den Gang hin­aus.

      Als er, blei­cher fast wie sei­ne Toch­ter, zu­rück­kam, er­griff der Pfar­rer aber­mals das Wort: »Was soll man ma­chen? Sie sind alle so hier zu Lan­de. Es ist zum jam­mern, aber man kann es nicht än­dern und muss et­was Nach­sicht mit der Schwä­che der Na­tur ha­ben. Sie hei­ra­ten nie­mals, Ma­da­me, ohne nicht schon gu­ter Hoff­nung zu sein. Man könn­te das so als eine Lan­des­sit­te be­zeich­nen,« füg­te er lä­chelnd hin­zu. »Selbst bei den Kin­dern fängt es schon an,« sag­te er, dann erns­ter wer­dend. »Fand ich doch neu­lich auf dem Kirch­hof ein Pär­chen, das noch die Schu­le be­sucht! Ich teil­te es den El­tern mit. Wis­sen Sie, was ich zur Ant­wort er­hielt? »Was soll man ma­chen, Herr Pfar­rer? Wir ha­ben ih­nen die­se Schmut­ze­rei nicht bei­ge­bracht; wir kön­nen nichts da­für.« Se­hen Sie, Herr Baron, Ihr Mäd­chen hat es ge­macht, wie die an­de­ren auch …«

      »Ach die?« un­ter­brach ihn der Baron, noch wut­zit­ternd, »die ist mir ganz gleich­gül­tig. Es ist Ju­li­us, der mich so wü­tend macht. Es ist schänd­lich, was er da ge­macht hat und ich will mei­ne Toch­ter mit mir neh­men.«

      Sich im­mer mehr in die Hit­ze re­dend, ging er auf und ab. »Es ist in­fam, mei­ne Toch­ter so zu hin­ter­ge­hen, in­fam! Er ist ein Lump, die­ser Mensch, eine Ca­nail­le, ein Elen­der; aber ich wer­de es ihm sa­gen, ich wer­de ihn züch­ti­gen, ihn mit mei­nem De­gen um­brin­gen!«

      Der Pfar­rer nahm, ne­ben der trost­lo­sen Baro­nin ste­hend, be­däch­tig eine Prie­se und such­te sei­nes Am­tes als Frie­dens­spen­der zu wal­ten. »Se­hen Sie, Herr Baron, er hat es, un­ter uns ge­sagt, ge­macht wie alle Welt. Ken­nen Sie vie­le Ehe­män­ner, die treu sind?« Und mit et­was bos­haf­ter Harm­lo­sig­keit füg­te er hin­zu: »Si­cher, ich wet­te, dass Sie selbst auch so Ihre klei­nen Scher­ze ge­habt ha­ben. Schau­en Sie, Hand aufs Herz, ob ich nicht recht habe.«

      Der Baron war über­rascht ste­hen ge­blie­ben und schau­te dem Pries­ter ins Ge­sicht, der ru­hig fort­fuhr:

      »Nun ja, Sie ha­ben es ge­macht wie alle an­de­ren. Wer weiß, ob Sie nicht auch mal so eine le­cke­re Frucht ge­kos­tet ha­ben, wie die­se da. Ich sage Ih­nen, alle Welt treibt es so. Ihre Frau ist dar­um nicht we­ni­ger glück­lich und we­ni­ger ge­liebt ge­we­sen, nicht wahr?«

      Der Baron wuss­te wirk­lich nicht, was er ant­wor­ten soll­te.

      Wahr­haf­tig, in der Tat, er hat­te es eben­so ge­macht und recht oft so­gar, so hin­ge er ge­konnt hat­te. Auch er hat­te sein ei­ge­nes Haus nicht rein ge­hal­ten. Wenn die Zo­fen sei­ner Frau halb­wegs hübsch wa­ren, so hat­te er sich nicht lan­ge be­dacht. War er des­halb ein schlech­ter Mensch? Wa­rum be­ur­teil­te er Ju­li­us’ Auf­füh­rung so streng, wäh­rend er für die sei­ni­ge doch stets eine Ent­schul­di­gung ge­fun­den hat­te?

      Der Baro­nin schweb­te mit­ten zwi­schen ih­rem krampf­haf­ten Schluch­zen doch ein Lä­cheln auf den Lip­pen, wenn sie an die klei­nen Ver­ge­ss­lich­kei­ten ih­res Gat­ten dach­te. Sie war eine von je­nen sen­ti­men­ta­len, schnell er­reg­ba­ren und zu­gleich nach­sich­ti­gen СКАЧАТЬ