Название: Der schwarze Mustang
Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783780213181
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„Ja, zeigt sie uns! Es ist immer gut, den Ort, wo man die Nacht zubringt, vorher zu kennen.“
Winnetou und Old Shatterhand nahmen ihre Waffen und folgten dem Engineer nach einem nicht sehr entfernt liegenden, niedrigen Gebäude, dessen Wände aus Stein gemauert waren, weil es später die Wohnung der Brückenwache bilden sollte. Der Beamte öffnete und brannte ein Licht an. Es gab da einen Herd, einen Tisch, einige Stühle und außer verschiedenen Geräten und Geschirr eine breite Lagerstätte, auf der es an Platz nicht fehlte. Die beiden Gäste drückten ihre Zufriedenheit aus und wollten gehen, um nun auch ihre Pferde unterzubringen.
Da meinte der Engineer: „Wollt ihr nicht eure Sachen gleich hier lassen, warum die Decken und Gewehre unnötigerweise herumtragen?“
Es war kein Grund vorhanden, ihm Unrecht zu geben. Die Mauern waren stark und die Fenster so klein, dass kein Mensch einsteigen konnte; die aus starkem Holz hergestellte Tür hatte ein gutes Schloss und die genannten Gegenstände schienen also hier ganz sicher aufbewahrt zu sein; so wurden sie hier gelassen und dann brachte man die Pferde nach dem Schuppen, wo schon diejenigen der beiden Timpes standen. Sie erhielten Wasser und Futter und dann kehrte man nach dem Shop zurück.
Unterwegs erklärte er, dass sie auch in Beziehung auf das Nachtessen seine Gäste sein möchten, und fügte dann hinzu:
„Ich werde also heute Abend mit euch und nicht mit meinen Leuten speisen, zumal euch einer von ihnen, nämlich der Scout, nicht gefallen zu haben scheint. Sagt einmal, Mister Winnetou, habt Ihr Grund, ihm zu misstrauen?“
„Winnetou tut und sagt niemals etwas ohne Grund“, antwortete der Häuptling.
„Aber er ist stets treu und zuverlässig gewesen!“
„Winnetou glaubt nicht an diese Treue. Mein Bruder wird wohl erfahren, wie lange sie währt. Der Bursche nennt sich Yato Inda, den ‚Guten Mann‘, sein wirklicher Name aber wird wohl lauten Ik Senanda, was in der Sprache der Komantschen so viel wie ‚Böse Schlange‘ heißt.“
„Gibt es einen Komantschen dieses Namens?“
„Der Mischling, von dem Winnetou vorhin sprach, heißt so, nämlich der Enkel des ‚Schwarzen Mustangs‘.“
„Mister Winnetou, Euern Scharfsinn und Euer Urteil in allen Ehren, aber diesmal müsst Ihr Euch irren! Der Scout hat mir so viele Beweise von Treue gegeben, dass ich ihm vertrauen muss.“
„Mein weißer Bruder kann tun, was ihm beliebt; aber wenn Old Shatterhand und Winnetou nachher so sprechen, dass der Scout es hört, so wird alles, was sie sagen, nur zum Schein sein. Howgh!“
Als sie wieder im Shop angekommen waren, bestellte der Engineer bei dem Wirt ein gutes Abendessen für fünf Personen, denn er betrachtete die beiden Timpes nun auch als seine Gäste und setzte sich zu ihnen an den Tisch. Hier fragte Old Shatterhand den langen, blonden Kas, was ihn jetzt in diese Gegend geführt habe und wohin er von hier aus wolle. Der Genannte erzählte in kurzen Worten seine Erbschaftsgeschichte und auf welch sonderbare Weise er heute mit einem Vetter und Miterben zusammengetroffen war.
