Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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СКАЧАТЬ sich auf die Knie der Trin­ker, leg­ten den Arm um ih­ren Hals und er­mun­ter­ten zu fleis­si­gem Ze­chen.

      Die drei an­de­ren »Da­men« (es wa­ren ih­rer nur fünf) bil­de­ten eine Art Ari­sto­kra­tie, und blie­ben für die ers­te Ge­sell­schaft re­ser­viert, we­nigs­tens so lan­ge man ih­rer da un­ten nicht drin­gend be­durf­te und zu­fäl­lig ’mal oben ein stil­ler Abend war.

      Der »Ju­pi­ter-Sa­lon«, in dem sich die Bür­ger des Or­tes ihr Stell­dich­ein ga­ben, war mit blau­er Ta­pe­te aus­ge­schla­gen und aus­ser­dem noch durch ein großes Bild, Leda mit dem Schwan dar­stel­lend, ent­spre­chend ver­ziert. Man ge­lang­te zu dem­sel­ben auf ei­ner schma­len Wen­del­trep­pe, wel­che nach der Stras­se zu durch eine enge un­an­sehn­li­che Tür ver­schlos­sen wur­de; über letz­te­rer brann­te hin­ter ei­nem Git­ter die gan­ze Nacht hin­durch eine klei­ne La­ter­ne nach Art je­ner, die man in ge­wis­sen Städ­ten heu­te noch vor klei­nen Mau­er­bild­chen an­zün­det.

      Das Ge­bäu­de, alt und feucht, trug einen leich­ten Ge­ruch von Schim­mel an sich. Zu­wei­len schweb­te ein Duft von Eau de Co­lo­gne in den Gän­gen oder es schall­te auch durch eine zu­fäl­lig ge­öff­ne­te Tür das or­di­näre Ge­schrei der im Erd­ge­schoss be­find­li­chen Ze­cher wie ein Don­ner­schlag durch das gan­ze Haus und brach­te auf dem Ge­sicht der Her­ren im ers­ten Stock eine un­zu­frie­de­ne und ver­ächt­li­che Mie­ne her­vor.

      »Ma­da­me«, die mit der ihr be­freun­de­ten Kund­schaft sehr ver­trau­lich tat, ver­liess den Sa­lon nicht und in­ter­es­sier­te sich sehr für je­den Stadt­klatsch, der ihr zu­ge­tra­gen wur­de. Ihre Un­ter­hal­tung hat­te für ge­wöhn­lich durch­aus kei­nen Be­zug auf ihre drei Da­men; die­sel­be bil­de­te viel­mehr eine Art Ru­he­platz für die seich­ten Scher­ze je­ner wohl­be­leib­ten Her­ren, die sich je­den Abend die klei­ne Aus­schwei­fung ge­stat­te­ten, ihr Glas Li­queur in Ge­sell­schaft die­ser öf­fent­li­chen Mäd­chen zu schlür­fen.

      Die drei »Da­men« aus dem ers­ten Stock hies­sen Fer­n­an­de, Ra­phaële und Rosa la Ros­se.

      Da das Per­so­nal be­schränkt war, so hat­te man Sor­ge ge­tra­gen, dass jede von den Drei­en eine Art Mus­ter, ge­wis­ser­mas­sen die Ver­tre­te­rin ei­nes be­stimm­ten weib­li­chen Ty­pus war, da­mit je­der Kun­de hier, we­nigs­tens in etwa, sein Ide­al fin­de.

      Fer­n­an­de ver­trat die Klas­se der »schö­nen Blon­di­nen«; sie war sehr groß, bei­na­he et­was zu stark, aber mol­lig, ein Kind vom Lan­de, bei der die Som­mer­spros­sen nie ganz ver­schwan­den und de­ren kurz­ge­schnit­te­nes asch­blon­des Haar mit sei­nem spär­li­chen Wuchs wie ge­he­chel­ter Flachs aus­sah.

      Ra­phaële, ein Mar­seil­ler Kind, die sich stets in den See­hä­fen her­um­ge­trie­ben hat­te, spiel­te die un­er­läss­li­che Rol­le der »schö­nen Jü­din« mit her­vor­ste­hen­den mäch­tig rot ge­schmink­ten Wan­gen; ihre schwar­zen Haa­re, die von Rin­der­mark-Po­ma­de glänz­ten, hin­gen in klei­nen Rin­gellöck­chen um ihre Schlä­fen. Ihre Au­gen hät­ten schön ge­nannt wer­den kön­nen, wenn das rech­te nicht einen Fleck ge­habt hät­te. Ihre Nase war kühn ge­bo­gen und aus ih­rer Ober­lip­pe tra­ten zwei neue Zäh­ne et­was her­vor, wäh­rend die üb­ri­gen im Lau­fe der Zeit die Far­be von al­tem Holz an­ge­nom­men hat­ten.

