SoKo Heidefieber. Gerhard Henschel
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Название: SoKo Heidefieber

Автор: Gerhard Henschel

Издательство: Readbox publishing GmbH

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783455008340

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СКАЧАТЬ Schreibtisch, nikotingedüngte Tapetenbahnen mit Rissen und Löchern, ein anscheinend vom Sperrmüll stammender Garderobenständer mit einer verschlissenen Anzugjacke, aus deren Falten allen Ernstes eine Motte hervorkroch, ein schiefes Blechregal mit einer bunten Mischung aus Leergut, Papierhaufen, Pizzakartons und zerfledderten Herrenmagazinen, ein Rubbelglasfenster, das an vier oder fünf Stellen gesprungen war, an der Wand ein zwanzig Jahre alter Pirelli-Kalender, und hinter dem Schreibtisch fläzte sich ein Mann mit dem Charisma einer Wanze und der Visage einer Kröte: der Frankfurter Detektiv Manfred Jockel. Seine Beine lagen übereinandergeschlagen auf dem Tisch, so daß Dibelius freie Sicht auf das Loch in der einen Schuhsohle hatte.

      »Nehmen Sie Platz«, sagte Jockel und wies auf einen Klappstuhl. An dessen Rückenlehne prangte ein Aufkleber mit der Aufschrift: »Die Arbeit ruft, aber ich kann ja nicht alles hören!«

      Dibelius fragte sich, ob er nicht besser umkehren solle. Doch er setzte sich, denn für seinen Etat waren die seriöseren Detekteien nun einmal zu teuer, und auf einen Versuch konnte man es ja ankommen lassen.

      »Herr, äh …«

      »Jockel«, sagte Jockel. »Sie können auch Freddy zu mir sagen. Liegt ganz bei Ihnen. Wollen Sie ’n Drink?«

      »Nein danke.«

      »Ich aber schon. Alles ist vergänglich, nur der Durst bleibt lebenslänglich!« Er goß sich ein großes Glas Springer Urvater ein, trank daraus, steckte sich einen Zigarillo an, legte den Kopf in den Nacken, blies den Qualm durch die behaarten Nasenlöcher aus und nahm den neuen Klienten ins Visier. »Telefonisch hatten Sie ja schon angedeutet, daß es um Tod oder Leben geht. Dann kommen Sie doch mal zur Sache.«

      »Könnten Sie vielleicht das Fenster öffnen?« fragte Dibelius. »Ich bin Nichtraucher.«

      »Können könnte ich das schon«, erwiderte Jockel, »aber das würde uns beiden leidtun, denn im Parterre werden Schweine geschlachtet, und ich versichere Ihnen, daß der Rauch in diesem Raum deliziöser ist als der Blutgeruch aus dem Hof. Und nun schießen Sie mal los, mein Männeken. Raus mit der Sprache. Ich bin gespannt!«

      Dibelius sah Jockel mißvergnügt dabei zu, wie er sich einen weiteren Schluck Springer Urvater einverleibte. Konnte dieser Trunkenbold der Aufgabe gewachsen sein, einen Serienmörder dingfest zu machen?

      »Herr Jockel«, sagte Dibelius, »Sie haben doch sicher von den vier Morden an Schriftstellern gehört …«

      »Ja, logisch.«

      »Ich bin der stellvertretende Vorsitzende des Vereins der deutschsprachigen Kriminalromanautoren, und wir möchten Sie damit beauftragen, den Mörder zu finden. Weil die Polizei schläft.«

      »Ach? Und wieso hab ich hier nur den Stellvertreter vor mir? Und nicht den Obermacker Ihres Vereins?«

      »Der Vereinsvorsitzende, Herr Echternhagen, befindet sich derzeit zur Kur in Bad Orb.«

      »In Bad Orb? Da sollte er sich aber in acht nehmen«, sagte Jokkel. »Bad Orb ist das deutsche Sinaloa. Seit letztem Jahr genau aufgeteilt zwischen den Günzelmann-Brüdern und dem Borngässer-Drogensyndikat. Nein, war nur Spaß! Reden Sie weiter …«

      Dibelius sammelte sich. Selbst über die Strecke von drei Metern hinweg registrierte er Jockels fauligen Mundgeruch. Was mochte dieser Unhold zuletzt gegessen haben? Eine Wanderratte? Oder Menschenfleisch?

