Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 206

Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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      Dann ent­war­fen sie einen Rei­se­plan und be­schlos­sen, um auch die schwie­rigs­ten Tou­ren ma­chen zu kön­nen, sich Pfer­de zu mie­ten. So nah­men sie also zwei klei­ne kor­si­sche Hengs­te mit feu­ri­gen Au­gen, zäh und un­er­müd­lich, und be­ga­ben sich ei­nes Mor­gens bei Ta­ge­s­an­bruch auf den Weg. Ein Füh­rer auf ei­nem Maulesel, der zu­gleich mit Pro­vi­ant be­la­den war, bil­de­te ihre Beglei­tung; denn auf Gast­häu­ser durf­ten sie in dem un­wirt­li­chen Lan­de nicht rech­nen.

      Die Stras­se führ­te zu­erst dem Golf ent­lang und dann durch ein mäs­sig tie­fes Tal ge­gen die großen Ber­ge zu. Zu­wei­len muss­te man halb­aus­ge­trock­ne­te Strö­me über­schrei­ten; nur dünn rie­sel­te un­ter den Kie­seln ih­res Bet­tes das Was­ser da­hin, und ließ ein schwa­ches Plät­schern ver­neh­men.

      Das un­be­bau­te Land schi­en fast nackt zu sein. Die Berg­hän­ge wa­ren mit ho­hen, bei der heis­sen Jah­res­zeit fast brau­nen Kräu­tern, be­wach­sen. Hin und wie­der be­geg­ne­te man ei­nem Berg­be­woh­ner ent­we­der zu Fuss oder zu Pferd, oder ritt­lings auf ei­nem rund­bau­chi­gen Esel sit­zend.

      Aber alle hat­ten über der Schul­ter hän­gend das ge­la­de­ne Ge­wehr, alte ver­ros­te­te, aber in ih­ren Hän­den sehr ge­fürch­te­te Waf­fen.

      Der star­ke Ge­ruch der duf­ti­gen Kräu­ter, mit de­nen die In­sel be­wach­sen ist, schi­en die Luft zu ver­di­cken. In lan­gen Win­dun­gen stieg die end­lo­se Stras­se die Ber­ge hin­an.

      Die Gip­fel aus röt­li­chem oder blau­en Gra­nit ver­lie­hen der öden Um­ge­bung den Cha­rak­ter ei­ner Zau­ber­land­schaft; und die großen Kas­ta­ni­en­wäl­der an den tiefer­ge­le­ge­nen Hän­gen sa­hen wie grü­nes Ge­büsch aus. So groß war die Ent­fer­nung, wel­che sie von den hoch­ra­gen­den Berg­gip­feln trenn­te.

      Hin und wie­der nann­te der Füh­rer, die Hand ge­gen die zer­ris­se­nen Gip­fel aus­stre­ckend, einen Na­men. Jo­han­na und Ju­li­us wand­ten den Blick dort­hin, aber sie konn­ten an­fangs nichts se­hen, bis sie schliess­lich einen grau­en Ge­gen­stand ent­deck­ten, der einen vom Gip­fel ab­ge­lös­ten Stein­hau­fen glich. Es war ein Dorf, ein klei­ner Wei­ler, wie ein rich­ti­ges Vo­gel­nest, dort in der en­gen Fels­s­pal­te fast un­sicht­bar ein­ge­zwängt.

      Der lan­ge Weg im Schritt mach­te Jo­han­na un­ge­dul­dig. »Wir wol­len mal vor­wärts rei­ten« sag­te sie und spreng­te ihr Pferd an. Als sie ih­ren Mann nicht ne­ben sich gal­lo­pie­ren hör­te, wand­te sie sich um und brach in ein tol­les Ge­läch­ter aus, als sie ihn her­bei­kom­men sah, krampf­haft am Zü­gel zer­rend und selt­sam schwan­kend. Sei­ne Schön­heit und sei­ne vor­neh­me Hal­tung kon­tras­tier­ten ei­gen­tüm­lich zu sei­ner Un­ge­schick­lich­keit und Furcht.

      Sie setz­ten dar­auf den Weg in lang­sa­men Tra­be fort. Die Stras­se führ­te jetzt durch zwei un­durch­dring­li­che Ge­büsch­strei­fen, wel­che den Hang wie ein Man­tel be­deck­ten.

      Es war dies der Maki, der un­durch­dring­li­che Maki, aus grü­nen Ei­chen, Wach­hol­der­sträu­chern, Erd­beer­stau­den, Mas­tix­bäu­men, Kreuz­dorn, Farrn­kraut, Lor­beer, Thy­mi­an und al­ler­lei Sch­ling­pflan­zen ge­bil­det. Das al­les war in ein­an­der ver­wach­sen wie die Haa­re ei­nes Men­schen; es rank­te, spross­te, wu­cher­te em­por und bil­de­te so selt­sa­me For­men, ein so un­ent­wirr­ba­res Dickicht, dass kei­nes Men­schen Fuss sich durch das­sel­be zu win­den ver­mocht hät­te. Es war wie ein dich­tes Vlies, das den Rücken des Ber­ges be­deck­te.

