Konstantinopel 1453. Roger Crowley
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Название: Konstantinopel 1453

Автор: Roger Crowley

Издательство: Автор

Жанр: История

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isbn: 9783806242430

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СКАЧАТЬ die Seewälle zu durchbrechen; als der Angriff scheiterte, sprang der alte Doge mit der Fahne des Heiligen Markus ans Ufer und forderte die Venezianer auf, ihren Kampfesmut unter Beweis zu stellen. Die Mauern wurden gestürmt, und Alexios, der Prätendent, wurde inthronisiert.

      Im darauffolgenden April, nach einem Winter interner Auseinandersetzungen und Intrigen, in dem die Ungeduld der Kreuzfahrer wuchs, wurde Konstantinopel erobert und geplündert. Es kam zu einem grauenhaften Massaker, und große Teile der Stadt wurden durch einen Brand vernichtet: »Es wurden mehr Häuser zerstört, als es in den drei größten Städten des Königreiches Frankreich gibt«, verkündete der französische Ritter Gottfried von Villehardouin. Die großen Kunstwerke der Stadt wurden zerstört und die Sophienkirche entweiht und geplündert: »Als sie… die allerheiligsten Geräte und Gefäße von unübertrefflicher Kunst und Schönheit und aus seltenen Stoffen, das gediegene, mit Gold bezogene Silber…und noch vieles andere fortschaffen wollten, führten sie Maulesel und Packtiere bis zum Allerheiligsten vor und beluden sie schwer«, berichtete der Chronist Niketas. »Als einige der Tiere auf dem blinkenden Steinboden ausglitten, zogen sie die Schwerter und erstachen sie, sodass die heilige Stätte nicht nur mit dem Kot der Tiere, sondern auch mit dem vergossenen Blut befleckt wurde.«12 Die Venezianer raubten eine große Zahl von Statuen, Reliquien und wertvollen Gegenständen, um damit ihre Markuskirche auszustatten, unter anderem die vier Bronzepferde, die seit der Zeit Konstantins des Großen im Hippodrom gestanden waren. Konstantinopel glich einem rauchenden Trümmerhaufen. »O du Stadt, du Stadt aller Städte«, klagte der Chronist Niketas, »du hast den Kelch des Zorns des Herrn bis auf den Grund geleert.«13 Dies war eine typische Reaktion der Byzantiner; doch unabhängig davon, ob die Katastrophe menschlichen oder göttlichen Ursprungs war, die Konsequenzen waren dieselben: Konstantinopel schrumpfte zu einem Schatten seiner einstigen Größe. Fast sechzig Jahre lang war die Stadt nun das »Lateinische Kaiserreich von Konstantinopel«, das vom Herzog von Flandern und dessen Nachfolgern regiert wurde. Das Byzantinische Reich wurde aufgeteilt in eine Reihe von fränkischen Staaten und italienischen Kolonien, während ein großer Teil seiner Bevölkerung nach Griechenland floh. Die Byzantiner errichteten in Nikäa in Anatolien ein Exilkönigreich und konnten sich weiterer türkischer Vorstöße ziemlich erfolgreich erwehren. Als sie 1261 Konstantinopel zurückeroberten, war die Infrastruktur der Stadt nahezu vollständig zerstört, und ihr Herrschaftsgebiet war auf einige zersplitterte Gebiete geschrumpft. Als die Byzantiner ihre Stellung wieder zu festigen suchten und sich neuen Bedrohungen aus dem Westen ausgesetzt sahen, kehrten sie abermals dem islamischen Anatolien den Rücken zu, hatten dafür aber einen stetig steigenden Preis zu bezahlen.

      Anatolien wurde weiterhin durch massive Bevölkerungswanderungen im Osten erschüttert. Zwei Jahre nach der Plünderung Konstantinopels gelang es dem Stammesführer Temuchin, die sich bekriegenden Nomadenstämme der inneren Mongolei zu vereinigen, worauf er den Titel Dschingis Khan annahm – Herrscher der Welt. Die langhaarigen, den Himmel anbetenden Mongolen brachen mit erschreckender Heftigkeit über die islamische Welt herein. Als Persien im Chaos versank, schwappte eine weitere Welle von Vertriebenen westwärts nach Anatolien. Der Kontinent wurde zum Schmelztiegel unterschiedlichster Völker, von Griechen, Türken, Iranern, Armeniern, Afghanen und Georgiern. Nachdem die Mongolen 1243 das stabilste Staatsgebilde in der Region, jenes der Rum-Seldschuken, unterworfen hatten, zerfiel Anatolien in ein Mosaik kleiner Königreiche. Die umherwandernden Turkvölker konnten nun nicht mehr weiter nach Westen ziehen; es gab keine ungläubigen Nachbarn mehr, deren Unterwerfung der Islam unter Berufung auf den Koran anstreben konnte. Als sie das Meer erreichten, verschafften sich manche von ihnen Schiffe und plünderten byzantinische Küstenregionen. Andere bekämpften sich gegenseitig. Anatolien war ein von Chaos geprägtes, zersplittertes und gefährliches Gebiet – ein wilder Westen, in dem sich Räuber, Plünderer und religiöse Visionäre tummelten, die von einer explosiven Verbindung aus mystischem Sufismus und orthodoxem sunnitischen Glauben beflügelt wurden. Die Turkmenen legten weiterhin lange Entfernungen zurück in ihren üppig bestickten Sätteln auf ihren Raubzügen in der Gazi-Tradition, aber jetzt gab es nur noch ein kleines unbedeutendes Reich, das des Stammes Osman, das noch an das gottlose Byzanz im Nordwesten Anatoliens angrenzte.