      »Es ist uns ernst mit diesem Auftrag, Herr Jockel. Finden Sie den Mörder! Wir werden Sie auch gut bezahlen!«

      »Meine Grundpauschale beträgt fünftausend Euro«, sagte Jockel. »Zahlbar sofort. Und für jede Arbeitsstunde berechne ich dreißig Euro. Auslagen gehen extra. Erlauben Sie mir die Frage, wie Sie auf mich gekommen sind?«

      »Sie sind uns von einem unserer Mitglieder empfohlen worden. Waldemar König. Er sagt, Sie hätten ihm einmal außerordentlich gute Dienste geleistet.«

      Jockel schmunzelte. An diesen Job erinnerte er sich gut. König war von einem vorwitzigen Steuerfahnder belästigt worden, und Jockel hatte den Mann mit Hilfe einer Strapsmaus von der Reeperbahn in eine Sexfalle gelockt und ihn dadurch so gefügig gemacht wie einen Zirkusfloh. Über das stattliche Erfolgshonorar hinaus hatte Jockel dieser Coup eine Dauerüberweisung in Höhe von monatlich eintausend Euro aus dem Säckel des düpierten Steuerfahnders eingetragen.

      Und von diesem feixenden Proleten erwarten wir die Lösung unserer Probleme, dachte Dibelius zweiflerisch, als er die Anzahlung auf den Tisch blätterte und Jockel fragte, wo er denn anzusetzen gedenke.

      »Das überlassen Sie mal mir«, sagte Jockel. Er prüfte die Geldscheine im Licht seiner trüben Schreibtischfunzel. »Ich habe Kontakte.«

      »In die Unterwelt?« fragte Dibelius. Er hatte selbst einmal einen Krimi geschrieben – »Die Eispickelmörder« –, der aber gefloppt war, und er wollte gern mehr über das kriminelle Milieu erfahren. Aus erster Hand.

      »Nein«, blaffte Jockel. »Ins Müttergenesungswerk! Und nun huschen Sie zurück in Ihr Körbchen. Ihr Auftrag ist angenommen. Sie hören dann von mir.«

      Die Schautafeln mit den blutigen Tatortfotos hatten es in sich, aber den Magen drehte es Ute Fischer erst um, als Erwin Zapp ihr eine Schachtel Pralinen unter die Nase hielt. Confiserie-Trüffel von Sprengel. »Eine kleine Aufmerksamkeit. Zur Einstimmung auf unser Teamwork. Ich habe eben mit Kommissar Riesenbusch gesprochen, und er hat uns derselben Arbeitsgruppe zugeteilt. Die ich übrigens leiten werde. Wir sollen uns zielführende Maßnahmen überlegen, die abseits der Routine liegen. Stichwort Brainstorming. Dürfte Koryphäen wie uns ja nicht schwerfallen …«

      Een fule Ei verdarft dat ganze Nüst, dachte Ute. »Und wer ist sonst noch mit im Boot?«

      »Außer uns zwei Hübschen? Kommissar Gerold, den Sie ja schon kennen, der liebe Herr Wiesling, die Kommissarinnen Schubert und Farian, die an dem Hachenburger Saunamord dran sind, und last but not least der Analyst Sven Haberfeld. Guter Mann. Hat voriges Jahr den Erpresser des Kaufhauskönigs Riedl überführt. Ist aber irgendwie schräg drauf. Nimmt nur Hülsenfrüchte zu sich, war mal Großmeister im Schach, spielt Querflöte und fährt jedes Jahr zu den Salzburger Festspielen. Typisches Tukkenverhalten. Aber sagen Sie’s nicht weiter!«

      Er zwinkerte ihr verschwörerisch zu, und in der Sitzung lief er zu einer noch größeren Form auf. »Mesdames et Messieurs«, sagte er, »Sie wissen, weshalb wir uns hier versammelt haben. Es geht ein Mörder um in Deutschland, und nur wir können ihn stoppen. Ich habe gestern abend noch sehr lange fernmündlich mit meinem alten Kollegen Ray Berry von der Behavioral Analysis Unit im National Center for Analysis of Violent Crime in Quantico in Virginia gesprochen, und wir sind beide der Meinung, daß der Täter schizophren ist. Als FBI-Agent hat Ray Erfahrung mit solchen Mißgeburten, und er hat mir dazu geraten, eine Rundmail an alle deutschen Psychiater zu schicken. Mit einem auf den Täter zugeschnittenen Fragebogen. Den könnten Kommissarin Fischer und ich dann gemeinsam erarbeiten …«

      Kommissar Gerold sah Ute Fischer erschauern und tischte eine andere Idee auf. Er habe sich kundig gemacht, was diese Krimis angehe, sagte er. Ganz oben auf allen Bestsellerlisten stehe jetzt der Regionalkrimi »Mittelrheinfieber« von Bennatz Neuß aus der Verbandsgemeinde Bad Breisig am Rhein. »Da fährt der Mörder mit einem Transporter auf die Festung Ehrenbreitstein und läßt hinten aus dem Wagen einen scharfgemachten Rottweiler raus, damit er aus einem Drogendealer Hackfleisch macht. Das ist der einzige Mord in diesem Krimi, und es ist gut möglich, daß der Täter ihn gelesen hat. Vielleicht können wir Bennatz Neuß als Lockvogel einsetzen. Sofern er Lust dazu haben sollte, auf der Festung СКАЧАТЬ