Der Schreiberling. Patrick J. Grieser
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Название: Der Schreiberling

Автор: Patrick J. Grieser

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Der Primus

isbn: 9783947816040

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СКАЧАТЬ hatte. Doch am schlimmsten war das Lachen der Mädchen. Mädchen, zu denen sich Desmond mit dem Erwachen seiner Sexualität hingezogen fühlte. Sie hatten ihn ausgelacht!

       Skull-Boy! Skull-Boy! Skull-Boy!

      Wie im Traum hörte er die Stimmen der Mädchen, während die anderen einen Kreis um ihn bildeten und ihn hin- und herschubsten. Hin und her … Hin und her …

      »Alles okay, Desmond?« Willards Stimme klang verzerrt und seltsam gedämpft. So als käme sie von irgendwo weit her.

      Die Jungen hatten ihm eingeredet, dass er niemals eine Freundin haben würde. Skull-Boy war eben ein verdammter Loser! Und dann die Faustschläge. Sie wurden zwar nicht gut ausgeführt, dennoch brannten sie wie Feuer auf seiner Wange. Einer dieser Jungen – Ron Jenkins – war mit den Siedlern aus Wake County gekommen und spuckte ihm immer ins Gesicht, was noch mehr Gelächter hervorrief. Eines der Mädchen schrie laut, dass man ihm die Hose ausziehen solle, weil sie seinen Pimmel sehen wolle. Die Hände der Jungen griffen nach seiner Hose. Er wollte sich wehren, doch es waren so viele …

      »Desmond?« Die Stimme von Willard riss ihn aus seinen Gedanken.

      »Äääh … was?« Pickett kam es vor, als erwache er aus einem Traum.

      »Alles okay mit dir?«

      »Ja, ich war nur etwas … abgelenkt. Was gibt’s?«

      »Ich habe über Slater nachgedacht.«

      »Lass uns ein wenig ausreiten und dann darüber reden!«, schlug Desmond vor und trat zusammen mit Willard hinaus ins Freie.

      Eine halbe Stunde später ritten sie auf ihren Pferden, die tausend Dollar gekostet hatten, hinaus in die Prärie. Das Land war ausgetrocknet und sehnte sich nach Regen. An manchen Stellen gab es Ansammlungen von Cottonwoods und Salbeisträuchern – ein Zeichen dafür, dass die trockene Erde doch noch kleine Reservoirs an Wasser gespeichert hatte.

      Sie ließen die Pferde eine Weile nebeneinander galoppieren und kehrten dann zu einem leichten Trapp zurück.

      »Was ist dein Plan wegen Slater?«, wollte Pickett wissen, während sein Blick über die Ebene schweifte.

      »Slaters Herde ist zwischenzeitlich riesig geworden und füllt das ganze Valley aus. Er muss bald mit seinen Rindern zu den Verladecorrals in die Stadt. Jetzt bekommt er die besten Preise, weil die Leute auf Fleisch angewiesen sind.«

      »Ich sehe, worauf du hinauswillst«, sagte Desmond Pickett nachdenklich. »Also kein direkter Angriff auf die Blue-Lodge-Ranch?«

      Willard schüttelte den Kopf. »Zu riskant! Slater hat genauso viele Männer wie wir. Die Ranch sitzt strategisch gut, man kann das gesamte Land überblicken und wir säßen wie auf dem Präsentierteller. Zu viele gute Männer müssten für so ein Wagnis ihr Leben lassen.«

      »Männer kann man ersetzen«, warf Pickett gleichgültig ein.

      »Zu riskant, Desmond!«

      »Du willst ihn also überfallen, wenn er sich mit seiner Herde auf den Weg nach Kansas macht?«

      »Ganz genau! Da ist er dann am verwundbarsten! Seine ganze Aufmerksamkeit wird seiner Herde gelten.«

      »Dann lass es uns ganz schlau anfangen. Unsere Dollarwölfe warten vor den Toren von Kansas, um jedem Herdenboss zehn Dollar pro Tier abzuknüpfen. Wir kassieren seine Kohle und danach metzeln wir ihn nieder. Im Anschluss bringen wir die Rinder zurück nach Cheops.«

      »Jeremy Slater wird sich von deinen Dollarwölfen nicht beeindrucken lassen. Und du musst eines bedenken: In Kansas gibt es zu viele Gesetzeshüter, Desmond. Wir würden zu leicht die Aufmerksamkeit eines Marshalls oder Sheriffs erregen. Am Ende landen wir alle auf einem gottverdammten Steckbrief.«

      »Dann also hier draußen auf der Prärie?«

      »Keine Zeugen … Niemand wird die Bande vermissen. Wir verscharren ihre Kadaver im Nirgendwo!«

      »Sag Gary und dem Bohnenfresser Bescheid, dass wir Scouts vor dem Blue-Lodge-Valley brauchen. Sobald er sich mit der Herde in Bewegung setzt, sollen sie uns informieren.«

      »Alles klar, Desmond!«

      Und damit war das weitere Vorgehen beschlossene Sache. Zufrieden ritten die beiden Männer zur Three-Pearls-Ranch zurück.

