Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 208

Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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СКАЧАТЬ das jun­ge Paar den ru­hi­gen Zeu­gen die­ser grau­si­gen Tat an.

      »Und der Mör­der?« frag­te Jo­han­na.

      Pao­li Pala­bret­ti hus­te­te lan­ge, ehe er ant­wor­te­te:

      »Es ge­lang ihm, das Ge­bir­ge zu er­rei­chen. Mein Bru­der hat ihn spä­ter ge­tö­tet. Näm­lich mein Bru­der Phil­ip­pi Pala­bret­ti, der Ban­di­to.«

      »Ihr Bru­der?« frag­te Jo­han­na schau­dernd. »Ein Ban­dit?«

      »Ja­wohl, Ma­da­me«, ent­geg­ne­te der sanf­te Kor­se mit stol­zem Auf­blit­zen des Au­ges, »es war so­gar ein ganz be­rühm­ter. Sechs Gens­darmen hat er nie­der­ge­streckt. Er starb mit Ni­co­la Mora­li zu­sam­men, als sie nach acht­tä­gi­gem Kamp­fe im Nio­lo um­zin­gelt wa­ren und bei­na­he vor Hun­ger um­ge­kom­men wä­ren. – Das ist nun mal hier­zu­lan­de nicht an­ders«, füg­te er mit gleich­gül­ti­gem Tone hin­zu, eben­so wie er sag­te: »Es ist die Luft im Tale, die einen er­käl­tet.«

      Sie kehr­ten hier­auf zum Es­sen heim und die klei­ne Kor­sin be­han­del­te sie, als ob sie schon seit zwan­zig Jah­ren mit ih­nen be­kannt wäre.

      Jo­han­na wur­de von pein­li­cher Un­ru­he ge­quält, ob sie auch in Ju­li­us’ Ar­men jene selt­sa­me und hef­ti­ge Lie­be wie­der­fin­den wür­de, die sie auf dem Moos­tep­pich bei der Quel­le am Mor­gen emp­fun­den hat­te.

      Als sie al­lein im Zim­mer wa­ren, zit­ter­te sie bei dem Ge­dan­ken an eine Ent­täu­schung. Aber es kam an­ders, und die­se Nacht wur­de im wah­ren Sin­ne des Wor­tes ihre Braut­nacht.

      Am an­de­ren Mor­gen, als die Stun­de der Abrei­se nah­te, konn­te sie sich kaum ent­sch­lies­sen, das klei­ne Haus zu ver­las­sen, wo ihr ein neu­es Glück für sie auf­ge­gan­gen zu sein schi­en.

      Sie zog die klei­ne Frau ih­res freund­li­chen Gast­ge­bers ins Zim­mer und ver­si­cher­te ihr, dass sie ihr durch­aus kein Ge­schenk ma­chen wol­le, sich aber glück­lich füh­len wür­de, wenn sie ihr nach ih­rer Rück­kehr von Pa­ris aus ein klei­nes An­den­ken schi­cken dürf­te. Fast mit aber­gläu­bi­scher Hart­nä­ckig­keit be­stand sie auf der Über­sen­dung die­ses An­den­kens.

      Die jun­ge Kor­sin sträub­te sich lan­ge und woll­te ab­so­lut nichts an­neh­men.

      »Nun gut«, sag­te sie end­lich, »schi­cken Sie mir eine klei­ne Pis­to­le, eine ganz klei­ne.«

      Jo­han­na mach­te große Au­gen.

      »Ich möch­te mei­nen Schwa­ger tö­ten«, sag­te sie ganz lei­se, ihr ins Ohr flüs­ternd, wie man Je­man­den ein süs­ses Ge­heim­nis an­ver­traut. Und un­ter fort­wäh­ren­dem Lä­cheln lös­te sie has­tig die Bin­de von ih­rem Arm und zeig­te ihre run­de wei­ße Hand, wel­che deut­lich die Spu­ren von mehr­fa­chen Dolch­sti­chen auf­wies.

      »Wenn ich nicht eben­so stark wäre wie er, so hät­te er mich um­ge­bracht. Mein Mann ist nicht ei­fer­süch­tig; er kennt mich. Und zu­dem ist er krank, wis­sen Sie, und das lässt sein Blut nicht auf­wal­len. Üb­ri­gens bin ich eine ehr­ba­re Frau, Ma­da­me! Aber mein Schwa­ger glaubt al­les, was man ihm sagt. Er ist ei­fer­süch­tig für mei­nen Mann und er wird si­cher wie­der von Neu­em an­fan­gen. Wenn ich in­des­sen eine klei­ne Pis­to­le hät­te, wäre ich be­ru­higt und könn­te mich vor ihm schüt­zen.«

      Jo­han­na ver­sprach, ihr die Waf­fe zu sen­den, küss­te zärt­lich ihre neue Freun­din und setz­te ih­ren Weg mit Ju­li­us fort.

