Das Zeitalter der Extreme. Eric Hobsbawm
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Название: Das Zeitalter der Extreme

Автор: Eric Hobsbawm

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

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isbn: 9783806239669

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СКАЧАТЬ aufbauen zu wollen (euphemistisch als »gemeinsames großostasiatisches Wohlstandsgebiet« deklariert), das die eigentliche Essenz seiner Politik war. Nachdem Roosevelts USA jedoch schon miterlebt hatten, welche Folgen aus dem Versäumnis der europäischen Mächte entstanden waren, Hitler und Mussolini Widerstand zu leisten, war von ihnen kaum zu erwarten, daß sie auf die japanische Expansion auf dieselbe Weise reagieren würden, wie Großbritannien und Frankreich auf die deutsche Expansion reagiert hatten. Die öffentliche Meinung der USA jedenfalls betrachtete den Pazifik wie auch Lateinamerika (und ganz im Gegensatz zu Europa) sowieso als natürliches Operationsgebiet der USA. Der amerikanische »Isolationismus« wollte sich hauptsächlich von Europa fernhalten. Also war Japan in der Tat durch das westliche (sprich amerikanische) Handelsembargo und das Einfrieren von japanischen Guthaben zum Handeln gezwungen, wenn es nicht wollte, daß seine Wirtschaft, die vollständig von Importen auf dem Seeweg abhängig war, augenblicklich stranguliert werden sollte.

      Es begann ein gefährliches Spiel, das sich schließlich als selbstmörderisch erweisen sollte. Japan ergriff seine vielleicht einzige Möglichkeit, um sein südliches Imperium schnell aufbauen zu können. Aber es rechnete damit, daß dies nur durch das völlige Außergefechtsetzen der amerikanischen Navy erreicht werden könnte – der einzigen Streitmacht, die überhaupt eingreifen konnte. Das aber bedeutete, die USA mit ihren überwältigend überlegenen Streitkräften und Ressourcen sofort in den Krieg zu zwingen. Japan hatte keine Chance, einen solchen Krieg zu gewinnen.

      Es bleibt ein Geheimnis, weshalb Hitler, der bereits mit Rußland völlig überfordert war, den USA freiwillig den Krieg erklärte und damit Roosevelts Regierung die Möglichkeit gab, ohne großen politischen Widerstand im eigenen Land auf seiten der Briten in den europäischen Krieg einzutreten. Denn in Washington bestanden kaum Zweifel daran, daß Nazideutschland eine sehr viel ernstere und globalere Gefahr für die USA – und die Welt – war als Japan. Daher konzentrierten sich die USA auch bewußt darauf, den Krieg gegen Deutschland noch vor dem Krieg gegen Japan zu gewinnen und ihre Ressourcen entsprechend einzusetzen. Die Rechnung ging auf. Es dauerte noch dreieinhalb Jahre, bis Deutschland besiegt werden konnte, aber dann nur noch drei Monate, bis Japan in die Knie gezwungen war. Es gibt keine einleuchtende Erklärung für diesen Irrsinn Hitlers, obwohl wir wissen, daß er die Handlungsfähigkeit der USA, ganz zu schweigen von ihrem wirtschaftlichen und technologischen Potential, auf gefährliche Weise hartnäckig unterschätzt hat, und das nicht zuletzt, weil er einer Demokratie grundsätzlich jegliche Handlungsfähigkeit absprach. Die einzige Demokratie, die er ernst nahm, war die englische, und zwar gerade weil er sie zu Recht als nicht vollkommen demokratisch betrachtete.

      Beide Entschlüsse, in Rußland einzufallen und den USA den Krieg zu erklären, haben den Ausgang des Zweiten Weltkriegs entschieden. Doch das war nicht sofort klar, da die Achsenmächte den Gipfel ihres Erfolges Mitte 1942 erreicht und die militärische Initiative bis 1943 noch nicht vollständig verloren hatten. Außerdem hatten die Westalliierten auf dem europäischen Kontinent bis 1944 nicht wirklich Fuß fassen können; sie hatten zwar die Achsenmächte aus Nordafrika vertreiben und Italien durchqueren können, aber von der deutschen Wehrmacht wurden sie noch erfolgreich in Schach gehalten. Inzwisehen war die Luftstreitmacht zur wichtigsten Waffe der Westalliierten gegen die Deutschen geworden; doch selbst diese erwies sich, wie die spätere Forschung zeigen sollte, als spektakulär unwirksam und nur darin erfolgreich, Zivilisten zu töten und Städte in Schutt und Asche zu legen. Nur die sowjetischen Truppen konnten immer weiter vorrücken, und nur auf dem Balkan – hauptsächlich in Jugoslawien, Albanien und Griechenland – konnte eine im wesentlichen von Kommunisten geführte, bewaffnete Widerstandsbewegung die Deutschen (mehr aber noch die Italiener) vor ernsthafte militärische Probleme stellen. Dennoch hatte Winston Churchill recht, als er nach Pearl Harbor in einem vertraulichen Gespräch behauptete, daß der Sieg »durch den Einsatz von angemessenen Mitteln mit gewaltiger Durchschlagskraft« gesichert sei (Kennedy, S. 347). Ab Ende 1942 bezweifelte dann auch niemand mehr, daß die Große Allianz gegen die Achsenmächte gewinnen würde. Und die Alliierten begannen sich auf die Frage zu konzentrieren, was sie mit ihrem absehbaren Sieg anfangen sollten.

