SoKo Heidefieber. Gerhard Henschel
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Название: SoKo Heidefieber

Автор: Gerhard Henschel

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783455008340

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СКАЧАТЬ am Zellersee zu Tode gekommen war.

      Jede Zeile dieser Szene stand Weindl wieder vor Augen:

      »Ich serviere dir zwei Gänge«, sagte der Unbekannte und kippte das erste Plastikfaß aus. Fünfzehn Löwenmähnenquallen schwappten in das Wasser. Sie gehörten zum Stamm der Nesseltiere und gesellten sich sofort zu dem rosaroten Menschenleib, der ihnen keinen Widerstand leisten konnte. Mit ihren Tentakeln riefen sie eine starke allergische Reaktion hervor. An Steinmaiers Haut auf den Beinen und am Gesäß bildeten sich rötliche Quaddeln.

      »Holen Sie mich hier raus!« schrie er. »Ich gebe Ihnen alles, was Sie wollen!«

      »Zu spät«, knurrte der Unbekannte und kippte das andere Faß aus. »Hier kommt der nächste Gang, mein Herr …«

      Eine zwei Meter lange Streifenruderschlange, deren Biß tödlich war, glitt aus dem Wasserschwall und steuerte Steinmaiers haarige linke Wade an. Der Homo sapiens fiel zwar nicht in ihr Beuteschema, aber wie hieß es so schön? In der Not frißt der Teufel Fliegen …

      Und diese Schlange war wirklich außergewöhnlich hungrig. Dafür hatte ihr Eigentümer umsichtig gesorgt. Falls »Eigentümer« der richtige Ausdruck war, denn er hatte sie illegal erworben, in Doha am Persischen Golf, und sie nach Deutschland geschmuggelt, um ein bißchen Spaß mit ihr zu erleben.

      Nun war es soweit. Steinmaier brüllte und bäumte sich auf, das Wasser schäumte, und dann umhüllte eine Blutwolke die Beine und den Unterleib des Opfers. Sie erinnerte den Unbekannten an das zerfließende Abendrot in einem Gemälde von William Turner, das er in der National Gallery in London gesehen hatte. Guter Maler. Schade nur, daß Turner die Nachahmung seiner Farbgebung in Steinmaiers Jacuzzi nicht bestaunen konnte.

      Aber wie, fragte sich Weindl, soll dieser Wahnsinnige, der mich überfallen hat, an eine Streifenruderschlange gekommen sein? Oder an fünfzehn Löwenmähnenquallen? Das hier war das reale Leben und nicht irgendeine Räuberpistole, in der sich die Gesetze der Wahrscheinlichkeit nach Belieben außer Kraft setzen ließen …

      »Falls Sie sich gerade an ein bestimmtes Romankapitel erinnert fühlen sollten«, sagte der Einbrecher, während er das zweite Faß hereinrollte, »dann beglückwünsche ich Sie zu Ihrer Intuition. Sie haben richtig geraten. Ich habe weder Kosten noch Mühen gescheut, um für unser Treffen alles so zu arrangieren, wie es Ihren Vorstellungen entspricht. Oder sollte ich sagen: für unser kleines Picknick?«

      In der Hoffnung, aus dieser Nummer doch noch herauszukommen, prägte Weindl sich das Äußere des Einbrechers gut ein: Mitte fünfzig, glattes schwarzes Haar, kurzgeschnitten, Blumenkohlohren, hellbraune Augen, hohe Stirn, breite Wangenknochen, breite Nase, Kinngrübchen, muskulös, Größe ungefähr eins achtzig, schwarze Lederjacke, rotes Oberhemd, blaue Leinenhose … und an den Füßen keine Schuhe, sondern … ja, was? Gefrierbeutel? Jedenfalls irgendwas aus Plastik. Solche Treter, wie Mark Wahlberg sie im Finish des Thrillers »The Departed« getragen hatte, um beim Mord an Matt Damon keine Spuren zu hinterlassen.

      »Dann wollen wir mal«, sagte der Einbrecher und löste den Deckel vom ersten Faß. »Hier kommt das Vorgericht. Ach nein, verzeihen Sie, ich wollte sagen: Hier kommen ein paar Dinnergäste. Denn das Vorgericht sind Sie ja selbst.«

      »Wardet Sie!« rief Weindl. »Könna mir darübr ned no mol schwätza? I könnda Ihna Milliona geba, verschdehet Sie? Milliona!«

      »Geld ist nicht alles«, sagte der Einbrecher und schüttete das Faß aus, in dem sich, wie versprochen, fünfzehn Löwenmähnenquallen befanden. An Süßwasser waren sie nicht gewöhnt, doch es gab da ja jemanden, an dem sie ihren Ärger auslassen konnten.

