Название: Der schwarze Mustang
Автор: Karl May
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783780213181
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Anstatt dieser Aufforderung Folge zu leisten, ließ der Indsman seinen Blick suchend umhergehen und fragte:
„Ich sehe den roten Mann nicht, der an deiner Seite saß. Wo ist er hin?“
„Er wird draußen im anderen Raum sein.“
„Ich gewahrte nicht, dass er hinausging. Wenn du Old Shatterhand bist, so ist er wohl Winnetou, der Häuptling der Apatschen?“
„Er ist es. Wo hast du dein Pferd?“
„Ich reite nicht.“
„Wie? Ein Upsaroka, der sich so viele Tagesreisen südwärts von seinem Stamm befindet, hat kein Pferd? Hast du es unterwegs verloren?“
„Nein. Ich habe keins mitgenommen.“
„Auch keine Waffen als nur das Messer?“
„Keine.“
„Das muss ja sehr wichtige Gründe haben!“
„Ich habe einen Schwur getan, ohne Pferd und nur mit dem Messer zu gehen.“
„Warum?“
„Weil die Komantschen auch ohne Pferde und andere Waffen waren.“
„Komantschen? Wo waren sie?“
„Oben, nahe bei unseren damaligen Weidegründen in Dakota.“
„Komantschen so weit im Norden? Sonderbar.“
Old Shatterhand ließ seinen Zweifel auch im Ton mitklingen. Der Rote warf ihm einen fast höhnischen Blick zu und antwortete: „Weiß Old Shatterhand nicht, dass jeder indianische Krieger einmal nach Dakota muss, um den heiligen Ton zur Friedenspfeife zu holen?“
„Nicht jeder braucht dies zu tun und nicht jeder hat es getan.“
„Die Komantschen aber taten es. Sie begegneten mir und meinem Bruder; ihn erstachen sie und mir gelang es zu entkommen. Dann tat ich meinen Schwur und bin ohne Pferd und nur mit dem Messer hinter ihnen her; ich werde nicht ruhen, bis ich sie getötet habe!“
„Da du mich an die heiligen Bräuche mahnst, so wirst du wissen, dass kein Indsman auf dem Weg nach diesen Steinbrüchen einen anderen töten darf?“
„Die Komantschen begingen dennoch den Mord!“
„Hm! Aber warum diesen Schwur? Ohne Pferd und nur mit dem Messer! Wie willst du jagen? Wovon hast du unterwegs gelebt?“
„Habe ich dir das zu sagen?“, fragte der Indianer stolz, denn er glaubte, Old Shatterhand vollständig getäuscht zu haben.
„Nein“, antwortete dieser ruhig. „Ich kann nur nicht begreifen, dass du während so langer Zeit und auf einem so langen Weg auf kein Pferd gekommen bist.“
„Ich tat den Schwur und habe ihn gehalten.“
„Nein, sondern du hast ihn übertreten!“
„Beweise es!“
„Du hast heute im Sattel gesessen!“
„Uff, uff!“
„Ja, während des Regens.“
„Uff, uff!“, wiederholte der angebliche Upsaroka; es klang halb wie Schreck und halb wie Trotz. Er war aufgesprungen und stand jetzt nahe vor Old Shatterhand. Der weiße Jäger bückte sich, strich ihm mit beiden Händen an den Beinen nieder und sagte dann: „Deine Leggins sind an den Außenseiten nass und nach einwärts trocken. Die Innenseiten, die am Leibe des Pferdes anlagen, hat der Regen nicht treffen können.“
Auf diesen scharfsinnigen Beweis war der Indianer nicht gefasst gewesen, aber seine Schlauheit gab ihm schnell eine Ausrede ein: „Jedes Kind weiß, dass die Innenseiten der Hosen eher trocken werden als die äußeren. Old Shatterhand hat noch viel zu lernen!“