      Die genaue Herkunft dieses Volkes, das wir heute Osmanen nennen, ist nicht bekannt. Sie gingen etwa um 1280 aus den umherziehenden Turkmenen hervor, eine Sippe ungebildeter Krieger, die zwischen Zelten und Holzfeuern lebten, aus dem Sattel herrschten und mit einem Daumenabdruck unterschrieben und deren Geschichte nachträglich von imperialen Mythenbildnern rekonstruiert wurde. Der Legende zufolge soll Osman schon von Anfang an für Großes auserwählt worden sein. Eines Nachts hatte er einen Traum, in dem er Konstantinopel sah, »das an der Verbindung zwischen zwei Meeren und zwei Kontinenten lag und aussah wie ein Diamant zwischen zwei Saphiren und zwei Smaragden und daher den Edelstein im Ring eines riesigen Reiches zu bilden schien, das die gesamte Welt umfasste«.14 Osman zog sich den Mantel der Gazis an, denen sein Stamm nacheifern sollte. Durch Glück und Reaktionsschnelligkeit gleichermaßen entwickelte sich das Herrschaftsgebiet Osmans aus einem winzigen Fürstentum zu jener Weltmacht, von der er geträumt hatte.

      Das Reich Osmans im Nordwesten Anatoliens grenzte unmittelbar an den byzantinischen Verteidigungsring, der Konstantinopel schützte. Da es hier Land von Ungläubigen gab, das noch nicht erobert war, fühlten sich Gazis, Abenteurer und landhungrige Flüchtlinge angezogen, die unter Osmans Befehl ihr Glück versuchen wollten. Osman herrschte als Stammesführer in enger Verbindung mit seinem Volk. Zugleich bot sich den Osmanen hier die einzigartige Gelegenheit, den benachbarten byzantinischen Staat zu studieren und dessen Strukturen nachzubilden. Der Stamm lernte buchstäblich »in Windeseile« und übernahm außergewöhnlich schnell Technologien, Zeremonielle und Taktiken. Im Jahr 1302 errang Osman einen ersten Sieg über die Byzantiner, der sein Ansehen mehrte und den Zulauf von Kämpfern verstärkte. Bei weiteren Attacken gegen die zerfallenden Verteidigungseinrichtungen des Reiches gelang es ihm, die Stadt Brusa abzuschneiden; da er jedoch nicht über wirksame Belagerungstechnik verfügte, dauerte es sieben Jahre, bis sein Sohn Orhan die Stadt schließlich 1326 einnehmen und zur Hauptstadt seines kleinen Reiches erklären konnte. Im Jahr 1329 besiegte Orhan Kaiser Andronikos III. bei Pelekanos, und danach konnten die Byzantiner ihre verbliebenen Städte in Anatolien nicht mehr sichern. Diese fielen nun schnell nacheinander: 1331 Nikäa, 1337 Nikomedia und im folgenden Jahr Skutari. Die muslimischen Krieger konnten mit ihren Pferden jetzt über eigenes Land zum Meer reiten und über den Bosporus nach Europa blicken. Auf der anderen Seite konnten sie Konstantinopel erkennen: die Linie seiner Seewälle, die imposante Sophienkirche, die kaiserlichen Fahnen, die auf Türmen und Palästen wehten.

      Auf ihrem Vormarsch passten die Eroberer die griechischen Namen der eingenommenen Städte den vokalen Harmonien des Türkischen an. Aus Smyrna wurde Izmir; Nikäa, der Verkündungsort des Nizänischen Glaubensbekenntnisses, wurde zu Iznik; Brusa wurde durch eine Umstellung der Konsonanten zu Bursa; Konstantinopel bezeichneten sie offiziell zwar weiterhin mit dem arabischen Namen Konstantinijje, doch in der türkischen Alltagssprache entwickelte es sich zu Istanbul durch eine Mutation, die nach wie vor unklar ist. Vielleicht war dieser Name schlicht eine Verballhornung von Konstantinopel, er könnte aber auch einen anderen Ursprung haben. Griechische Autoren nannten Konstantinopel einfach nur polis, die Stadt. Ein Mann, der dorthin wollte, sagte, er fahre »eis tin polin« (»in die Stadt«), was in türkischen Ohren wie Istanbul geklungen haben könnte.

      Das rasche Vordringen der Osmanen erschien als ebenso gottgewollt wie jenes der Araber sieben Jahrhunderte zuvor. Als der berühmte arabische Reisende Ibn Battutah 1331 Orhans Reich besuchte, beeindruckte ihn die rastlose Energie, die dort herrschte: »Es heißt, er habe sich nie länger als einen Monat in einer Stadt aufgehalten. Er kämpft ständig gegen die Ungläubigen und hält sie unter Belagerung.«15 Die frühen Osmanen stellten sich als Gazis dar; sie umhüllten sich mit dem Titel von Glaubenskriegern wie mit der grünen Fahne des Islam. Bald wurden sie auch Sultane. Im Jahr 1337 ließ Orhan in Bursa eine Inschrift anbringen, in der er sich als »Sultan, Sohn des Sultans der Gazis, Gazi, Sohn des Gazi, Herrscher der Horizonte, Held der Welt«16 rühmen ließ. In der Tat war nun ein neues Zeitalter heroischer muslimischer Eroberungszüge СКАЧАТЬ