Название: ZwölfUhrTermin
Автор: Nora Adams
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Termin-Reihe
isbn: 9783947115136
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Sie stand von ihrem Schreibtisch auf, öffnete das Fenster, um frische Luft reinzulassen, und machte sich auf den Weg in die Küche, um einen Kaffee zu kochen, den sie jetzt dringend brauchte. Gerade griff sie in die Keksdose, die für alle zugänglich stand, als Constantin den Raum betrat.
»Kaffee?«, fragte sie ihn, doch er lehnte dankend ab. »Alles okay?«
»Hab gleich einen Neukunden«, sagte er bloß und Anni wusste sofort, dass ihr Mann mehr als nur hundert Prozent geben würde, um einen guten ersten Eindruck zu hinterlassen. Daher goss sie sich ihren Kaffee ein, ohne ihn in seiner Konzentration zu stören, und verließ den Raum mit einem leise gemurmelten Viel Glück.
Als sie an der Anmeldung vorbeiging, öffnete Susanne, die Telefonistin, via Funkanlage die Tür, während sie Anni nett zulächelte. »Eine tolle Bluse haben Sie an, Frau Weishaupt.«
»Danke. Ich hab sie mir erst kürzlich neu gekauft.«
Die Tür öffnete sich und herein kam … »Superman?«, platzte es erschrocken aus ihr heraus, bevor sich ihre Gehirnzellen vereint gegen diesen Schwachsinn stellten, den sie dort rausgehauen hatte. »Verzeihung, ich meinte, Herr Eden. Oh Gott, das tut mir leid!« Die Farbe ihres Gesichtes musste der einer Tomate gleichen. Das war mehr als unprofessionell, es war peinlich und dumm. Ein tonnenschwerer Stein der Erleichterung fiel sogleich von ihren Schultern, als eben angesprochener ihr grinsend zuzwinkerte.
»Hi, Rotschopf. Lebt der Barista noch?«, fragte er flapsig, während er die Tasse in ihrer Hand ins Auge fasste. Das Gefäß fest umklammert, brach sie in ein Lachen aus, was auch seine Lippen breiter werden ließ.
Wie er da stand, der große stolze Mann, in einem feinen Anzug und doch so locker und lässig. Seine verzottelten Haare, die wieder zu einem Zopf zusammengebunden waren, diese Tattoos, die ihn verwegen wirken ließen … Dann kam Anni um die Ecke und betitelte ihn als Superman, was er humorvoll hinnahm. Ihr Herz schlug fälschlicherweise einen Takt zu schnell, sodass sie sich rasch mit einem freundlichen Nicken von ihm verabschiedete und in ihr Büro zurücklief.
Die Tür hinter sich geschlossen, lehnte Anni sich dagegen und starrte einige Sekunden den Fußboden an. Würde er sich bitte auftun, damit Anni darin verschwinden konnte? Marc Eden war der Neukunde von Constantin? Oh Gott, wie blamabel war ihr Auftritt nur. Professionalität ging Constantin über alles und wenn er das mitbekommen hatte, würde sie sich später eine Standpauke anhören können. Denn eins musste man mal klar sagen: Constantin war nicht nur ihr Ehemann, sondern hier und jetzt war er ihr Chef und als dieser verlangte er von seinen Mitarbeitern absolute Konzentration und Perfektion.
Ein Grinsen schlich unweigerlich auf ihre Lippen, es war unvermeidbar. Marc Eden konnte sich an sie erinnern. Kopfschüttelnd versuchte sie, den Gedanken beiseitezuschieben, begab sich stattdessen wieder an die Steuerunterlagen, die sie vorhin am Sortieren war.
Als sie eine Stunde später den PC herunterfuhr und in den Flur trat, hörte sie die Männer durch die verschlossene Bürotür sprechen. Noch einmal lauschte sie Supermans Stimme, die ihr in diesem Augenblick eine Gänsehaut verpasste, dann machte sie sich auf den Heimweg. Innerlich ermahnte sie sich selbst, als ihr bewusst wurde, dass sie den Kunden ihres Mannes ganz offensichtlich anhimmelte und das in seinem Beisein. Am Sonntag würde sie drei extra Vater Unser in der Kirche beten und hoffen, dass ihr diese gedankliche Sünde vergeben wurde. Um Gottes willen, was dachte sie da nur für einen unfassbaren Mist?
Endlich stellte sie das Auto in der Garage ab und betrat das Haus, in dem ihr lautstark die Musik entgegen plärrte. Im Flur lag ein Zettel von Amalia, dass diese heute bei Sophie war und gerne dort übernachten würde. Ein Blick in die Küche brachte ihr Stresslevel augenblicklich fast zum Überlaufen. »Unmöglich«, murmelte sie. Eine Pizza und ein Backfisch sollten die zwei sich machen. Es sah allerdings aus, als hätte ein Tornado sein Unwesen in der Küche getrieben. Heute würde zumindest Marius ihr helfen, das stand fest. Diesen Saustall bereinigte sie nicht alleine: ein Topf mit angebrannten Puddingresten, verschüttete Milch auf Tisch und Boden, benutzte Schüsseln, Pizzareste, offene Getränkeflaschen. Sogar ein verwelkter Kopfsalat lag neben dem Kühlschrank. Warum? Was hatten sie vor? Wollten sie einen Vitaminangriff starten? Niemals würden ihre beiden Kinder freiwillig und ohne Aufforderung auch nur ein Blatt Salat anrühren. Oder wollten sie nur schon mal vorsorgen, damit Anni ja nicht auf die Idee kam, ihnen das Grünzeug vor die Nase zu setzen? Immerhin war er welk und konnte somit in den Mülleimer. Nicht zu vergessen waren die Schuhe, die mitten in der Küche auf dem Boden lagen, als hätten sie kein Schuhregal im Flur stehen. Das Licht brannte, weil die Stromrechnung offenbar noch nicht hoch genug war. Entschlossen machte sie sich auf den Weg nach oben, betrat nach einem kurzen Klopfen Marius’ Zimmer und fragte sich zugleich, warum sie das getan hatte, denn bei dieser Lautstärke würde man nicht mal sein eigenes Wort verstehen, geschweige denn ein Anklopfen.
»Marius, mach die Musik …« Ein wildes aufspringendes Etwas, was sich von dem Schoß ihres dreizehnjährigen Sohnes schlagartig entfernte, schaffte es tatsächlich, dass Anni sprachlos war. Während Marius den Lärm leiser stellte, verabschiedete sich das junge Fräulein mit einem knallroten Gesicht und hängenden Schultern zur Tür heraus.
»Hi, Mom.« Er drehte sich zu seinem Laptop und tippte etwas scheinbar sehr Wichtiges.
»Hi, Mom?«, fragte Anni perplex und hoffte verzweifelt, dass da noch weitere Informationen aus seinem Mund kommen würden. Vergeblich. »Mehr fällt dir nicht ein? Was war das gerade? Und sieh mich gefälligst an, wenn du mit mir sprichst!«
»Bleib mal smooth, es ist doch nichts passiert!«
Das waren Situationen, in denen sich selbst liebevolle, liebende und fürsorgliche Mütter daran erinnern mussten, dass Gewalt egal in welcher Form keine Lösung war. Okay, ruhig bleiben, Anni. »Können wir bitte darüber reden?«
»Es gibt nichts zu bereden, ich hab sie nicht flachgelegt, Mann!«, motzte er.
Wenn eines feststand, dann war es das, dass Anni definitiv in der falschen Stimmung war, um ein solch fragiles Thema gegen seinen СКАЧАТЬ