      4

       Fast hundertfünfzig Jahre später …

      In Klein-Gumpen gab es am Ortsrand, aus Richtung Laudenau, eine kleine Gaststätte, die den urigen Namen »Zur Schwarzen Erle« trug. Die Wirtschaft hatte ihren Namen von der majestätischen Erle, die sich wie ein schlafender Riese über die Wiese erhob und im Sommer den Gästen angenehmen Schatten spendete. Ein Baum, der im Volksglauben häufig mit dem Teufel und Hexerei in Verbindung gebracht wurde.

      Die »Schwarze Erle« war auch außerhalb des Odenwaldes bekannt geworden durch ihr sogenanntes Vagabundenschnitzel. Ursprünglich hatte ein Zigeunerschnitzel auf der Speisekarte gestanden, doch das hatte dem ein oder anderen Gast nicht gefallen und er war auf der Reichelsheimer Gemeinde dagegen vorgegangen. Man hatte den Wirt, Herrn Hugo Dingeldein, gefragt, ob er das Schnitzel nicht einfach in ein Paprikaschnitzel umbenennen könne, um weitere juristische Auseinandersetzungen zu vermeiden. Hugo Dingeldein war aber ein Mensch, der sich leicht in seiner Ehre gekränkt fühlte. Dazu reichte schon ein komischer Blick, den man ihm zuwarf oder wenn man vergaß, ihn auf der Straße zu grüßen. Solche Dinge machten den kleinen Mann rasend und er bekam dann regelrecht Wutausbrüche. Wenn seine Schimpftiraden verebbt waren, verschanzte er sich mit seinem Luftgewehr auf dem Balkon des Gasthauses und machte Jagd auf Vögel, die sich in der Schwarzerle eingenistet hatten (auch deswegen hatte er schon Anzeigen von besorgten Reichelsheimer Tierschützern bekommen). Ja, für einen Mann wie Hugo Dingeldein war es sehr schwer, wieder herunterzukommen. Er handelte gerne impulsiv und vor allen Dingen aggressiv. Und so war es für ihn gelinde gesagt eine absolute Unverschämtheit, dass sich ein paar Lokalpolitiker über sein Zigeunerschnitzel beschwert hatten. Die Quittung kam sofort. Seit einem halben Jahr zierte ein Zettel den Glaskasten außerhalb der Gaststätte, auf dem in roten Buchstaben geschrieben stand: »Grüne und Linke Politiker sind in diesem Gasthof unerwünscht!« Seinem Zigeunerschnitzel hatte er den unrühmlichen Namen Vagabundenschnitzel gegeben, weil er wusste, dass dies die Lokalpolitiker noch mehr auf die Palme bringen würde.

      Am Stammtisch saß eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Einheimischen. Die meisten Männer hatten einen anstrengenden Arbeitstag hinter sich. Kühles Bier und anregende Gespräche sollten den Feierabend versüßen. Der ovale Stammtisch befand sich neben der Theke in einer Nische und war mit Bierkrügen beladen. In der Mitte stand eine kleine Holztafel mit der Aufschrift: »In der Schwarzen Erle sitzen immer dieselben Kerle.« Und es waren auch immer die gleichen Leute, die sich hier trafen, um über ihre Alltagssorgen zu diskutieren und diese mit Bier wegzuspülen. Da war Bauer Fehndrich, der sich pausenlos darüber beklagte, dass die Milchpreise immer mehr in den Keller gingen, neben ihm saß Johann Schwan, ein Antiquitätenhändler, der immer wieder lamentierte, dass die Reichelsheimer einfach kein Gespür für antike Möbelstücke hätten. Oder Wilhelm Blessing, der Kioskbetreiber vom örtlichen Schwimmbad, der gerne mal einen Joint in der Umkleidekabine rauchte, weil er angeblich so starke Rückenschmerzen hatte und nichts anderes mehr half. Sie alle waren ein bunt zusammengewürfelter Haufen, der sich zum Stammtisch der »Schwarzen Erle« zusammengefunden hatte.

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