      Wir brauchen den Ablauf der militärischen Aktionen nicht weiter zu verfolgen. Aber der Hinweis sei noch angebracht, daß sich der deutsche Widerstand im Westen, sogar nachdem die Alliierten im Juni 1944 wieder mit aller Macht den Kontinent betreten hatten, nur schwer brechen ließ und daß es, anders als 1918, keine Anzeichen eines deutschen Aufstands gegen Hitler gab. Nur einige deutsche Generäle, das Herz der aus preußischer Tradition hervorgegangenen Militärmacht und Effektivität, versuchten im Juli 1944 Hitlers Sturz herbeizuführen. Es waren eher rational denkende Patrioten denn enthusiastische Anhänger der wagnerianischen Götterdämmerung, in der Hitlers Deutschland völlig zerstört worden wäre. Doch sie hatten keinerlei Unterstützung von den Massen, ihr Attentat schlug fehl, und en masse wurden sie von Hitlers Getreuen hingerichtet.

      Im Osten gab es noch weniger Anzeichen, daß Japan mit seiner Entschiedenheit, bis zum Ende zu kämpfen, brechen würde. Um eine schnelle Kapitulation Japans zu erzwingen, wurden Atombomben über Hiroshima und Nagasaki abgeworfen. Der Sieg 1945 war total, die Kapitulation bedingungslos. Die besiegten Feindstaaten wurden vollständig von den Siegern besetzt. Ein formeller Friede wurde nicht geschlossen, weil zumindest in Deutschland und Japan keine andere Autorität als die der Besatzungsmächte anerkannt wurde. Friedensverhandlungen noch am nächsten kam eine Reihe von Konferenzen zwischen 1943 und 1945, auf denen die wichtigsten Alliierten – die USA, die Sowjetunion und Großbritannien – die Aufteilung der Siegesbeute vereinbarten und versuchten (nicht besonders erfolgreich), ihre gegenseitigen Beziehungen für die Zeit nach dem Krieg zu regeln: 1943 in Teheran, im Herbst 1944 in Moskau, im Februar 1945 in Jalta auf der Krim und im August 1945 in Potsdam. Erfolgreicher war eine Serie von interalliierten Verhandlungen zwischen 1943 und 1945, bei denen ein allgemeiner Rahmen für die wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen den Staaten vereinbart wurde, darunter auch die Gründung der Vereinten Nationen. Dazu später mehr (siehe Neuntes Kapitel).

      Sehr viel mehr noch als der Große Krieg wurde der Zweite Weltkrieg von beiden Seiten bis zum bitteren Ende ausgefochten, ohne daß ernsthaft an einen Kompromiß gedacht worden wäre – abgesehen von Italien, das 1943 sein politisches Regime und die Seiten wechselte; später wurde Italien daher auch nicht als besetztes Gebiet behandelt, sondern als besiegtes Land mit einer anerkannten Regierung. (Was nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken war, daß es den Alliierten während zweier Jahre nicht gelungen war, die Deutschen und eine von ihnen abhängige faschistische »Soziale Republik« unter Mussolini aus der einen Hälfte von Italien zu vertreiben.) Diese Kompromißlosigkeit auf beiden Seiten im Zweiten Weltkrieg, anders als im Ersten Weltkrieg, bedarf keiner besonderen Erklärung. Denn dieser Krieg wurde auf beiden Seiten als Religionskrieg geführt oder, in modernen Worten, als Krieg der Ideologien. Und für die meisten beteiligten Länder war er vor allem ein Kampf ums Überleben. Der Preis der Unterwerfung unter das Regime der deutschen Nationalsozialisten war Versklavung und Tod, wie sich vor allem in Polen, in den besetzten Gebieten der Sowjetunion und am Schicksal der Juden gezeigt hatte, deren systematische Ausrottung einer ungläubigen Welt Schritt für Schritt bekanntwerden sollte. Folglich wurde der Krieg ohne Einschränkungen geführt. Der Zweite Weltkrieg eskalierte vom Massenkrieg zum totalen Krieg.

      Die wahren durch ihn entstandenen Verluste sind nicht zu errechnen, und selbst approximative Schätzungen sind unmöglich, da in diesem Krieg (im Gegensatz zum Ersten Weltkrieg) Zivilisten genauso umstandslos getötet wurden wie Soldaten und da das schlimmste Morden in Regionen oder zu Zeiten stattfand, in denen niemand in der Lage oder willens war, die Toten zu zählen. Die unmittelbar durch diesen Krieg verursachten Opfer an Menschenleben liegen vermutlich bei der drei- bis vierfachen Höhe der (geschätzten) Zahlen für den Ersten Weltkrieg (Milward, S. 270; Petersen, 1986) oder, in anderer Zählweise: bei etwa 10–20 Prozent der gesamten Bevölkerung der Sowjetunion, Polens und Jugoslawiens und bei 4–6 Prozent der Bevölkerungen Deutschlands, Italiens, Österreichs, Ungarns, Japans und Chinas. Die Zahl der Opfer in Großbritannien und Frankreich war wesentlich geringer als im Ersten Weltkrieg – etwa 1 Prozent –, doch etwas СКАЧАТЬ