Название: Begegnungen mit Bismarck
Автор: Robert von Keudell
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783806242683
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Diese am 22. Februar 1865 nach Wien mitgeteilten, unter dem Namen der „Februarbedingungen“ bald bekannt gewordenen Forderungen bezeichnete Bismarck als „Konzessionen“ gegenüber dem natürlichen Verlangen der Einverleibung des Landes, welches bei uns in immer weiteren Kreisen laut geworden sei.
In Wien aber erklärte man, daß die geforderte Abtretung der Militärhoheit eine geeignete Grundlage zur Verständigung nicht darbiete und daher diese Phase der Verhandlungen für abgeschlossen gehalten werde. Die Antwort erfolgte mündlich schon am 27. Februar; an demselben Tage erging an Moltke die Aufforderung zu genauen Angaben darüber, welche Truppenmacht Oesterreich uns in Böhmen gegenüberzustellen vermöchte.
Inzwischen hatte der bayerische Ministerpräsident Freiherr von der Pfordten einen Antrag für den Bundestag in Wien zur Prüfung vorgelegt, wonach der Bund die „vertrauungsvolle Erwartung“ aussprechen sollte, die beiden Großmächte würden „nunmehr“ den Erbprinzen von Augustenburg als Herzog einsetzen. Graf Mensdorff machte von dieser seit dem Januar schwebenden Angelegenheit die erste Mitteilung nach Berlin am 19. März mit dem Hinzufügen, er wünsche, daß dieser Antrag nicht in einem Ausschuß begraben, sondern binnen 8 Tagen zur Abstimmung gebracht werde. In dem Aussprechen einer von der preußischen abweichenden Ansicht am Bundestage ohne irgendwelche thatsächliche Vorkehrungen würde eine Verletzung des Allianzvertrages vom 16. Januar 1864 nicht zu finden sein.
In Berlin aber meinte man, daß die wochenlangen geheimen Verhandlungen mit den gegnerischen Mittelstaaten und die angekündigte Zustimmung zu deren Antrage am Bunde mit den jedem der beiden Verbündeten vertragsmäßig obliegenden Pflichten nicht vereinbar schiene. Bismarck sagte dem Grafen Karolyi mündlich:
„Wir sind leider an einen Scheideweg gelangt. Unsre Fahrbillets lauten auf divergierende Linien; und ich wünsche nur, daß wir nicht zu weit auseinanderkommen.“
Dieser unfreundliche Schachzug des Verbündeten sollte nicht nur mit Worten in Frankfurt bekämpft werden, sondern eine That sollte aller Welt zu erkennen geben, daß wir uns aus Holstein verdrängen zu lassen nicht gesonnen seien. Der König befahl am 24. März die Verlegung der Marinestation von Danzig nach Kiel.
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Die Zustände in den Herzogtümern hatten auch nach dem Abzuge der Bundestruppen und nach der Ersetzung der Bundeskommissare durch Vertreter Preußens und Oesterreichs (Zedlitz und Halbhuber) sich in entschieden partikularistischer Richtung fortentwickelt. Der Erbprinz behielt seinen Aufenthalt in einem Vororte Kiels, umgeben von den als seine Minister geltenden Vertrauenspersonen. Diese hatten Anfang 1864 dafür gesorgt, daß zu Mitgliedern der sogenannten Landesregierung fast nur augustenburgisch gesinnte Beamte ernannt wurden, und vermochten auch zu erreichen, daß die bei Uebernahme der Verwaltung von Schleswig erforderliche Verstärkung dieser Behörde in gleichartiger Weise erfolgte. In der Bevölkerung wurde mündlich die Mahnung verbreitet, gegen Verfügungen der Landesregierung niemals Beschwerde zu erheben, damit die Kommissare der Großmächte keine Gelegenheit erhielten, einzugreifen. Ein Netz von Vereinen, welche den Erbprinzen als Landesherren anerkannten, hatte das Land überzogen und die Presse nannte ihn täglich Herzog Friedrich VIII. Dagegen einzuschreiten, war Zedlitz machtlos, weil Baron Halbhuber seinen Instruktionen gemäß jedem bezüglichen Versuche entgegentrat. General Herwarth hatte zwar den Oberbefehl über 16.000 Preußen und die österreichische Brigade Kalik (4800 Mann), war aber nicht imstande, Demonstrationen für den Erbprinzen zu verhindern, weil Graf Mensdorff Eingriffe der bewaffneten Macht in die Civilverwaltung nicht wünschte.
