Название: ZwölfUhrTermin
Автор: Nora Adams
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Termin-Reihe
isbn: 9783947115136
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Constantin erwiderte ihr Lächeln und hockte sich auf die Tischkante, sodass er gleich neben ihr saß. »Und sonst, Engelchen? Du siehst müde aus«, stellte er fest. Anni nahm seine Hand und legte sie sich auf ihre Wange. Viel zu selten spürte sie diese Nähe.
»Ich bin auch müde. Keine Ahnung, was los ist, im Augenblick fühle ich mich täglich ausgelaugt, selbst wenn ich zwölf Stunden geschlafen habe.«
»Kann ich dir was abnehmen?«, fragte er und sah sie besorgt an. Doch im selben Moment wusste sie, dass Constantin genug zu tun hatte und sie ihm niemals mehr Arbeit als nötig aufbürden würde. Wobei sich der Gedanke schlagartig in Luft auflöste, als sie an ihren Sohn dachte.
»Du kannst tatsächlich was tun«, platzte es aus ihr heraus. Aufrecht saß sie da, war plötzlich angespannt und auch etwas aufgeregt, Constantin endlich von diesem Kuss erzählen zu können. »Ich hab Marius …«
Abrupt wurde sie unterbrochen. »Anni, lass uns jetzt nicht über die Kinder reden. Wir sind auf der Arbeit und hier sollten wir die Zeit in Berufliches investieren. Wir sprechen daheim über Marius, okay?«
Was zum Teufel? Wie vor den Kopf gestoßen betrachtete sie ihn mit offenstehendem Mund. Das hatte gerade wehgetan!
Natürlich sprachen sie Zuhause. Nur wann? Morgens, wenn sie sich die Türklinke in die Hand gaben, oder abends, wenn Anni vor Müdigkeit die Augen zufielen und sie nur noch ins Bett wollte? Wer hätte ahnen können, dass sich sein großzügiges Angebot nur auf das Büro bezieht. Sie wandte sich ihrem PC zu und begann mit der Aktualisierung der Excel-Tabelle, die auf ihrem Bildschirm erschien, sobald der Bildschirmschoner erloschen war.
Constantins Aussage hatte Anni gekränkt, immerhin waren es genauso seine Kinder und Anni saß in diesem Augenblick, den sie eigentlich mit ihnen verbringen sollte, im Büro und arbeitete, weil er sie brauchte. Das war ein Ungleichgewicht und versetzte Anni einen gefühlten Stich in der Magengegend. Pff, morgen würde sie um Punkt zwei Uhr das Büro verlassen und keine Sekunde länger bleiben, dachte sie trotzig, wenn auch wenig erwachsen. Bisher lebten sie nach dem Motto, füreinander da zu sein, aber dass er ihr so eine Abfuhr erteilte, verletzte sie.
Schnell schrieb sie Amalia: Benehmt euch bei der Oma. Ich drück dich, bis später!
Während sie ihre Tochter noch in die Arme schließen konnte, gehörte Marius schon eher der coolen Fraktion an und verzichtete auf derartige Gefühlszuneigungen in der Öffentlichkeit. Scheinbar nahm er sich diese neuerdings woanders, dachte sie sarkastisch.
Amalia: Nur eventuell bis später, es schneit ohne Ende. Vielleicht pennen wir hier, außerdem hat Oma Pfannkuchen gemacht.
Anni: Das möchte ich vorher mit Oma besprechen. Guten Appetit!
Amalia: Wenn das bis dahin noch möglich ist. Opa sagt, sein Bein juckt.
Automatisch schlich sich ein Lächeln auf Annis Züge. Wenn das Bein ihres Vaters juckte, war das keine gute Wettervorhersage. Je schlimmer es ihn ärgerte, desto heftiger wurde das Unwetter. Wer brauchte einen unzuverlässigen Wetterdienst, wenn man Vaters vernarbtes Bein hatte, welches er sich bei einem Arbeitsunfall vor dreißig Jahren verstümmelt hatte? Es war immer wieder bahnbrechend, wie man sich auf dieses eine familiäre Gliedmaß verlassen konnte.
»Scheiße! Scheiße! Scheiße!«, brüllte Constantin plötzlich aus seinem Büro, was Anni erschrocken aufspringen ließ. Schon im Flur kam er ihr entgegengerannt und wedelte wild mit Unterlagen in der Luft herum. Die freie Hand schlug er sich gegen den Kopf. »Verdammte Scheiße!«
Ihm jetzt zu sagen, dass er sich wiederholte, käme wohl nur semigut an, dachte sie sich, noch etwas beleidigt von seiner Abfuhr. »Was ist denn?« Mutlos hielt er ihr das Blatt vor die Nase und schüttelte immerzu den Kopf. »Eine Datenschutzerklärung?« Fragend blickte sie ihn an. »Sprich, Constantin! Ich kann nicht hellsehen!«
»Nicht bloß eine, das ist die von Marc Eden und fällt dir was auf?« Was machte er für einen Aufstand? Sie war nicht unterschrieben, aber das konnte doch nicht der Grund für seinen Ausbruch sein. Weiterhin blickte sie ihn verwirrt an. »Da fehlt die Unterschrift!«
»Ja«, reagierte Anni zögerlich auf das Offensichtliche.
»Fakt ist, ich darf ohne diesen unterschriebenen Wisch keinerlei Daten speichern und verarbeiten. Ich brauche sie, wenn ich seine Geldanlagen berechnen will und ebenfalls Fakt ist, dass ich damit schon begonnen habe. Weil wiederum ein dritter Fakt ist: Einen Marc Eden lässt man nicht warten! Kapierst du das?« Sein Gesicht war feuerrot, während er seine Hände knetete.
»Sag ihm halt nicht, dass du bereits angefangen hast«, fuhr sie ihn verständnislos an. Bei jedem anderen Kunden würde er keinen Aufstand machen. Sie kannte ihren Mann gar nicht so promifokussiert. Automatisch fragte sie: »Gehts dem Unternehmen schlecht?« Gott, das war ihre Existenz, wenn die Firma auf der Kippe stand, konnte sie es doch plötzlich nachvollziehen.
Constantin blickte sie an, als hätte sie einen fetten Herpes auf der Lippe. »Was?«, fragte er bloß und verneinte entgeistert mit einem Kopfschütteln.
»Na, ich kann leider nicht verstehen, warum du bei Eden so einen Aufriss machst!«
Es dauerte gefühlte Minuten, bis er redete – ruhig, bedacht und wieder ganz fokussiert. »Pass auf, wie du mit mir sprichst, Anni. Wir sind hier auf der Arbeit und ich bin dein Boss, vergiss das nicht.« Unfassbar, jetzt stritten sie sich wegen einer bescheuerten Datenschutzerklärung. Wie konnte es nur so weit kommen, dass so viel Feindseligkeit zwischen ihnen lag? Resignierend schloss sie die Augen, immerhin hatte sie im Gefühl, dass jegliche Art, das Ganze jetzt anzusprechen, zum Scheitern verurteilt war. Sie griff sich das Blatt aus seiner Hand und steuerte die Garderobe in ihrem Büro СКАЧАТЬ