Ein Schuss kommt selten allein. Johanna Hofer von Lobenstein
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ein Schuss kommt selten allein - Johanna Hofer von Lobenstein страница 12

Название: Ein Schuss kommt selten allein

Автор: Johanna Hofer von Lobenstein

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Jons übernatürliche Fälle

isbn: 9783948457037

isbn:

СКАЧАТЬ es ihren Malkünsten zu verdanken habe.«

      »Aber das war ja auch so«, stimmte ich zu, ohne eine Miene zu verziehen.

      Er verdrehte die Augen, keine Ahnung, wieso.

      Wir stellten das Auto auf dem Besucherparkplatz ab, und ich schloss sorgfältig hinter uns ab. Hier kam es zwar so gut wie nie vor, dass Insassen ausbrachen, aber es war besser, kein Risiko einzugehen. Auf dem Weg ins Gebäude erklärte ich Donovan die Lage.

      »Da drinnen musst du vorsichtig sein. Hier sitzen eigentlich nur die Häftlinge mit Todesurteil und die wirklich gefährlichen männlichen Kriminellen. Es gibt zwar auch Bewährungsprogramme, aber alles in allem wirst du da drin keine netten Leute finden.«

      Er sah mich scharf von der Seite an. »Und wie hart ist das für dich?«

      Oha, er war wirklich schnell. »Na ja … es ist nicht gerade angenehm, sagen wir’s mal so. Aber du musst keine Angst haben, dass ich da drin in Ohnmacht falle oder so. Denk einfach daran, dass du dich zwischen mich und elektronische Geräte stellen musst. Ich will ja nicht versehentlich jemandem zum Ausbruch verhelfen.«

      »Roger.« Er hatte schon die Hand an der Türklinke des Besuchereingangs, als er innehielt und nachdenklich fragte: »Sag mal, wie viele von denen sitzen eigentlich wegen dir hier drin?«

      Dieser Mann stellte wirklich genau die richtigen Fragen. Ich antwortete ehrlich: »Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen.«

      Mit einem leisen »Puh« nickte er grimmig, hielt dann die Tür auf und bugsierte mich hinein.

      Auch in der Besucher-Lounge fand sich die beige Farbpalette wieder. Hellbeige Fliesen, die schon bessere Tage gesehen hatten, dunkelbeige gestrichene Wände, weiße Pressspan-Tresen. Ich blieb am Empfang stehen und begrüßte die Frau dahinter mit einem Lächeln. »Hey, Ellen.«

      »Oh, Jon, hi!« Ellen war Mutter dreier Kinder und hatte ein so strahlendes Lächeln, dass alle Besucher sich automatisch willkommen fühlten. Im Verlauf der vielen, vielen Besuche, die ich hier bereits gemacht hatte, hatten wir uns näher kennengelernt. Einmal hatte ich versehentlich ihren Taschenrechner geschrottet und ihr als Entschuldigung eine Schachtel Pralinen geschickt. Seither waren wir Freunde. »Wen haben Sie da mitgebracht?«

      »Meinen neuen Kollegen, Donovan Havili«, stellte ich vor. »Donovan, das ist Ellen Masters, Wächterin der Pforte.«

      »Unter anderem«, antwortete sie mit einem Lächeln, in dem leichte Beklommenheit mitschwang, als sie Donovan in die Augen sah. »Äh, nett, Sie kennenzulernen.«

      »Ebenfalls«, erwiderte Donovan mit höflichem Lächeln, das mehr als gezwungen wirkte.

      Ich registrierte Ellens Miene und ihre Emotionen und stöhnte innerlich auf. Genau wie meine Kollegen hatte sie auf Vorsicht geschaltet. Warum mussten die Leute sich so sehr vom Äußeren beeinflussen lassen? In Donovans Fall lagen sie damit mehr als falsch. Wenn sie ihn nur so sehen könnten wie ich, dann wüssten sie ganz genau, dass sie von diesem Mann nichts zu befürchten hatten.

      »Donovan war früher bei der Militärpolizei«, sagte ich in dem Versuch, ihre Befürchtungen zu zerstreuen. »Wir sind also sehr froh, ihn zu haben. Ich zeige ihm heute das Nötigste, und er ist so nett, sich um die Elektronik zu kümmern, sodass ich nichts kaputt machen kann.«

      Ellen blinzelte hinter den Brillengläsern. Dann sah sie ihn sich noch mal an, dieses Mal weniger eingeschüchtert. »Oh. Ja, das ist gut. Es ist immer praktisch, wenn Sie jemanden dabeihaben. Ich gebe Ihnen mal die Besucherpässe. Bei wem sind Sie denn heute?«