Die ehrenfeste Bevölkerung fühlte sich gefesselt an den Fürsten, dem sie vor Jahr und Tag als der Verkörperung des Gedankens „Los von Dänemark“ gehuldigt hatte. Diese Gesinnung wurde durch starke Gründe unterstützt in den Städten, welche fast steuerfrei waren und den Druck einer Militärlast, bei der Leichtigkeit Stellvertreter zu mieten, kaum kennengelernt hatten. Den Städtern graute vor dem preußischen Steuersystem und der allgemeinen Wehrpflicht. Das platte Land hatte von der Annexion in materieller Beziehung wenig zu befürchten; der Großgrundbesitz aber wünschte sie, denn er war mit hohen Grundsteuern eingeschätzt und mußte, wenn dem Lande die Uebernahme der Kriegskosten und anderer Schulden mit rund 80 Millionen Thalern zugemutet würde, auf Heranziehung zu fast unerschwinglichen Leistungen gefaßt sein. Baron Scheel-Plessen konnte daher seine Standesgenossen leicht, außer ihnen aber kaum 200 Personen für eine Adresse zu Gunsten der Annexion gewinnen, während für Adressen zu Gunsten Augustenburgs rund 50.000 Unterschriften zusammengebracht wurden.
Trotz dieser durch Oesterreichs Haltung genährten feindseligen Stimmungen in den Herzogtümern wurde Bismarck nicht einen Augenblick schwankend in dem Vorsatze, zu erringen, was er dort für unsre Sicherheit notwendig hielt, sei es durch Erfüllung der Februarbedingungen, „wenn die Leute sich durchaus einen Herzog für 80 Millionen Thaler kaufen wollten“, oder durch die Annexion.
Die Bearbeitung der schleswig-holsteinischen Verwaltungssachen war mir übertragen. Es wäre auf diesem Arbeitsfelde in Berlin wenig zu thun gewesen, wenn nicht vier landeskundige Personen sich als Agenten zur Verfügung gestellt und fortlaufend an mich berichtet hätten. Gleich nach der Einnahme von Düppel kam zu mir der in Schleswig wohnende Graf Adalbert Baudissin, ein Mann von sehr einnehmendem Wesen. Er bekannte die Ueberzeugung, daß sein Vaterland des engsten Anschlusses an Preußen bedürfe, und erbot sich, dafür zu wirken. Der Minister hat ihn nur einmal gesehen und mir den weiteren mündlichen und schriftlichen Verkehr mit ihm überlassen. Nach einiger Zeit erhielt er von Zedlitz eine Anstellung beim Deichbau auf den Nordseeinseln, welche ihm erlaubte, öfters umherzureisen und in politischer Berichterstattung fortzufahren.
Sodann meldete sich ein junger Balte, Baron Ungern-Sternberg, welcher sich in Flensburg niedergelassen hatte, um in gleichem Sinn zu wirken. Seine Berichte enthielten brauchbare sachliche Mitteilungen. Anscheinend war seinen Anregungen zu danken, daß in Flensburg Ende Februar 1865 etwa zwanzig unabhängige Männer sich als „Nationalpartei“ konstituierten, mit dem Programm des engsten Anschlusses an Preußen. Diese kleine Partei verfügte über drei Lokalblätter, doch waren die Zeitumstände für ihre Ausbreitung nicht günstig.
Zwei andere Männer mit unbekannten Namen lieferten mehr mündliche als schriftliche Berichte. Dem Minister waren alle solche Quellen vielseitiger, wenn auch mit Vorsicht aufzunehmender Nachrichten willkommen und mein Verkehr mit jenen freiwilligen Staatsdienern wurde daher ein ziemlich reger.
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Am 16. November 1864 reiste Bismarck nach Stettin, um seine aus Reinfeld ankommende Gemahlin nach Berlin zu begleiten. Sie hatte eine schwere Krankheit überstanden und durfte in den beiden folgenden Monaten noch nicht abends ausgehen, sah aber in ihrem Empfangssaal gern die Hausfreunde. Außer den bereits genannten erschienen jetzt häufig: Postrat von Obernitz, ein feinsinniger Literaturkenner, und Gustav von Loeper, der schon einmal erwähnte Goethe-Herausgeber, dessen gelegentliche literarische Mitteilungen der sehr belesenen Hausfrau stets willkommen waren. Der Minister aber ließ sich mitunter gern von seinen Studien über den Faust erzählen.
Der schon erwähnte Herr von Dewitz-Milzow kam einige Mal in Begleitung seiner beiden anmutigen Töchter. Nicht selten wurden auch zufällig anwesende befreundete Familien aus Pommern, Ostpreußen, Kurland oder Schlesien für einen Abend eingeladen, was jedoch weder die äußeren Einrichtungen noch den Ton des Gesellschaftssaales im Mindesten zu beeinflussen pflegte.
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