Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 149

Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

isbn:

СКАЧАТЬ aber die Zeit der Kom­mu­ni­on her­an­nah­te, be­fand sich Ma­da­me in großer Ver­le­gen­heit. Sie hat­te kei­ne Wirt­schaf­te­rin und ge­trau­te sich nicht, ihr Haus auch nur einen Tag al­lein zu las­sen. Alle al­ten Zän­ke­rei­en zwi­schen den »Da­men« von oben und de­nen von un­ten wä­ren un­fehl­bar aufs Neue zum Aus­bruch ge­kom­men; so­dann hät­te sich Fried­rich ohne Zwei­fel be­trun­ken und wenn er be­trun­ken war, schlug er um ei­nes Au­gen­zwin­kerns hal­ber die Leu­te nie­der. So ent­schloss sie sich schliess­lich, ihr ge­sam­tes Per­so­nal mit her­aus zu neh­men bis auf Fried­rich, der bis zum über­nächs­ten Tage Ur­laub er­hielt.

      Der Bru­der hat­te nichts ein­zu­wen­den als sie ihm des­halb schrieb und nahm es auf sich, die gan­ze Ge­sell­schaft für eine Nacht un­ter­zu­brin­gen. So führ­te denn der Eil­zug am Sams­tag Mor­gen um acht Uhr Ma­da­me und die Ih­ri­gen in ei­nem Wa­gen­ab­teil zwei­ter Klas­se von dan­nen.

      Bis Beu­ze­ville fuh­ren sie al­lein und scha­cker­ten zu­sam­men wie die Els­tern; hier aber stieg ein Paar ein. Der Mann, ein al­ter Land­mann in blau­er Blou­se mit Um­schlag­kra­gen, brei­ten an den Faust­ge­len­ken zu­sam­men­ge­schnür­ten und mit klei­ner wei­ßer Sti­cke­rei ver­zier­ten Är­meln, auf dem Kop­fe einen ho­hen alt­mo­di­schen Hut, des­sen fuch­si­ges Haar ganz bors­tig schi­en, trug in der einen Hand einen un­ge­heu­ren grü­nen Re­gen­schirm und in der an­de­ren einen mäch­ti­gen Korb, aus dem die be­stürz­ten Köp­fe drei­er En­ten her­aus­lug­ten. Die Frau in ih­rer stei­fen länd­li­chen Tracht hat­te mit ih­rer Nase wie ein Schna­bel das Aus­se­hen ei­ner Hen­ne. Sie setz­te sich ih­rem Man­ne ge­gen­über und rühr­te sich nicht; of­fen­bar fühl­te sie sich in so hüb­scher Ge­sell­schaft aus­ser­or­dent­lich ver­le­gen.

      Und in der Tat wirk­te die Far­ben­pracht, die sich in die­sem Wa­gen­ab­teil ent­wi­ckel­te, ge­ra­de­zu blen­dend. Ma­da­me trug sich blau, von oben bis un­ten in blau­er Sei­de, und dar­über einen grell­ro­ten blen­den­den Shawl aus falschem fran­zö­si­schen Kasch­mir. Fer­n­an­de er­stick­te fast in ei­ner schot­ti­schen Robe, de­ren Tail­le nur un­ter Auf­bie­tung al­ler Kräf­te von ih­ren Ge­fähr­tin­nen zu­ge­schnürt war und nun ihre straf­fen Kör­per­for­men in zwei­fa­cher Wöl­bung her­vor­tre­ten ließ. Die­sel­ben wog­ten un­ter der Klei­dung hin und her, als be­stän­den sie aus ei­ner flüs­si­gen Mas­se.

      Ra­phae­le trug zu ih­rer fe­der­ge­schmück­ten Fri­sur, die das Aus­se­hen ei­nes Vo­gel­nes­tes hat­te, ein gold­ge­stick­tes Lila-Ko­stüm und ei­ni­gen ori­en­ta­li­schen Schmuck, der sehr gut zu ih­rer jü­di­schen Phy­sio­gno­mie pass­te.

      Rosa la Ros­se, hat­te die Far­be ih­res Na­mens für ihre, mit brei­ten Vo­lants ver­se­he­ne Robe ge­wählt; sie sah aus wie ein zu star­kes Kind, wie ein fett­lei­bi­ger Zwerg un­ge­fähr. Die bei­den »Feu­er­sprit­zen« schie­nen ih­ren selt­sa­men Auf­putz aus al­ten Fens­ter­vor­hän­gen aus­ge­sucht zu ha­ben, die mit ih­rem Ran­ken­werk an das Re­stau­rant er­in­ner­ten.