„Nun müssen wir nach Santa Fe“, fuhr er fort, „können aber leider nicht den nächsten Weg einschlagen.“
„Warum nicht?“
„Der Komantschen wegen. Wir wenden uns von hier aus östlich und biegen dann nach Süden um.“
„Hm! Vielleicht können wir zusammen reiten. Wir wollen ebenfalls nach Santa Fe, wenn auch nicht einer Erbschaft wegen.“
Da schlug Kas die Hände zusammen, dass es nur so knallte, und rief vor Entzücken überlaut: „Das ist ein Glück! Has, hörst du es? Wir dürfen mit Old Shatterhand und Winnetou reiten! Nun schere ich mich den Kuckuck um das ganze Komantschengesindel. Wir brauchen keinen Umweg zu machen, sondern reiten mitten hindurch.“
„Schreit doch nicht so!“, lächelte Old Shatterhand. „Zu solchem Jubel habt Ihr keinen Grund. Es kann auch uns nicht einfallen, mitten durch das Gebiet der Komantschen zu reiten, sondern wir waren, wie Ihr, entschlossen, nach Osten auszubiegen.“
„Ganz wie Ihr wollt. Wann meint Ihr, dass wir von hier aufbrechen, Sir?“
„Morgen, sobald wir ausgeschlafen haben. Da erreichen wir am Abend den Alder-Spring[9], wo wir bis früh lagern werden.“
Er legte auf diesen Namen einen besonderen Ton, denn er beobachtete während dieses Gesprächs den halbblütigen Scout heimlich und sah gar wohl, mit welcher Aufmerksamkeit dieser herüberhorchte, obwohl er sich den Anschein zu geben suchte, als nehme er nicht den geringsten Anteil. Er war übrigens nicht der Einzige, der ein so großes und heimliches Interesse für die beiden berühmten Freunde hegte.
Nämlich ganz nahe an der Bretterwand, die den großen, nur von Chinesen besetzten Raum von dem kleinen trennte, saßen schon vor Eintritt der beiden Timpes zwei ‚Söhne des Himmels‘[10] rauchend und trinkend beieinander. Sie mochten eine Art Vorarbeiter darstellen oder im Besitz einer sonstigen kleinen Würde sein, weil keiner ihrer Landsleute sich zu ihnen setzte. Sie konnten alles, was nebenan gesprochen wurde, hören und verstanden es auch, denn sie befanden sich schon seit mehreren Jahren in den Vereinigten Staaten und waren in San Francisco mit der englischen Sprache vertraut geworden.
Auf die Ankunft von Has und Kas hatten sie nicht mehr geachtet als alle andern auch; als aber drin im kleinen Raum von den Gewehren Old Shatterhands und Winnetous gesprochen wurde und von ihrem Wert, horchten sie schärfer hin. Dann kamen so ganz unerwartet diese beiden Männer und die Chinesen blickten erst mit Neugier und dann mit Verlangen durch die Bretterlücken nach ihnen, und es schien, als ob sie ihre Augen gar nicht von den kostbaren Gewehren der beiden wenden könnten. Als später der Engineer mit seinen Gästen zurückkehrte und die Letzteren ihre Gewehre nicht mehr bei sich hatten, schien es mit der bisherigen Ruhe der Chinesen aus zu sein. Ihre dünnen Augenbrauen gingen auf und nieder; ihre Lippen zuckten, ihre Finger bewegten sich krampfhaft, sie rutschten auf ihren Sitzen hin und her; sie hatten beide das gleiche Gefühl und den gleichen Gedanken, doch wollte keiner zuerst sprechen.
Endlich konnte sich der eine nicht länger beherrschen; er fragte leise: „Hast du alles gehört?“
„Ja“, antwortete der andere.
„Und gesehen?“
„Und gesehen!“
„Auch die Gewehre?“
„Auch!“
„Wie kostbar sie sind!“
„Ja.“
„Wenn wir sie hätten! Wie müssen wir arbeiten, wie müssen wir uns plagen und uns schinden, damit unsere Gebeine in der Heimat bei den Ahnen begraben werden können!“
Es trat eine Pause ein, sie überlegten. Nach einer Weile tat der eine einen langen Zug aus seiner Pfeife und fragte, während er listig mit den schiefen Augen blinzelte:
„Ahnst du, wo die Gewehre liegen?“
„Ich weiß es“, lautete die Antwort.
„Nun wo?“
„Im Hause des Engineers. Wenn wir sie hätten, könnten wir sie vergraben und niemand wüsste, wer sie geholt hat.“
„Und СКАЧАТЬ