      Der Rest ih­rer Rei­se ver­ging ih­nen wie ein Traum, wie ein end­lo­ser Lie­bes­rausch. Sie hat­te kein Auge mehr für Land und Leu­te; sie sah nur noch Ju­li­us.

      Von nun an be­gann für sie jene kind­li­che lieb­li­che Zeit der Lie­bes­tän­de­lei, klei­ner zar­ter Ko­sen­a­men, scherz­haf­ter Ne­cke­rei­en, die Zeit, wo sie al­les, was sie um­gab und was sie ge­nos­sen, mit ei­ner be­son­de­ren Be­zeich­nung be­leg­ten.

      Da Jo­han­na auf der rech­ten Sei­te schlief, so war ihre lin­ke Brust beim Er­wa­chen zu­wei­len ent­blöst. Ju­li­us, der dies be­merkt hat­te, nann­te das den »Herrn Freischlä­fer«, wäh­rend er die an­de­re Sei­te als den »Herrn Ver­lieb­ten« be­zeich­ne­te, weil die­sel­be mit ih­rer ro­si­gen Knos­pe sich für sei­ne Küs­se emp­find­li­cher er­wies.

      Je­ner Platz, wo Ju­li­us am liebs­ten und häu­figs­ten bei ihr ver­weil­te, wur­de von ih­nen »Müt­ter­chens Al­lee« ge­tauft; eine an­de­re ge­heim­nis­vol­le­re Stel­le nann­ten sie den »Da­mas-Weg« zur Erin­ne­rung an das Tal von Ota.

      Als sie in Bas­tia an­lang­ten, muss­te der Füh­rer ent­lohnt wer­den. Ju­li­us griff in sei­ne Ta­sche, konn­te aber das Ge­wünsch­te nicht gleich fin­den.

      »Da Du die zwei­tau­send Fran­cs Dei­ner Mut­ter doch nicht brauchst, so könn­test Du sie mir zu tra­gen ge­ben. Sie sind in mei­nem Gür­tel bes­ser auf­ge­ho­ben, und ich brau­che dann kein Geld wech­seln zu las­sen.«

      Sie reich­te ihm die Bör­se hin.

      Hier­auf reis­ten sie über Li­vor­no, Flo­renz, Ge­nua und be­such­ten das gan­ze Al­pen­ge­biet.

      Bei ei­nem hef­ti­gen Nord­west-Win­de lang­ten sie ei­nes Mor­gens in Mar­seil­le an.

      Man schrieb den 15. Ok­to­ber; seit ih­rer Abrei­se von Peup­les wa­ren zwei Mo­na­te ver­gan­gen.

      Jo­han­na fühl­te sich trau­rig; der hef­ti­ge kal­te Wind er­in­ner­te sie an ihre Hei­mat, die Nor­man­die. Ju­li­us schi­en seit ei­ni­ger Zeit sehr ver­än­dert, müde und gleich­gül­tig. Sie hat­te Furcht, ohne zu wis­sen wo­vor.

      Sie ver­zö­ger­te ihre Heim­rei­se noch um vier Tage, weil sie sich nicht ent­sch­lies­sen konn­te, dies schö­ne son­ni­ge Land zu ver­las­sen. Es war ihr, als ob mit der Rei­se auch ihr Glück zu Ende ging.

      Sch­liess­lich fuh­ren sie ab.

      Sie muss­ten noch in Pa­ris alle ihre Ein­käu­fe für ih­ren end­gül­ti­gen Auf­ent­halt in Peup­les be­sor­gen. Jo­han­na freu­te sich dar­auf, dank der wohl­ge­füll­ten Bör­se von ih­rer Mut­ter, al­ler­hand Wun­der­din­ge mit heim zu brin­gen. Das ers­te aber, wor­an sie dach­te, war die Pis­to­le für die klei­ne Kor­sin in Evi­sa.

      »Möch­test Du mir das Geld von Mama zu­rück­ge­ben, Herz, da­mit ich mei­ne Ein­käu­fe ma­chen kann?« sag­te sie am Tage nach ih­rer An­kunft zu Ju­li­us.

      »Wie viel brauchst Du?« wand­te er sich stirn­run­zelnd zu ihr.

      »Aber … so viel Du meinst,« stam­mel­te sie über­rascht.

      »Ich wer­de Dir hun­dert Fran­cs ge­ben, aber ver­schleu­de­re sie nicht« ent­geg­ne­te er.

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