      Weindl wand sich und schrie: »Des könnet Se mir ned andun! Womid soll i des verdiend han? Saget Sie mir des!«

      »Der Kavalier genießt und schweigt«, sagte der Einbrecher und öffnete das zweite Faß. »Gestatten: Mister Hydrophis cyanocinctus. Es freut mich, Sie mit Herrn Justus Weindl bekanntmachen zu dürfen, der seinen Lesern schon viel von Ihnen erzählt hat. Er ist ganz versessen darauf, Sie näher kennenzulernen …«

      »Dun Se des ned!« schrie Weindl, doch der Einbrecher hatte das Faß bereits angekippt, und die ausgehungerte Streifenruderschlange, die herausschnellte, hielt sich nicht mit Formalitäten auf. In der freien Wildbahn hätte sie als Leckermäulchen einen großen Bogen um jemanden wie Justus Weindl gemacht, aber unter diesen Umständen nahm sie jedes Nahrungsangebot an.

      Die letzte klar artikulierte Äußerung, die er von sich gab, lautete: »Des werd i Ihna heimzahla!«

      Worauf der Einbrecher erwiderte: »Von mir aus gern. Aber womit? Das letzte Hemd hat keine Taschen, Herr Weindl.«

      Waldemar König bollerte mit der Faust auf den Tisch. »Wenn das so ist, will ich Ihren Vorgesetzten sprechen!«

      »Wie Sie wünschen«, sagte Kommissar Gerold bedächtig. »Der wird Ihnen aber auch keine andere Auskunft erteilen können.«

      »Und warum nicht? Ich schwebe in Lebensgefahr!«

      »Herr König, haben Sie sich mal angesehen, was bei Wikipedia unter dem Stichwort Regionalkrimi steht? Da werden allein für Deutschland mehr als einhundert Autoren verzeichnet! Wenn wir alle diese Schreiberlinge unter Polizeischutz stellen wollten, könnten wir keinen einzigen Fall mehr bearbeiten.«

      »Sparen Sie sich Ihre Schmähungen«, versetzte König. »Ich verlange nur für mich persönlich Polizeischutz! Weil ich besonders stark gefährdet bin. Diese Mordserie hat in der Lüneburger Heide begonnen, und ich bin nun mal der prominenteste lebende Autor von Kriminalromanen, die hier in der Heide spielen!«

      Seine Bartspiralen vibrierten, und Kommissar Gerold fragte sich, ob König wohl schon mal bei einer dieser Bartweltmeisterschaften angetreten war, von denen gelegentlich im Vorabendprogramm berichtet wurde. Mit seinem kunstreich herangezüchteten Monumentalschnäuzer, dachte Gerold, hätte dieser Mann gute Chancen auf einen Vorrundenplatz, und wenn er noch drei oder vier Spiralen mehr aus dem Bart herausquälte, wäre vielleicht sogar das Achtelfinale drin. Ob es wohl Duschhauben für solche Bärte gab? Damit sie nicht ihre Form verloren, während das Haupthaar shampooniert und abgebraust wurde?

      »Hören Sie mir überhaupt zu, Herr Kommissar?«

      »Entschuldigung. Ich war mit meinen Gedanken gerade woanders. Wie gesagt, Sie können sich von meinem Vorgesetzten gern bestätigen lassen, daß Sie mit Ihrem Gesuch bei uns an der falschen Adresse sind. Wenn Sie sich bedroht fühlen, sollten Sie sich an eine private Wachschutzfirma wenden und Bodyguards anheuern. Für eine Celebrity wie Sie dürfte das ja kein Problem sein. Finanziell, meine ich.«

      König riß die Augen weit auf und beugte sich vor. »Damit wir uns recht verstehen, Herr Kommissar«, sagte er. »Ich rede hier nicht von zwei schläfrigen Schupos, die vor meiner Haustür Wache halten sollen. Ich will in Ihr verficktes Zeugenschutzprogramm! Das ist mir der deutsche Rechtsstaat schuldig! Haben Sie irgendeine Ahnung davon, was ich in den letzten fünf Jahren an Steuern gezahlt habe?«

      Den Siegeszug des Adjektivs »verfickt«, dachte Gerold, haben wir vermutlich den schlecht synchronisierten amerikanischen Spielfilmen zu verdanken, in denen alle naselang jemand »fucking« sagt. Und hier stand nun ein Irrer aus Schneverdingen und begehrte ein »verficktes Zeugenschutzprogramm« für sich, obwohl er gar nichts zu bezeugen hatte.

      »Gut«, sagte Gerold. »Ich sehe es ein. Wir nehmen Sie in unser Zeugenschutzprogramm auf. Und Sie haben die freie Wahl. Wohin möchten Sie lieber umziehen? Nach Buxtehude oder nach Rotenburg an der Wümme? Wir können Ihnen in beiden СКАЧАТЬ