      All­mäh­lich ver­spür­ten sie Hun­ger. Der Füh­rer, der sie wie­der ein­ge­holt hat­te, brach­te sie zu ei­ner je­ner lieb­li­chen Quel­len, wie man sie in die­sem zer­klüf­te­ten Lan­de so zahl­reich fin­det, wo ein dün­ner eis­kal­ter Was­ser­fa­den aus ei­nem klei­nen Lo­che im Fel­sen rinnt und sich am Fus­se ei­ner Kas­ta­nie in ei­ner klei­nen Ver­tie­fung sam­melt, von wo aus dann der Lauf bis zur Mün­dung wei­ter führt.

      Jo­han­na war so ent­zückt, dass sie nur mit Mühe einen Ruf der Über­ra­schung un­ter­drück­te.

      Nach dem Früh­stück bra­chen sie wie­der auf und be­gan­nen den Ab­stieg auf der Sei­te des Golfs von Sa­go­ne.

      Ge­gen Abend ka­men sie durch Car­ge­se, dem al­ten Grie­chen-Dor­fe, wel­ches einst eine flüch­ti­ge Schar Ver­bann­ter dort an­ge­legt hat­te. Hüb­sche, hoch­ge­wach­se­ne Mäd­chen mit vor­neh­mem Pro­fil, lan­gen Hän­den, schlan­ker Tail­le, aus­neh­mend gra­zi­öse Er­schei­nun­gen, stan­den in ei­ner Grup­pe an ei­nem Brun­nen. Als Ju­li­us ih­nen einen »Gu­ten Abend« wünsch­te, ant­wor­te­ten sie mit wohl­klin­gen­der Stim­me in der me­lo­di­schen Spra­che ih­res Va­ter­lan­des.

      Als sie nach Pia­na ka­men, muss­ten sie, wie in al­ten Zei­ten und längst ver­schol­le­nen Lan­den um Gast­freund­schaft bit­ten. Jo­han­nas Herz hüpf­te vor Freu­de, wäh­rend sie war­te­ten, ob die Pfor­te sich öff­nen wür­de, an wel­cher Ju­li­us ge­pocht hat­te. Das war doch wirk­lich mal eine Rei­se mit all’ den un­vor­her­ge­se­he­nen Er­eig­nis­sen auf un­be­kann­ten Stras­sen!

      Sie hat­ten sich ge­ra­de an eine noch neu­be­grün­de­te Haus­hal­tung ge­wandt. Man emp­fing sie, wie un­ge­fähr die Pa­tri­ar­chen einen von Gott ge­sand­ten Gast emp­fan­gen ha­ben wür­den. Sie schlie­fen un­ter ei­nem Stroh­da­che in dem al­ten wurm­sti­chi­gen Hau­se, des­sen gan­zes Ge­bälk mit In­schrif­ten be­deckt schi­en; so hat­ten die klei­nen Holzwür­mer ihre Spu­ren auf dem­sel­ben ein­ge­gra­ben.

      Mit Son­nen­auf­gang zo­gen sie wei­ter und stan­den bald vor ei­nem Wald, ei­nem wirk­li­chen Wald von pur­pur­far­be­nem Gra­nit. Da be­fan­den sich Gie­bel, Säu­len, Glo­cken und al­ler­lei selt­sa­me Fi­gu­ren, wel­che der Zahn der Zeit, der Sturm­wind und der ge­fräs­si­ge Bro­dem des Mee­res aus dem Ge­stein ge­bil­det hat­ten.

      Oft drei­hun­dert Me­ter hoch, schlank, rund, ge­wun­den, ge­knickt, miss­ge­stal­tet, selt­sam, in je­der Art von Form, er­schie­nen die­se son­der­ba­ren Fel­sen wie Bäu­me, Pflan­zen, Tie­re, Denk­mä­ler, Men­schen, Mön­che in lan­gen Kut­ten, Teu­fel mit Hör­nern, rie­si­ge Vö­gel, kurz wie eine Welt von Un­ge­heu­ern, wie eine Me­na­ge­rie, die durch die son­der­ba­re Lau­ne ir­gend ei­nes Got­tes in Stein ver­wan­delt war.

      Jo­han­na fand kei­ne Wor­te für die mäch­ti­ge Be­we­gung ih­res Her­zens, und sie er­griff die Hand ih­res Gat­ten, wel­che sie, hin­ge­ris­sen von der Schön­heit die­ses Schau­spie­les, zärt­lich drück­te.

      Plötz­lich, als sie die­sen chao­ti­schen An­blick hin­rei­chend ge­nos­sen, ent­deck­ten sie einen neu­en Golf, der rings­um mit ei­ner Mau­er von blu­tig­ro­tem Gra­nit um­säumt war. Das blaue Meer warf das Spie­gel­bild die­ser schar­lach­far­be­nen Fel­sen zu­rück.

      »Ach, Ju­li­us!« stam­mel­te Jo­han­na; sie konn­te von Be­wun­de­rung hin­ge­ris­sen kei­ne an­de­ren Wor­te fin­den. Es war ihr, als ob ihr die Keh­le zu­ge­schnürt СКАЧАТЬ