Guy de Maupassant – Gesammelte Werke. Guy de Maupassant
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Читать онлайн книгу Guy de Maupassant – Gesammelte Werke - Guy de Maupassant страница 143

Название: Guy de Maupassant – Gesammelte Werke

Автор: Guy de Maupassant

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962817695

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      Er stand auf und sag­te mit be­ben­den Lip­pen:

      »Schweig, oder ich wer­fe dich hin­aus!«

      Sie stam­mel­te:

      »Mich hin­aus­wer­fen … mich hin­aus­wer­fen … du willst mich von hier hin­aus­wer­fen … von hier … du … du?«

      Sie konn­te nicht wei­ter­spre­chen, sie er­stick­te di­rekt vor Zorn, und auf ein­mal schrie sie in ei­nem jä­hen Wut­aus­bruch her­vor:

      »Hin­aus­wer­fen? Du ver­gisst, dass ich das hier seit dem ers­ten Tage be­zahlt habe. Ah! Du hast sie ab und zu auf dei­ne Rech­nung über­nom­men. Aber wer hat sie ge­mie­tet … ich war es … Wer hat sie be­hal­ten? … Ich … Und du willst mich hin­aus­wer­fen? Schwei­ge, du Tau­ge­nichts. Glaubst du etwa, ich wüss­te nicht, wie du Ma­de­lei­ne die Hälf­te ih­rer Vau­drec­schen Erb­schaft ge­stoh­len hast. Glaubst du, dass ich nicht weiß, wie du mit Suzan­ne ge­schla­fen hast, um sie zu zwin­gen, dich zu hei­ra­ten.«

      Er pack­te sie an den Schul­tern und schüt­tel­te sie:

      »Sprich nicht von der. Ich ver­bie­te es dir!«

      Sie schrie:

      »Du hast doch mit ihr ge­schla­fen, ich weiß es.«

      Er hät­te vie­les sich ge­fal­len las­sen, doch die­se Un­wahr­heit brach­te ihn au­ßer sich. Die Wahr­hei­ten, die sie ihm schrei­end ins Ge­sicht ge­schleu­dert hat­te, lie­ßen für den Au­gen­blick sein Herz vor Zorn er­be­ben, aber das, was sie fälsch­lich über das klei­ne Mäd­chen sag­te, die sei­ne Frau wer­den soll­te, ließ sei­ne Hand zu­sam­men­zu­cken, in dem wü­ten­den Ver­lan­gen, zu schla­gen.

      Er wie­der­hol­te:

      »Schweig … nimm dich in acht …! Schwei­ge du! …«

      Und er schüt­tel­te sie hin und her wie man einen Baum­zweig mit Früch­ten rüt­tel­te.

      Mit ver­wirr­tem Haar und ir­rem Blick, den Mund weit auf­ge­ris­sen, heul­te sie:

      »Du hast mit ihr ge­schla­fen!«

      Er ließ sie los und gab ihr solch einen Schlag ins Ge­sicht, dass sie ge­gen die Wand tau­mel­te. Doch sie wand­te sich ge­gen ihn, hob die ge­ball­ten Fäus­te und schrie von Neu­em mit al­ler Kraft:

      »Du hast mit ihr ge­schla­fen!«

      Da stürz­te er sich über sie, und wäh­rend sie un­ter ihm lag, schlug er auf sie los wie auf einen Mann. Jetzt wur­de sie plötz­lich still und stöhn­te nur un­ter sei­nen Schlä­gen.

      Sie rühr­te sich nicht mehr. Sie hat­te ihr Ge­sicht in der Ecke zwi­schen Wand und Par­kett ver­steckt und stieß kla­gen­de Schreie aus.

      End­lich ließ er sie los und rich­te­te sich auf. Dann mach­te er ein paar Schrit­te durch das Zim­mer, um sei­ne Kalt­blü­tig­keit wie­der­zu­ge­win­nen. Es fiel ihm et­was ein, er ging ins Schlaf­zim­mer, goss kal­tes Was­ser in das Wasch­be­cken und tauch­te sei­nen Kopf hin­ein. Nach­her wusch er sich die Hän­de und ging zu­rück, um zu se­hen, was sie nun mach­te. Wäh­rend­des­sen trock­ne­te er sei­ne Fin­ger sorg­fäl­tig mit dem Hand­tu­che ab.

      Sie rühr­te sich nicht. Sie blieb am Bo­den aus­ge­streckt lie­gen und wein­te lei­se.

      Er frag­te:

      »Bist du bald mit dei­ner Heu­le­rei fer­tig?