      Rosa la Ros­se, ein klei­ner Fleisch­kloos mit kur­z­en Bein­chen, sang mit et­was hei­se­rer Stim­me vom Mor­gen bis zum Abend, bald hei­te­re, bald erns­te Lie­der, er­zähl­te die un­glaub­lichs­ten und sinn­lo­ses­ten Ge­schich­ten, hör­te nur mit Spre­chen auf, um zu es­sen und um­ge­kehrt, war fort­ge­setzt in Be­we­gung, und be­sass trotz ih­rer Wohl­be­leibt­heit und ih­rer klei­nen Bein­chen die Ge­wandt­heit ei­nes Eich­hörn­chens. Ihr La­chen, ei­nem Sturz­bach gel­len­der Schreie nicht un­ähn­lich, schall­te un­auf­hör­lich über dies und je­nes, bald aus ei­nem Zim­mer, bald vom Bo­den, bald un­ten aus dem Café, kurz aus al­len Ecken und ohne al­len Grund.

      Die bei­den weib­li­chen We­sen im Erd­ge­schoss »Loui­se« mit dem Bein­amen »Co­co­te« und »Flo­ra«, ge­nannt die »Schau­kel«, weil sie et­was hin­k­te, sa­hen wie Kü­chen­mäd­chen aus, die sich zum Mas­ken­ball an­ge­zo­gen ha­ben. Ers­te­re zeig­te sich stets als »Frei­heits­göt­tin« mit ei­ner drei­far­bi­gen Schär­pe um­gür­tet, letz­te­re im spa­ni­schen Fan­ta­sie­ko­stüm mit kup­fer­nen Ze­chi­nen im Haa­re, wel­che bei je­dem ih­rer un­glei­chen Schrit­te Pol­ka tanz­ten. Sie un­ter­schie­den sich in Nichts von al­len and­ren Weibs­bil­dern aus dem Vol­ke, we­der an Schön­heit noch an Häss­lich­keit, und wa­ren der rich­ti­ge Ty­pus die­ser Sor­te von Kell­ne­rin­nen; im Ha­fen kann­te man sie all­ge­mein un­ter dem Spitz­na­men »die bei­den Feu­er­sprit­zen.«

      Wenn auch un­ter al­len fünf »Da­men« eine ge­wis­se Ei­fer­sucht herrsch­te, so wur­de doch der Frie­den ih­res Zu­sam­men­le­bens, Dank der ver­mit­teln­den Für­sor­ge und der un­er­schöpf­li­chen Gut­mü­tig­keit der »Ma­da­me«, nur sel­ten ge­stört.

      Da das Eta­blis­se­ment das ein­zi­ge sei­ner Art in der klei­nen Stadt war, so er­freu­te es sich ei­nes zahl­rei­chen Be­su­ches. »Ma­da­me« hat­te ihm einen so vor­neh­men An­strich zu ge­ben ge­wusst, sie zeig­te sich so lie­bens­wür­dig, so zu­vor­kom­mend ge­gen je­der­mann, ihre Gut­her­zig­keit war so be­kannt, dass sie sich ei­ner Art all­ge­mei­ner Hochach­tung er­freu­te. Die Stamm­gäs­te stürz­ten sich ih­ret­we­gen in Un­kos­ten, sie wa­ren stolz, wenn sie ih­rer be­son­de­ren Freund­schaft ge­wür­digt wur­den, und wenn sie sich tags­über in Ge­schäf­ten tra­fen, so hiess es: »Also heu­te Abend, Sie wis­sen schon«, wie man sonst sagt: »Also nach Tisch im Café, nicht wahr?«

      Al­les in al­lem ge­nom­men war das Haus Tel­lier ein Zu­sam­men­kunfts­ort, des­sen täg­li­chen Be­such man nur un­gern ver­säum­te.

      Da fand ei­nes Ta­ges, ge­gen Ende des Mo­nats Mai, der ers­te der täg­li­chen Be­su­cher, Herr Pou­lin, Holz­händ­ler und frü­he­rer Maire, die Türe ver­schlos­sen; die klei­ne La­ter­ne brann­te nicht wie ge­wöhn­lich hin­ter ih­rem Git­ter und kein Geräusch drang aus dem In­nern, das wie aus­ge­stor­ben schi­en. Er klopf­te, erst lei­se, dann stär­ker, aber nichts rühr­te sich. Dann ging er lang­sam die Stras­se hin­un­ter und be­geg­ne­te am Markt­platz Herrn Du­vert, ei­nem Rhe­der, der sich eben­falls dort­hin be­ge­ben woll­te. Sie gin­gen zu­sam­men zu­rück, ohne je­doch ih­ren Zweck zu er­rei­chen. Aber in der Nähe er­hob sich plötz­lich großer Lärm, und als sie um das Haus her­um­gin­gen, be­merk­ten sie einen Hau­fen eng­li­scher und fran­zö­si­scher Ma­tro­sen, die mit ih­ren Fäus­ten ge­gen die ver­schlos­se­nen Lä­den des Cafés schlu­gen.

      Die bei­den Bür­ger drück­ten sich schleu­nigst, um sich kei­nen Ver­le­gen­hei­ten aus­zu­set­zen, aber ein lei­ses »Pst« in ih­rer Nähe ließ sie Halt ma­chen. Es war Herr Tour­ne­vau, der Fisch­händ­ler, der sie er­kannt hat­te und sie an­rief. Sie er­zähl­ten ihm, was vor­ge­fal­len, und nie­mand war dar­über be­stürz­ter als er; denn СКАЧАТЬ