Diese Frechheit war groß; der Jäger blieb dennoch ruhig. Er hatte sich bisher der englischen Sprache bedient, deren der Rote leidlich mächtig war; jetzt aber legte er ihm eine Frage im Dialekt der Upsarokas vor und erhielt keine Antwort. Er sprach noch einige andere Fragen aus, doch mit demselben Misserfolg; dann legte er dem Indsman schwer die Hand auf die Schulter und sagte englisch: „Warum antwortest du mir nicht? Ist dir die Sprache deines eigenen Stammes unbekannt?“
„Ich habe den Schwur getan, sie nicht eher zu sprechen, als bis der Tod meines Bruders gerächt worden ist.“
„So, deine Schwüre scheinen alle außerordentlich sonderbar ausgefallen zu sein! Noch viel sonderbarer aber ist die Dummheit, in der du dir einbildest, mich betrügen zu können. Gerade deine Sprache ist’s, die dich verrät. Ich weiß ganz genau, wie ein Upsaroka und wie jeder andere Stamm die Sprache der Bleichgesichter redet. Du bist nicht ein Krähenindianer, sondern ein Komantsche. Hast du den Mut, dies einzugestehen?“
„Die Komantschen sind meine Feinde; das habe ich dir bereits gesagt!“
„Gerade, dass du sie deine Feinde nennst, ist für mich der Beweis, dass du einer bist!“
„So machst du mich zum Lügner? Das ist die Sitte der Weißen, ihre roten Gäste zu beleidigen. Ich gehe!“ Er wollte nach der Tür.
„Du bleibst!“, gebot Old Shatterhand, indem er ihn beim Arm ergriff.
Da zog der Indianer sein Messer und rief: „Wer hat das Recht, mich zu halten? Du? Was habe ich dir getan? Nichts! Ich werde gehen, und jeder, der mich daran hindern will, bekommt dieses Eisen in das Herz!“
Old Shatterhand hielt ihn trotzdem mit der Linken fest, entriss ihm mit einem schnellen Griff seiner rechten Hand das Messer und wiederholte: „Du bleibst! Wir warten, bis Winnetou zurückkehrt; dann wird es sich entscheiden, ob du gehen darfst oder nicht. Kauere dich wieder hin, wo du vorhin gehockt hast. Ein Versuch zur Flucht bringt dir eine Kugel.“
Er schleuderte ihn nach der betreffenden Stelle hin; der Indsman stürzte dort nieder; er wollte sich aufraffen, besann sich aber anders und blieb kauern. Old Shatterhand setzte sich wieder zum Essen nieder und legte den gespannten Revolver neben sich, um seiner Drohung Nachdruck zu geben.
Das unterbrochene Abendmahl wurde fortgesetzt, doch kam das Gespräch nicht mehr in Fluss. Nach einiger Zeit kehrte der Scout zurück und setzte sich an seinen Platz. Da er den Indianer in derselben Stellung fand, die dieser vorher eingenommen hatte, so ahnte er nicht, was inzwischen geschehen war. Der Verwalter und der Aufseher, die bei ihm saßen, erzählten es ihm; er hörte es und blieb äußerlich ruhig, obgleich er innerlich große Sorge hatte, von Winnetou belauscht worden zu sein.
Als der Apatsche vorhin durch die Hintertür geglitten war, hatte er sich in einem weiten Bogen nach vorn geschlichen, in der Meinung, dort den Scout bei irgendeinem Streich zu ertappen. Die breite, offene Tür des Shops war hell erleuchtet, und wenn man sie, immer weiter gehend, unausgesetzt im Auge behielt, musste man jeden Menschen sehen, der sich zwischen ihr und diesem Auge befand.
Winnetou schlug seinen Bogen weiter und immer weiter, vergeblich! Er blieb oft halten und lauschte in die Nacht hinaus, ebenso vergeblich. Er kehrte zurück und begann von Neuem, wieder ohne Erfolg.
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