Der Schreiberling. Patrick J. Grieser
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Schreiberling - Patrick J. Grieser страница 20

Название: Der Schreiberling

Автор: Patrick J. Grieser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der Primus

isbn: 9783947816040

isbn:

СКАЧАТЬ die mit ihren stählernen Stacheln wie fliegende Kastanien ausgesehen hatten. Aus den Luken dieser Flugobjekte war eine kristalline Flüssigkeit geströmt, die das Land in ein Flammenmeer verwandelte. Wenn ihn nicht die tollwütigen Seemänner erwischten, dann auf jeden Fall die Flugzeuge mit ihrer tödlichen Ladung.

      Tief in Jakob war noch ein letzter Funke Hoffnung, das letzte Aufbäumen seines Überlebenswillens. Und so machte er sich auf den Weg in Richtung des Sanatoriums.

      Kaum hatte er den Wald wieder verlassen, schlug ihm die Restwärme des Sommers entgegen. Und auch die Geräusche der Natur drangen an sein Ohr: Vogelgezwitscher, das freudige Lärmen der Kinder, die mit ihren Rädern durch die Stockwiese fuhren, das Rauschen der Autos in der Ferne.

      Fünf Minuten später stand er vor der Heilanstalt. Er konnte nur schemenhaft das unansehnliche Betongebäude von seiner jetzigen Position aus sehen. Hoch gewachsene Bäume und Gebüsche versperrten die Sicht auf den Eingangsbereich. Das gesamte Klinikareal wurde von einer verwilderten Hecke samt Maschendrahtzaun eingesäumt. Jakobs Blick tastete über den Zaun, doch es gab keine Öffnung mehr. Er erinnerte sich wehmütig daran, dass Roland damals mit einer Drahtschere ein Loch in den Maschendrahtzaun geschnitten hatte, sodass sie Zugang zu dem dahinterliegenden urweltlichen Garten hatten. Sie hatten sich auf dieser Welt nie in der Kurklinik getroffen. Ihm fiel ein, dass ihm der Primus erzählt hatte, dass es auf dieser Welt keinen Jakob Großmüller gebe. Möglicherweise existierten dann auch kein dicker, gutmütiger Schnute, der gerne Videospiele spielte, kein schlaksiger Roland, auf den man sich immer verlassen konnte, und auch nicht der zurückgebliebene Mehlsack oder der introvertierte Peter. Ihre Rolle als Außenseiter an der Schule hatte sie damals fest zu einer Gruppe zusammengeschweißt. Wirklich schade … Es waren gute Freunde gewesen. Sie fehlten ihm so sehr!

      »Na, dann mal an die Arbeit!«, sagte er und versuchte, über den Zaun zu klettern, denn eine Drahtschere hatte er nicht dabei. »Dann wollen wir mal das Ende der Welt vom obersten Stockwerk aus anschauen. Freie Sicht für alle!« Mit diesen Worten tauchte er in die Büsche des Sanatoriums ein.

      »Was war das?«, fragte Jeremy Slater, die Winchester fest umschlungen. Seine Mannschaft hatte sich vor der Winterhütte eingefunden und starrte auf die Spuren im Erdreich, die um das Gebäude führten. Die Abdrücke der Klauen waren besonders gut zu sehen, denn der Boden war immer noch schlammig. Diese Kreatur musste riesig sein.

      »Ich weiß es nicht. Ich habe so etwas noch nie gesehen«, antwortete der Pawnee und in seinem Gesicht zeigte sich wieder eine Mischung aus Ratlosigkeit und Verwirrung.

      »Ist es weg?«

      Nach kurzem Zögern erwiderte Morgan Elroy: »Ja, ich denke schon.«

      »Du denkst?«

      »Die Spuren führen eine halbe Meile in den Wald hinein. Ich bin ihnen nicht weiter gefolgt.«

      »Vielleicht ein sehr großer Bär?«

      Hilflos zuckte der Indianer mit den Achseln. »Die Spuren sehen eher nach einem großen Wolf aus. Was auch immer es ist, es ist kein gewöhnliches Tier.«

      »Was meinst du damit?«

      »Beim allmächtigen Tirawa«, sagte Morgan Elroy und benutzte zum ersten Mal den Namen seines Gottes, »das war ein Dämon!« In diesem Moment wirkte der Mann mehr wie ein Mitglied seiner Indianersippe als jemand, der den Großteil seines Lebens bei Weißen aufgewachsen war. Seine Augen waren hart wie Flintsteine.

