Название: SoKo Heidefieber
Автор: Gerhard Henschel
Издательство: Readbox publishing GmbH
Жанр: Зарубежные детективы
isbn: 9783455008340
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»Zum Bahnhof. Und um zehn nach zehn bin ich in den Metronom gestiegen. Die Fahrkarte müßte hier noch irgendwo rumliegen. Ich kann Ihnen sogar zwei Zeugen für mein Alibi nennen, denn der Schaffner, der meine Fahrkarte kontrolliert hat, ist ein Vetter von mir, und der Taxifahrer, der mich heimgefahren hat, ist ein Schwager meiner Nachbarin.«
»Gibt es einen tieferen Grund dafür, daß Sie Herrn Breddeloh vor versammelter Mannschaft angegriffen haben?« fragte Kommissar Gerold.
Peters räusperte sich. »Ich bin Literaturkritiker«, sagte er. »Ich habe Herrn Breddeloh wegen seiner Schlamperei zur Rede gestellt. Das wird ja wohl noch erlaubt sein. Wenn ich jeden Autor ermorden wollte, dessen Romane ich schlecht finde, hätte ich mehr zu tun als ein einarmiger Akkordeonspieler …«
Kommissar Gerolds Blick schweifte über die Rücken der Bücher in den Regalen. »Haben Sie die alle gelesen?« fragte er.
»Chef, ich meine, Gerold«, sagte Kommissarin Fischer, als sie wieder im Wagen saßen, »jetzt mal ernsthaft: Was wollten Sie mit dieser bescheuerten Frage bezwecken?«
»Das hat mich halt interessiert«, sagte er. »Wenn einer seine Bude dermaßen mit Büchern vollstopft, kann man das doch fragen …«
»Aber uns ist hoffentlich beiden klar, daß Alwin Peters als Verdächtiger ausscheidet.«
»Ja. Leider. Und jetzt sollten wir uns mal diesen Waldemar König vornehmen.«
»Den fragen Sie dann aber bitte nicht, ob er die Bücher, die ihm gehören, alle gelesen hat.«
»Und wieso nicht?«
»Weil das nur Idioten fragen.«
Er sah sie an, doch sie blickte geradeaus, und er musterte ihre Adlernase. Andere Frauen hätten sich einen solchen Höcker wegoperieren lassen, dachte er. Aber dafür mußte man wohl ein klein wenig mehr verdienen. Und bei Licht betrachtet sah sie gar nicht so verkehrt aus, diese Nase. Irgendwie indianisch. Oder persisch. Doch man hieß nicht mit Nachnamen Fischer, wenn man indianische oder persische Gene hatte. Es sei denn, daß sich irgendwann eine Indianerin oder eine Perserin in den Stammbaum verlaufen hatte …
Kommissar Gerold schnallte sich an und straffte sich, wobei ihm auffiel, daß es klüger gewesen wäre, sich erst zu straffen und dann anzuschnallen. Im unangeschnallten Zustand hätte er beim Straffen mehr Bewegungsfreiheit gehabt und das Augenmerk der Fischerin leichter auf seinen Brustkorb lenken können, für dessen Umfang er vor zehn, zwölf Jahren viel getan hatte, an der Kraftstation, als seine Ehe noch nicht im Eimer gewesen war.
Am Rande von Schneverdingen bewohnte Waldemar König, 48, ein »Nurdachhaus«, das so hieß, weil es keine Seitenwände hatte, und er servierte seinen Besuchern Fencheltee in selbstgetöpferten Keramiktassen. Das alles hätte schon genügt, um Kommissar Gerolds Stimmung zu dämpfen, aber König trug außerdem einen Schnurrbart zur Schau, der waffenscheinpflichtig zu sein schien: ein beidseitig in eine neunfache Spiralform gezwirbeltes Ding, das starke Zweifel an der Intelligenz seines Besitzers nährte.
»Kannten Sie Breddeloh persönlich?« fragte Kommissarin Fischer.
»Nein«, sagte König, und Kommissar Gerold sah angewidert zu, wie der Befragte ein Schlückchen Fencheltee schlipperte und es dabei sorgfältig vermied, seine Barthaare zu benetzen.
