Название: ZwölfUhrTermin
Автор: Nora Adams
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Termin-Reihe
isbn: 9783947115136
isbn:
»Was will der denn?«, fragte er und zog die Tasse näher, während er dankend nickte.
»Es eilt, meinte er nur und da Ihr Acht-Uhr-Termin abgesagt hat, Sie jetzt demnach einen einstündigen Slot zur Verfügung haben, hab ich ihn reingeschoben«, erklärte sie und machte auf dem Absatz kehrt.
Klar doch. Es wäre ohnehin zu viel verlangt, ihm einfach etwas Zeit zu gönnen. Dass das kein wirtschaftliches Denken war, wusste er selbst und dennoch, waren wir mal ehrlich, wer freute sich nicht darüber, wenn ein Termin kurzfristig abgesagt wurde und man unverhofft ein bisschen Zeit hatte, um andere wichtige Dinge zu erledigen. Nun gut, das Ganze galt nur, wenn es ein unwichtiger Termin war und dann auch nur, wenn ihm dadurch keine Unkosten entstanden. Ach, was redete er da, eigentlich war es immer scheiße, wenn man nicht zu einem vereinbarten Termin auftauchte.
Es klopfte, und hereinkam Becker, der Chef seiner Finanzabteilung. »Moin, Marc«, grüßte der schlaksige junge Kerl, der ein wahres Zahlengenie war. Klar, gab es einen gewissen Dresscode im Haus zu beachten, aber Becker war eh und je in Jeans und Shirt angetanzt, sogar zum Vorstellungsgespräch. Dieser Kerl hatte Marc mit seiner fachlichen Kompetenz beeindruckt und deshalb beschloss er schon damals, dass er, was die Kleidung betraf, einen Freifahrtsschein erhielt. Immerhin legte er ein Statement ab, als er in ebenjenem Dress zum Interview erschien: Man bekommt mich so oder gar nicht, strahlte er aus und Marc wollte ihn genau so und nicht anders.
»Becker«, grüßte er nickend und wies ihm seinen Platz vorm Tisch zu. »Was haben Sie auf dem Herzen?« Innerlich hoffte er, dass er nicht gleich eine mündliche Kündigung seinerseits erhalten würde, denn das wäre wirklich schade. Aber Becker war eigentlich nicht unzufrieden, zumindest vermittelte er ihm nicht den Eindruck.
»Mir ist etwas aufgefallen, was ich mit Ihnen besprechen muss«, eröffnete er das Gespräch.
»Schießen Sie los!« Marc lehnte sich im Stuhl zurück und betrachtete einen seiner besten Mitarbeiter skeptisch.
»Vom Stammkapital wurde eine Million Euro abgezweigt«, sagte er und legte seine Fingerkuppen aufeinander. Wofür wurde so viel Geld abgehoben? Eine größere Investition stand nicht an. Ungeduldig sah er ihn an. »Das Geld wurde benutzt, um eine hochriskante Investition zu tätigen.«
Unverzüglich spürte Marc, dass ein unfassbarer Zorn in ihm aufkochte. Er musste Becker anschauen, als wäre er ein Alien, denn seine Gesichtsmuskulatur fühlte sich plötzlich gelähmt an. Ihm könnte der Speichel aus dem Mund tropfen, es wäre ihm egal. »Alexander!«, knurrte er mehr, als er es normal aussprach, denn keiner sonst hatte freien Zugriff auf die Firmenkonten, woraufhin Becker nickend bejahte.
»Die Ausgabe ist auf Alexander Kramer zurückzuführen.« Becker erhob sich, zog eine geknickte Mappe aus seiner Gesäßtasche. Marc griff nach den zerknitterten Unterlagen, die Becker ihm entgegenhielt und wusste sogleich, dass das, was er ihm hier offenbart hatte, unangenehm enden würde. Fuck! Was hatte dieser Penner sich bloß gedacht? Während Marc sein privates Vermögen versuchte, sinnvoll und gewinnbringend anzulegen, sich informierte, schmiss Alexander das Firmenkapital zum Fenster hinaus. Denn wenn er die Art des Unternehmens betrachtete, den Forschungsstand und die Sicherheit, die Becker hier detailliert aufgelistet hatte, wurde ihm speiübel.
»Danke! Gute Arbeit«, sagte er zu Becker, dem er die Hand schüttelte und ihn somit entließ.
Die nächsten Minuten zogen an ihm vorbei, während er die Unterlagen studierte und immer wieder fassungslos den Kopf schüttelte. »Chef, Ihr nächster Termin ist …«
»Jetzt nicht!«, blaffte er Sina an, die sich daraufhin zurückzog und die Bürotür, die meist offenstand, hinter sich zuzog. Er musste sich sammeln, stellte sich deshalb vors Fenster und atmete einige Male tief durch. Was hatte der Typ sich dabei gedacht? Die Frage war rhetorisch gemeint, denn alles, was dieser Mistkerl neuerdings machte, musste man doppelt und dreifach kontrollieren, weil man nie sicher sein konnte, was seine Beweggründe waren. Kramer dachte einfach gar nicht nach, bevor er etwas tat, zumindest kam es ihm so vor.
Marc bewegte seinen Kopf nach links und nach rechts, ließ Gelenke knacken, ehe er die Sprechanlage zu Sina betätigte. »Sina, holst du bitte Alexander her? Es eilt!«
»Wird erledigt«, erwiderte Sina.
Einen Entschluss gefasst, setzte er sich hin und wartete.
»Marc?«, fragte Alexander, als er wie immer, ohne zu klopfen, sein Büro betrat. Nicht, dass er sowieso schon reichlich gut gelaunt gewesen war, dieser Vollpfosten schaffte es immer wieder, ihn selbst in ruhigen Momenten aus der Fassung zu bringen, wobei er aktuell meilenweit von ruhig entfernt war.
Marc warf Beckers Unterlagen quer über den Tisch, sodass sie knapp vor der Kante liegen blieben, dann überschlug er die Arme und wartete seine Reaktion ab. Arme überschlagen war im Übrigen eine sehr gute Idee, so waren die Körperteile, mit denen er ihm Schmerzen zufügen konnte, erst mal verhindert und er kam nicht in Versuchung, ihm direkt eine reinzuknallen.
»Marc …«, setzte er an, den Blick auf die Unterlagen gerichtet. Mit einem Mal wirkte er fahl, seine Gesichtsfarbe war gewichen. Marcs Augen fokussierten ihn und nahmen das Unbehagen, welches er ausstrahlte, wahr. Jede Faser seines eigenen Körpers war angespannt und durstig nach der Erklärung, die er ihm gleich abliefern würde. Er erwartete eine bombastische Begründung für sein Verhalten, denn alles andere wäre unzureichend. Na gut, wenn Marc ehrlich war, konnte ihn bei dieser Faktenlage vermutlich gar nichts besänftigen.
Alexander begann ganz unbewusst, seine Finger zu einer Faust zu ballen und machte dabei eine pumpende Bewegung. Nicht eine jener, die einem Angst einjagen sollten, sondern eine, bei der man genau wusste, dass derjenige nervös und verunsichert war. Das war Alexanders Spezialgebiet. Entweder pumpte er mit den Händen oder er zog seine Lippen minimal auseinander, was so viel zum Ausdruck bringen sollte wie: Shit! Erwischt!
»Ich kann das erklären!«
СКАЧАТЬ