      »Bei Kurt.«

      »Dieser Kerl«, schimpfte sie, während sie nach dem Körbchen mit Besucherausweisen griff. »Ich schwöre, er würde sogar vergessen, es mir zu sagen, wenn er seinen eigenen Kopf verlegt hätte. Er ist so was von unorganisiert. Hier, die sind für Sie. Ich piepse ihn mal an.«

      Folgsam klemmte ich mir den Pass an den Hemdkragen, während ich nur mit halbem Ohr zuhörte, als sie uns anmeldete. Währenddessen beugte sich Donovan zu mir herunter und raunte mir zu: »Um wen geht es heute eigentlich?«

      Da fiel mir wieder ein, was ich vergessen hatte, und ich antwortete mit einem entschuldigenden Blick: »Ach ja, wir sind vorhin vom Thema abgekommen. Wir sind hier, weil einer der Insassen unter Umständen in einen weiteren Fall verwickelt ist, in dem gerade ermittelt wird. Goddard ist ein Pädophiler, der vor zwei Jahren wegen dreier sexueller Übergriffe verurteilt wurde. Er ist eindeutig überführt und kommt hier so schnell auch nicht wieder raus. Aber jetzt hat Kurt Hinweise darauf, dass er vielleicht auch einem vierten Jungen etwas getan hat. Wir sind hier, um herauszufinden, ob er es wirklich war oder ob da draußen noch ein Perversling rumläuft, der Kinder überfällt und der gefasst werden muss.«

      »Verstehe. Wirst du öfter deswegen hierherbestellt? Um zu prüfen, ob Insassen noch mehr auf dem Kerbholz haben?«

      »Entweder das, oder ich helfe dabei, nachzuvollziehen, wo die Leichen begraben sind.« Seufzend blickte mich um und fühlte mich auf einmal viel älter als meine 25 Jahre. »Die Besuche hier sind nie schön für mich.«

      Die Gittertür öffnete sich mit einem Summton, und Kurt trat ein. Er war ein ehemaliger Polizist, der im Dienst verletzt worden war und seither Schreibtischdienst machen musste. Aus ihm hätte ein guter Kriminalbeamter werden können, aber diese Möglichkeit war ihm wegen des kaputten Knies verwehrt. Heute fungierte er als Verbindungsmann zwischen den Revieren und dem Gefängnis und unterstützte die Kriminalpolizei bei der Aufklärung von Fällen wie diesem. Ein strahlendes Lächeln glitt über sein faltiges Gesicht, wobei man seine nikotinverfärbten Zähne sehen konnte. »Grüße Sie, Jon. Haben Sie einen Freund mitgebracht?«

      »Donovan Havili, unser neuer Kriminalberater bei der Psy«, stellte ich vor. »Donovan, das ist Kurt Bowen.«

      Zumindest Kurt schien sich von Donovans Aussehen nicht zu einer vorschnellen Meinung über ihn verleiten zu lassen und streckte ihm die Hand entgegen. »Wilkommen im Irrenhaus, Mr Havili.«

      »Danke«, gab Donovan zurück und schüttelte ihm die Hand.

      »Er ist heute meine persönliche Elektronikbarriere«, scherzte ich. »Ich will Ihr Telefon nicht schon wieder zerstören.«

      »Gott sei Dank. Also gut, kommen Sie rein. Sie haben Ihren Kollegen schon eingewiesen? Gut, gut. Goddard wartet in einem Besucherraum. Ich habe ihn noch nicht befragt. Mr Havili, wenn wir gleich reingehen, achten Sie bitte darauf, dass Jon die Tür nicht anfasst. Alles andere sollte kein Problem sein, es sind keine elektronischen Geräte außer der Schließanlage im Raum.«

      Donovan nickte. »Das kriege ich hin.«

      Wir folgten Kurt durch den schmalen Gang, den zu beiden Seiten Metalltüren säumten. An manchen blätterte die Farbe ab. Ich hielt mich in der Mitte, um nichts anzufassen, überwiegend aus Gewohnheit. Überwiegend.

      Auf halber Höhe schloss Kurt mit seiner Karte eine Tür auf und ging hindurch. Ich wich aus, damit Donovan die Tür aufhalten konnte, was er auch prompt tat. Dann stellte er sich vor das Schloss, sodass ich es nicht versehentlich berühren konnte. Zu meiner großen Beruhigung wuchs er schnell in seine Rolle hinein. Ich trat in den kargen Raum.

      Das Gefängnis war Goddard nicht gut bekommen. Das hatte ich auch nicht anders erwartet, denn mit Pädophilen hatten selbst Kriminelle kein Erbarmen. Eigentlich fand ich es erstaunlich, dass Goddard nach zwei Jahren immer noch am Leben war. Seine Aura war normalerweise dunkel СКАЧАТЬ