      Jeremy Slater winkte müde ab. »So etwas gibt es nicht. Du müsstest das am Besten wissen. Du bist einer von uns, keine abergläubische Rothaut!«

      »Das hier spricht aber eine andere Sprache!«, erwiderte Morgan Elroy düster, umfasste sein Amulett mit dem Adler und dem Wolf, die für Mut standen, das er an einem Lederriemen um den Hals trug, und fuhr dann fort: »Die Algonkin glauben an einen Dämon namens Anamaqukiu. Er ist die Verkörperung von allem Bösen. Dieser dunkle Geist soll die Gestalt eines riesigen Wolfes annehmen können. Als Kind habe ich oft diesen Geschichten am Lagerfeuer gelauscht.«

      »Also ist dieser Anamaqukiu heute Nacht um die Hütte geschlichen?«

      »Erklär du mir diese Abdrücke im Schlamm!«

      Jeremy Slater ging in die Hocke und hielt seinen Arm neben den Krallenabdruck. Der Umriss war genauso groß wie sein Unterarm. Einer von Slaters Männern pfiff.

      »Verflucht!«, murmelte Slater und erhob sich wieder.

      Der Cowboy stand etwas abseits von den beiden Männern und verfolgte wortlos die Diskussion. Er überlegte, ob er sich in das Gespräch einmischen und Jeremy Slater aufklären sollte. Das würde aber auch bedeuten, etwas von seiner Vergangenheit zu erzählen. Es würde viele Fragen aufwerfen. Und man durfte nicht vergessen, dass sich diese Männer erst am Anfang eines Zeitalters befanden, das sich der Aufklärung verschrieben hatte. Sie würden viele Dinge nicht verstehen und ihn für einen Verrücken halten.

      »Was sagst du dazu?«, wollte Jeremy nun von dem Cowboy wissen.

      »Ich kann nur sagen, dass ich mir beinahe in die Hose geschissen hätte. Was auch immer es ist, es hat mit seiner Visage durch das Fenster geschaut und uns beobachtet.«

      »Du glaubst also auch, es war dieser Anamaqukiu?«

      »Vielleicht etwas Ähnliches«, antwortete der Cowboy.

      »Was machen wir jetzt, Boss?«, fragte einer der Männer unsicher.

      Slater blickte in die Runde. Er nahm ein Stück Kautabak aus der Tasche, steckte sich den Riegel in den Mund und begann zu kauen. »Das, was wir immer machen. Wir gehen Mavericks einfangen!«

      »Und dieses Monster?«

      Jeremy Slater lächelte drohend, wobei er eine eisige Kälte ausstrahlte, die den Männern durch Mark und Bein ging. »Wenn es noch einmal unsere Wege kreuzt, dann töten wir es!«

      Und so stiegen die Männer auf ihre Pferde und ritten los. Während ihres Rittes verschlangen sie trockene Biskuits, um ihr Hungergefühl ein wenig zu betäuben. Niemand wollte länger als nötig in der verfluchten Hütte bleiben. Im Laufe des Vormittags zog sich der Himmel wieder zu. Ein neuerliches Unwetter lag in der Luft. Der Wind trug den Geruch von Regen und Präriegras.

      Der Cowboy hing während des gesamten Rittes seinen düsteren Gedanken nach. Hekate hatte überlebt, so viel war sicher. Und sie hatte ihn nicht vergessen. Er überlegte, warum sie ihn nicht getötet hatte. Die Gelegenheit wäre da gewesen. Gegen die mächtige Wolfskreatur mit den acht Augen hätten die Männer nicht den Hauch einer Chance gehabt.

      »Ach, es hätte alles so perfekt sein können«, murmelte der Cowboy leise in seinen Bart hinein. »Und dann kommt diese blöde Schlampe und macht alles zunichte!« Er musste bei der nächsten Gelegenheit mit Slater über Hekate reden.

      Einmal machten sie eine Pause von einer halben Stunde, um den Pferden eine kurze Rast zu gönnen. Jeremy Slater und der Pawnee betrachteten eine alte Karte von der Region und diskutierten darüber, in welchem Gebiet sich eine Rinderherde verstecken könnte. Danach stiegen sie wieder auf und ritten weiter.

      Nach einer gefühlten Stunde kamen sie in ein Tal, das von Hügelketten gezeichnet war. Es gab zwei größere Seen, in die mehrere Wasserläufe aus den Bergen mündeten. Zahlreiche Vögel kreisten über dem Areal. Der Pawnee hob die Hand, das Zeichen zum Anhalten.

      »Warum halten wir hier СКАЧАТЬ