      Sie ant­wor­te­te nicht. Er stand mit­ten im Zim­mer, fühl­te sich et­was ver­le­gen und be­schämt ne­ben die­sem aus­ge­streck­ten Kör­per.

      Dann fass­te er plötz­lich einen Ent­schluss, nahm den Hut vom Ka­min und sag­te:

      »Gu­ten Abend. Über­gib den Schlüs­sel dem Por­tier, wenn du fer­tig bist. Ich kann nicht dei­ner Lau­ne we­gen ewig war­ten.«

      Er ging hin­aus, schloss die Tür und such­te den Por­tier auf.

      »Ma­da­me ist noch in der Woh­nung«, sag­te er; »sie wird auch gleich ge­hen. Sa­gen Sie dem Haus­be­sit­zer, dass ich zum 1. Ok­to­ber kün­di­ge. Wir ha­ben den 16. Au­gust, es ist also noch vor dem Ter­min.«

      Er ent­fern­te sich schnell, denn er hat­te ver­schie­de­ne drin­gen­de Be­sor­gun­gen zu er­le­di­gen und die letz­ten Ein­käu­fe für die Aus­stat­tung zu ma­chen.

      Der Hoch­zeits­tag war auf den 20. Ok­to­ber fest­ge­setzt, nach der Wie­de­r­er­öff­nung der Kam­mern. Die Trau­ung soll­te in der Ma­de­lei­ne­kir­che statt­fin­den. Es wur­de viel hin und her ge­re­det, ohne dass man die Wahr­heit ge­nau wuss­te. Ver­schie­de­ne Ge­schich­ten lie­fen um­her. Man er­zähl­te von ei­ner Ent­füh­rung, aber es wa­ren nur vage und un­be­weis­ba­re Gerüch­te. Nach An­ga­be der Dienst­bo­ten sprach Frau Wal­ter über­haupt nicht mehr mit ih­rem zu­künf­ti­gen Schwie­ger­sohn; sie soll­te an dem Abend, wo die Ehe be­schlos­sen war, nach­dem sie ihre Toch­ter um Mit­ter­nacht in ein Klos­ter brin­gen ließ, vor Zorn einen Schlag­an­fall be­kom­men ha­ben.

      Man hat­te sie halb­tot auf­ge­fun­den, und es be­stand kei­ne Aus­sicht, dass sie je­mals ganz ge­sund sein wür­de. Sie sah jetzt aus wie eine alte Frau, ihre Haa­re wur­den grau. Sie war sehr fromm ge­wor­den und nahm je­den Sonn­tag das Abend­mahl.

      In den ers­ten Sep­tem­ber­ta­gen mel­de­te die Vie Françai­se, dass der Baron Du Roy de Can­tel Che­fre­dak­teur ge­wor­den sei, wäh­rend Herr Wal­ter den Ti­tel des Di­rek­tors be­hal­te.

      Jetzt wur­de ein gan­zer Stab be­kann­ter Feuil­le­to­nis­ten, po­li­ti­scher Re­dak­teu­re, Kunst- und Thea­ter­kri­ti­ker den be­kann­ten großen Zei­tun­gen durch schwe­res Geld ge­walt­sam ent­ris­sen und bei der Re­dak­ti­on als neue Mit­ar­bei­ter an­ge­stellt.

      Die äl­te­ren, acht­ba­ren, erns­ten Jour­na­lis­ten zuck­ten nicht mehr mit den Ach­seln, wenn man von der Vie Françai­se sprach.

      Der schnel­le und durch­grei­fen­de Er­folg hat­te die Missach­tung er­stickt, die erns­te Schrift­stel­ler an­fangs ge­gen die­ses Blatt ge­hegt hat­ten.

      Die Hoch­zeit des Che­fre­dak­teurs war ein so­ge­nann­tes großes Pa­ri­ser Er­eig­nis. Ge­or­ges Du Roy und Wal­ter hat­ten seit ei­ni­ger Zeit die all­ge­mei­ne Auf­merk­sam­keit und Neu­gier auf sich ge­lenkt. Alle Leu­te, de­ren Na­men in den Zei­tun­gen er­wähnt wer­den, soll­ten zur Trau­ung er­schei­nen.

      Die­ses Er­eig­nis fand an ei­nem son­ni­gen Herbst­ta­ge statt. Um acht Uhr mor­gens be­schäf­tig­te sich das ge­sam­te Kir­chen­per­so­nal da­mit, einen brei­ten ro­ten Tep­pich über die Stu­fen der ho­hen Freitrep­pe aus­zu­brei­ten, die von der Rue Roy­al zur Kir­che hin­auf­führt. Die Passan­ten wa­ren ste­hen­ge­blie­ben, СКАЧАТЬ