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СКАЧАТЬ denn, Ma­da­me?« stam­mel­te Ro­sa­lie zit­ternd.

      »Wem ge­hört es, das Kind?«

      Da wur­de das arme Mäd­chen von Verzweif­lung er­grif­fen; ängst­lich such­te es die Hän­de frei zu be­kom­men, um ihr Ant­litz da­mit zu be­de­cken.

      Aber Jo­han­na küss­te sie wi­der ih­ren Wil­len und sag­te trös­tend:

      »Es ist ein Un­glück; was soll man ma­chen, Kind? Du bist schwach ge­we­sen, aber das pas­siert an­de­ren auch. Wenn der Va­ter Dich hei­ra­tet, wird sich nie­mand mehr dar­um küm­mern. Und wir wer­den ihn mit Dir in un­se­ren Dienst neh­men.«

      Ro­sa­lie seufz­te wie un­ter furcht­ba­ren Qua­len und mach­te von Zeit zu Zeit den Ver­such los­zu­kom­men und da­von­zu­lau­fen.

      »Ich be­grei­fe Dein Scham­ge­fühl völ­lig«, be­gann Jo­han­na wie­der, »aber Du siehst, dass ich Dir nicht böse bin, dass ich Dir im Gu­ten zu­re­de. Ich fra­ge Dich nach dem Na­men des Man­nes nur zu Dei­nem Bes­ten, weil ich mit Dir den Schmerz emp­fin­de, dass er Dich im Stich lässt. Das möch­te ich ver­hin­dern. Ju­li­us wird ihn schon fin­den, weißt Du; und wir wer­den ihn zwin­gen, Dich zu hei­ra­ten. Und da wir Euch dann bei­de un­ter den Au­gen ha­ben, so wer­den wir auch da­für sor­gen, dass er Dich glück­lich macht.«

      Dies­mal mach­te Ro­sa­lie eine so krampf­haf­te An­stren­gung, dass es ihr ge­lang, die Hän­de frei zu be­kom­men, wor­auf sie wie be­ses­sen zum Zim­mer hin­aus rann­te.

      »Ich woll­te Ro­sa­lie be­stim­men, mir den Na­men ih­res Ver­füh­rers zu nen­nen«, sag­te Jo­han­na abends beim Di­ner zu ih­rem Gat­ten, »aber ich habe kei­nen Er­folg ge­habt. Ver­su­che Du es doch noch ein­mal, da­mit wir den Elen­den zwin­gen, sie zu hei­ra­ten.«

      »Du weißt doch«, sag­te Ju­li­us, so­fort sehr hit­zig wer­dend, »dass ich für mei­ne Per­son von die­ser Ge­schich­te nichts mehr hö­ren mag. Du hast das Mäd­chen be­hal­ten wol­len; nun schön, be­hal­te Sie. Aber ver­scho­ne mich ge­fäl­ligst mit die­ser An­ge­le­gen­heit.«

      Seit der Nie­der­kunft Ro­sa­li­ens schi­en er aus­ser­or­dent­lich reiz­ba­rer Stim­mung ge­wor­den zu sein. Er hat­te sich an­ge­wöhnt nur noch in schrei­en­dem Tone mit sei­ner Frau zu spre­chen, als wenn er im­mer­fort in Wut wäre. Sie da­ge­gen dämpf­te die Stim­me und be­trug sich sehr sanft, um je­den Zwist zu ver­mei­den. Zu­wei­len aber wein­te sie nachts in ih­rem Bet­te recht bit­ter­lich.

      Trotz sei­ner fort­wäh­ren­den Reiz­bar­keit hat­te Ju­li­us wie­der an­ge­fan­gen, sei­ne ehe­li­chen Pf­lich­ten zu er­fül­len, die er seit ih­rer Rück­kehr so sehr ver­nach­läs­sigt hat­te. Sel­ten ver­gin­gen ei­ni­ge Tage, wo er nicht das ehe­li­che Schlaf­ge­mach mit ihr ge­teilt hät­te.

      Ro­sa­lie war bald voll­stän­dig ge­ne­sen und wur­de we­ni­ger trau­rig, ob­schon sie stets noch et­was ge­drück­ter Stim­mung war, wie wenn sie von ir­gend ei­ner un­er­klär­li­chen Furcht be­seelt wäre.

      Zwei­mal noch mach­te Jo­han­na den Ver­such, sie we­gen des Va­ters zu be­fra­gen, aber je­des Mal wuss­te sich das Mäd­chen ihr zu ent­zie­hen.

      Auch Ju­li­us schi­en in der letz­ten Zeit lie­bens­wür­di­ger ge­wor­den zu sein. Die jun­ge Frau gab sich schon wie­der neu­en Hoff­nun­gen hin und ihre alte Hei­ter­keit kehr­te zu­rück. Hin und wie­der spür­te sie al­ler­dings eine ei­gen­tüm­li­che Un­be­hag­lich­keit, von der sie je­doch nicht sprach. Der Frost draus­sen hielt im­mer noch an, und seit nun bald fünf Wo­chen brei­te­te sich ein kris­tall­hel­ler blau­er Him­mel, der nachts mit Mil­li­ar­den fun­keln­der Ster­ne be­sä­et war, über die dich­te fest­ge­fro­re­ne glän­zen­de Schnee­flä­che aus.