»Haben Sie denn mal ein Buch von ihm gelesen?«
»Ja. Diesen Fehler habe ich jedoch nur ein einziges Mal begangen. Über Breddelohs Charakter steht mir kein Urteil zu, aber als Autor ist er ein Stümper gewesen.«
»Und wo waren Sie in der Tatnacht?« fragte Kommissar Gerold. »Zwischen zehn Uhr abends und drei Uhr morgens?«
»In einem Puff in Soltau«, sagte König und lächelte. Vielleicht aus stiller Freude über die Verblüffung, die seine Antwort ausgelöst hatte, vielleicht aber auch nur wegen der süßen Erinnerung an seine Erlebnisse in der Soltauer Lustoase. »Dort hat man mich schon um zwanzig Uhr willkommen geheißen, und wenn mein Gedächtnis mich nicht trügt, bin ich erst um fünf Uhr morgens wieder gegangen. Das können Mandy, Pamela, Daisy und Coco bezeugen.« Er zückte ein Kärtchen und reichte es Kommissar Gerold. »Hier finden Sie alle notwendigen Angaben, was diesen kleinen, exklusiven Club betrifft. Sie können die Damen von mir grüßen. Doch ich warne Sie: Die Tarife, die man dort verlangt, liegen ein paar Zentimeter oberhalb Ihrer Gehaltsstufe …«
Das Lächeln, das Königs Lippen unterhalb seiner Bartgirlanden umspielte, wurde breiter, aber Kommissar Gerold blieb bei der Sache. »Wir werden das überprüfen. Und lassen Sie uns nochmal auf Ihr Verhältnis zu Armin Breddeloh zurückkommen. Seine Krimis sind größere Verkaufsschlager als Ihre eigenen. Sehe ich das richtig?«
Wenn König sich von dieser Bemerkung vor den Kopf gestoßen fühlte, wußte er es gut zu verbergen. Es sei ihm begreiflich, sagte er, daß ein schlichtes Polizistengehirn ihn für den Mörder halte und ihm als Motiv den Neid auf Breddelohs Bestseller unterschieben wolle. »Sehen Sie sich doch mal das Ranking bei Amazon an. Im Hinblick auf Armin Breddelohs Buchverkäufe ist seine Ermordung der größte Glücksfall seines Lebens. Bei den Krimis steht sein neuer Roman jetzt auf dem ersten Platz, und Sie dürfen mir glauben, daß ich keinen Finger gerührt hätte, um irgendetwas zu diesem Hype beizutragen. Haben Sie sonst noch Fragen?«
»Dieser ekelhafte, selbstgefällige, fenchelteeschlabbernde Hurenbock mit seinem Kotzbrockenbart!« schrie Kommissarin Fischer, als sie neben Kommissar Gerold wieder im Wagen saß. »Wieso haben wir den nicht gleich in Beugehaft genommen? Wenn ich den mal als Falschparker erwischen sollte, dann gnade ihm Gott!«
Kommissar Gerold unterbrach sie nicht. Er aß ein Snickers, schaute aus dem Fenster und wartete das Ende des Wutausbruchs ab.
Doch sie war noch lange nicht fertig. »Glaubt dieser Pestfetzen im Ernst, daß er was Besseres ist als Armin Breddeloh? Und daß er mit seinem Heidegrabschändermüll den Literaturnobelpreis abgreifen kann? Und was sollte das anzügliche Geläster über Ihre Gehaltsstufe? Darauf ist er wohl auch noch stolz, dieser miese, eingebildete, vernagelte und arrogante Schmierlappen, der sich heute abend wahrscheinlich wieder in Soltau gesundstößt! He leeft as ’n Graf un geiht in Samt un Siede, aver fründelk is he as ’n Arm vull Slangen!«
»Stammen Sie aus Ostfriesland?«
»Jau!«
»Eigentlich schade, daß Sie Herrn König das alles nicht ins Gesicht gesagt haben.«
»Dat haar ick man daun sullt …«
»Fertig?«
»Weet ick noch neet.«
»Statt zu schimpfen, sollten Sie lieber ein stilles Gebet sprechen und den lieben Gott darum bitten, daß Königs Alibi wasserdicht ist. Oder würden Sie ihn gern ein zweites Mal verhören?«
»Das nicht. Aber Handschellen würde ich ihm schon gern anlegen …«
2
Die Kleinstadt Hachenburg im Westerwald bot ein Bild des Friedens. Fleißige Einzelhändler dekorierten ihre Schaufenster, die örtlichen Taxibetriebe wickelten die Fahrten der Dialysepatienten ab, im Forstlichen Bildungszentrum wurde ein Rezept für Wildkraftbrühe mit Rehnudeln ausgearbeitet, und in der hochklassigen Hähnelschen Buchhandlung СКАЧАТЬ