      So­bald die Da­men sich nicht mehr al­lein im Coupé be­fan­den, nah­men sie eine sehr ge­mes­se­ne Mie­ne an und spra­chen nur noch von erns­ten Din­gen, um einen gu­ten Ein­druck zu ma­chen. Aber in Bol­bec er­schi­en noch ein Herr mit blon­dem Ko­te­let­ten­bart, Rin­gen an den Fin­gern und ei­ner gol­de­nen Ket­te auf der Wes­te, der ver­schie­de­ne in Wachs­tuch gehüll­te Packe­te auf das Netz über ihm leg­te. Sein Äus­se­res ließ auf einen wit­zi­gen und gut­mü­ti­gen Men­schen schlies­sen. Er grüss­te beim Ein­stei­gen und frag­te mit leich­ten Lä­cheln: »Die Da­men wech­seln wohl die Gar­ni­son?« Die­se Fra­ge setz­te die klei­ne Ge­sell­schaft in eine pein­li­che Ver­le­gen­heit, nur Ma­da­me be­wahr­te ihre Fas­sung und ent­geg­ne­te spit­zig, um die Ehre ih­res Korps zu ret­ten: »Sie könn­ten wohl höf­li­cher sein.« Er ent­schul­dig­te sich: »Bit­te sehr um Ver­zei­hung, ich woll­te sa­gen: das Klos­ter.« Ma­da­me fand ent­we­der so­gleich kei­ne Ant­wort, oder sie moch­te auch sei­ne Recht­fer­ti­gung für hin­rei­chend hal­ten, denn sie neig­te wür­de­voll das Haupt und schwieg. Hier­auf be­gann der Herr, wel­cher zwi­schen Rosa und dem al­ten Land­mann Platz ge­nom­men hat­te, den drei En­ten, de­ren Köp­fe aus dem großen Kor­be her­vor­schau­ten, mit den Au­gen zu­zu­zwin­kern. Und als er merk­te, dass er schon die Auf­merk­sam­keit der Rei­se­ge­sell­schaft auf sich zog, kit­zel­te er die ar­men Tie­re un­term Schna­bel und hielt ih­nen da­bei scherz­haf­te An­re­den, um die Zu­hö­rer zum La­chen zu brin­gen: »Wir ha­ben un­se­re net­te klei­ne Pfüt­ze ver­las­sen! Aan! Aan! Aan! -- um die klei­ne net­te Brat­pfan­ne ken­nen zu ler­nen! Aan! Aan! Aan!« Die un­glück­li­chen Tie­re ver­dreh­ten den Hals, um den un­will­kom­me­nen Lieb­ko­sun­gen zu ent­ge­hen und mach­ten ver­zwei­fel­te An­stren­gun­gen, sich aus ih­rem Ge­fäng­nis zu be­frei­en. Dann sties­sen end­lich alle drei ein lau­tes We­he­ge­schrei aus: »Aan! Aan! Aan!« Die gan­ze Da­men­ge­sell­schaft brach in lau­tes Ge­läch­ter aus. Sie beug­ten sich vor und dräng­ten sich um bes­ser zu se­hen; es war ja auch zu när­risch mit die­sen En­ten. Der Herr ver­dop­pel­te sei­ne Lie­bens­wür­dig­keit, sei­nen Witz und sei­ne Ne­cke­rei­en.

      Rosa woll­te sich be­tei­li­gen und in­dem sie sich über die Knie ih­res Nach­barn her­über­beug­te, küss­te sie die drei Tie­re auf den Schna­bel. Nun woll­te na­tür­lich jede an­de­re es eben­so ma­chen und der Herr ließ sie sich auf sei­ne Knie set­zen, schau­kel­te und kneip­te sie; dann duz­te er sie plötz­lich.

      Die bei­den Land­leu­te wa­ren noch er­staun­ter, wie ihre Vö­gel; sie roll­ten die Au­gen wie be­ses­sen, wag­ten aber kein Wort zu sa­gen, und kein Lä­cheln, kein Zu­cken stahl sich über ihre run­ze­li­gen Ge­sich­ter.

      Der Herr, sei­nes Zei­chens Ge­schäfts­rei­sen­der, bot jetzt zum Scherz den Da­men Ho­sen­trä­ger an, und öff­ne­te ei­nes der Packe­te, das er aus dem Netz nahm. In Wirk­lich­keit ent­hielt es Strumpf­bän­der.

      Da gab es wel­che in blau­er, in rosa, in ro­ter, vio­let­ter, grau­er und ro­sen­ro­ter Sei­de, mit Me­tall­ver­schluss, aus zwei ver­gol­de­ten, sich küs­sen­den Amors her­ge­stellt. Die Mäd­chen jauchz­ten vor Ver­gnü­gen und prüf­ten die Mus­ter, ganz hin­ge­ris­sen von der Neu­gier­de, die jede Frau beim An­blick ei­nes Toi­let­te­ge­gen­stan­des emp­fin­det. Sie wink­ten sich mit den Au­gen, flüs­ter­ten sich ein­zel­ne Wor­te ins Ohr und Ma­da­me be­tas­te­te mit Wohl­ge­fal­len ein paar oran­gen­far­be­ne Strumpf­bän­der, die viel brei­ter und an­sehn­li­cher als die üb­ri­gen wa­ren; rich­ti­ge ech­te Strumpf­bän­der für eine »Ma­da­me.«

      Der Herr sah war­tend zu; eine neue Idee war in ihm auf­ge­taucht. »Vor­wärts, mei­ne Kätz­chen,« sag­te er, »nun pro­biert sie an.« Das gab ein lau­tes Ge­schrei; sie press­ten ihre Rö­cke zwi­schen den Kni­en, als be­fürch­te­ten sie einen Ge­walt­streich. Er war­te­te in­des­sen ru­hig den rich­ti­gen Au­gen­blick ab: »Ihr wollt nicht, gut, dann kann ich wie­der ein­pa­cken,« Sch­liess­lich sag­te er: »Ich bie­te den­je­ni­gen ein Paar zur Aus­wahl an, die sie hier an­pro­bie­ren.« Aber sie gin­gen nicht dar­auf ein, und hiel­ten sich sehr wür­de­voll zu­rück. Die bei­den »Feu­er­sprit­zen« in­dess mach­ten ein so be­trüb­tes Ge­sicht, СКАЧАТЬ