      Die Pächt­er­häu­ser, ein­sam in ih­ren vier­e­cki­gen Hö­fen, hin­ter ei­nem Vor­hang von großen dicht­be­reif­ten Bäu­men, schie­nen wie in ei­nem wei­ßen Hem­de ein­ge­schla­fen zu sein. Man sah dort we­der Men­schen noch Tie­re her­aus­kom­men; nur die Zie­gel­schorn­stei­ne zeig­ten durch den dün­nen Rauch, der sich aus ih­nen em­por­rin­gel­te und ker­zen­gra­de in die kal­te Luft auf­stieg, dass noch Le­ben in die­ser Ein­sam­keit war.

      Die Ebe­ne, die Hü­gel, die Ul­men am Sau­me des Parks, al­les schi­en er­stor­ben, hin­ge­mor­det durch die Käl­te. Zu­wei­len hör­te man in den Bäu­men ein Kra­chen, als wenn ihre höl­zer­nen Glie­der un­ter der Rin­de ge­bors­ten wä­ren; und mit­un­ter lös­te sich ein großer Zweig ab und fiel zur Erde, nach­dem der ei­si­ge Frost sei­nen Saft er­stickt und sei­ne Fa­sern zer­ris­sen hat­te.

      Jo­han­na war­te­te sehn­süch­tig auf die Wie­der­kehr mil­de­rer Wit­te­rung, in­dem sie die un­be­stimm­ten Schmer­zen, an de­nen sie litt, auf die Ein­wir­kung der schreck­li­chen Käl­te schob.

      Bald konn­te sie nichts es­sen und hat­te einen Ab­scheu vor je­der Nah­rung, bald schlug ihr Puls hef­tig, bald ver­ur­sach­te ihr die kleins­te Mahl­zeit die stärks­ten In­di­ge­s­tio­nen. Ihre Ner­ven wa­ren selt­sam er­regt und sie leb­te in ei­nem be­stän­di­gen und un­er­träg­li­chen Wech­sel der Ge­füh­le.

      Ei­nes Abends stand das Ther­mo­me­ter noch nied­ri­ger wie ge­wöhn­lich. Ju­li­us sass vor Frost zit­ternd bei Ti­sche, denn im Spei­se­zim­mer wur­de, um Holz zu spa­ren, nie­mals ge­heizt. »Heu­te Abend wol­len wir be­hag­lich zu zwei­en schla­fen, nicht wahr, mein Schatz?« sag­te er, sich die Hän­de rei­bend.

      Er lach­te mit sei­nem al­ten gut­mü­ti­gen Lä­cheln und Jo­han­na flog ihm an den Hals. Aber sie fühl­te sich ge­ra­de an die­sem Abend so un­wohl, so voll Schmer­zen, so selt­sam ner­vös, dass sie ihn lei­se un­ter zärt­li­chen Küs­sen bat, sie heu­te al­lein zu las­sen. Sie setz­te ihm mit we­ni­gen Wor­ten ihr Un­wohl­sein aus­ein­an­der. »Ich bit­te Dich, Liebs­ter, ich ver­si­che­re Dich, dass ich nicht wohl bin. Mor­gen wird mir je­den­falls bes­ser sein.«

      »Wie Du willst, Lieb­ling,« sag­te er nach­ge­bend. »Sor­g’ nur gut für Dich, wenn Du nicht wohl bist.«

      Man sprach dann von an­de­ren Din­gen.

      Jo­han­na ging bei Zei­ten schla­fen. Ju­li­us ließ aus­nahms­wei­se in sei­nem Wohn­zim­mer noch­mals ein­hei­zen. Als ihm ge­mel­det wur­de, dass es »or­dent­lich bren­ne,« küss­te er sei­ne Frau auf die Stirn und ging fort.

      Das gan­ze Haus schi­en vor Käl­te zu star­ren. Die Wän­de, voll­stän­dig durch­fro­ren, lies­sen ein Geräusch, wie leich­tes Schau­dern ver­neh­men; und Jo­han­na zit­ter­te in ih­rem Bet­te.

      Zwei­mal stand sie auf, um Holz auf den Herd zu wer­fen, und Klei­der, Rö­cke und al­ler­lei al­tes Zeug auf ihr Bett zu le­gen. Nichts konn­te sie warm ma­chen. Ihre Füs­se blie­ben eis­kalt, ihr Leib da­ge­gen und ihre Brust wur­den von selt­sa­men Zu­ckun­gen ge­quält, so­dass sie sich fort­wäh­rend von ei­ner Sei­te auf die an­de­re leg­te, ohne Ruhe zu fin­den. Ihre ner­vö­se Er­regt­heit СКАЧАТЬ