Jesus war kein Europäer. Kenneth E. Bailey
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Название: Jesus war kein Europäer

Автор: Kenneth E. Bailey

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783417228694

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СКАЧАТЬ 3. Glückselig die Sanftmütigen,denn sie* werden das Land erben. 4. Glückselig, die nach der Gerechtigkeit hungern und dürsten,denn sie* werden gesättigt werden. 5. Glückselig die Barmherzigen,denn ihnen* wird Barmherzigkeit widerfahren. 6. Glückselig, die reinen Herzens sind,denn sie* werden Gott schauen. 7. Glückselig die Friedensstifter,denn sie* werden Söhne Gottes heißen. 8. Glückselig die um Gerechtigkeit willen Verfolgten,denn ihrer* ist das Reich der Himmel. 9. Glückselig seid ihr, wenn sie euch schmähen und verfolgen – und alles Böse lügnerisch gegen euch reden werden – um meinetwillen. Jesus Freut euch und jubelt, + denn euer Lohn ist groß in den Himmeln; + denn ebenso haben sie die Propheten verfolgt, die vor euch waren.

      Abbildung 5.2: Die Seligpreisungen in Matthäus 5,3-12

      „Selig“ oder „glückselig“ – das kann im Deutschen schnell gefühlsduselig klingen. In den biblischen Grundsprachen aber bezeichnet „glückselig“ kein Gefühl und auch keinen bloßen Wunschzustand, sondern eine reale Gegebenheit. Die Wörter ‘āšîr (hebräisch) und makarios (griechisch) „beschreiben […] einen schon bestehenden Zustand des Glücklichseins oder des Glücks“.68 Das heißt, sie bestätigen eine bereits vorhandene Eigenschaft geistlichen Lebens. In den Seligpreisungen steht dafür das griechische Wort makarios, das mit „selig“ oder „glückselig“ übersetzt wird. Die dritte Seligpreisung bei Matthäus z. B. sollte man also nicht in folgendem Sinne verstehen: Wenn ihr sanftmütig seid, werdet ihr das Land erben. Die Seligpreisungen als Ganzes bedeuten ebenfalls nicht: „Selig sind die Menschen, die ‚A‘ tun, denn sie werden ‚B‘ empfangen.“ Es geht nicht darum, die Menschen zu einem bestimmten Verhalten zu ermahnen. Stattdessen sollte man die Seligpreisungen mit dem Gedanken lesen: „Schaut euch das Glück der Menschen an, die ‚B‘ haben oder erhalten werden.“

      Ein konkrete, vergleichbare Aussage wäre: „Wie glücklich ist die Tochter von Herrn Holtz, denn sie wird das Familienanwesen erben.“ Die Frau, um die es geht, ist bereits die glückliche Tochter von Herrn Holtz. Sie muss sich das Anwesen nicht erarbeiten. Jeder weiß, dass die Aussicht, eines Tages das Anwesen zu besitzen, ein wichtiger Grund ihres glücklichen und sicheren Lebens ist. Die erste Aussage bekräftigt einen Glückszustand, der bereits existiert. Die zweite Aussage bekräftigt eine Zukunft, die ihr bereits jetzt ein glückliches Leben ermöglicht. Hauck schreibt: „Die Gruppe μακάριος [makarios], μακαρίζειν, μακαριμός hat im NT ihre Besonderheit daran, dass sie ganz überwiegend auf die einzigartige religiöse Freude bezogen ist, die dem Menschen aus dem Teilhaben am Heil des Reiches Gottes erwächst.“69

      Unter Berücksichtigung dieser Definition wenden wir uns nun den Seligpreisungen selbst zu.

      Glückselig die Armen im Geist,

       denn IHRER ist das Reich der Himmel.70

      Was meint Jesus mit „arm im Geist“? Lukas sagt lediglich „Glückselig ihr Armen“. Über diese beiden Sätze wird in der Christenheit der westlichen Welt seit Jahren debattiert. Die einen behaupten, die authentische Stimme Jesu sei in der Aussage im Lukasevangelium zu hören. Den Armen ist von Gott das Glück zugesprochen. Matthäus, so heißt es, habe diese einfache und gewaltige Aussage vergeistlicht. Eine zweite Möglichkeit, den Unterschied zwischen den zwei Sätzen zu begreifen, besteht darin, Jesus im Kontext der prophetischen Tradition zu verstehen, sodass für ihn – wie für Jesaja – die „Armen“ die demütigen und frommen Menschen sind, die Gott suchen. Matthäus’ Formulierung würde in diesem Fall dazu dienen, die ursprüngliche und in der Lukas-Formulierung bereits enthaltene Bedeutung hervorzuheben. In Jesaja 66,2, von wo Jesus seine Formulierung entlehnt, heißt es:

      Aber auf den will ich blicken:

       der arm [‘ānî] und zerschlagen im Geist ist

      und der zittert vor meinem Wort. [eigene Übersetzung]

      Wenn der Leser des Matthäusevangeliums bereits von diesem Text beeinflusst ist – und von anderen ähnlichen Texten aus Jesaja und den Psalmen –, dann braucht er den Zusatz im Geist nicht. Wenn der Hintergrund aus dem Jesajatext nicht bekannt ist, ist der Zusatz arm im Geist zum Verständnis entscheidend. Bei Jesaja bezieht sich das Wort arm nur selten auf Menschen, die nicht genug zu essen haben (Jes 58,7). Vielmehr bezeichnet es in der Mehrzahl der Fälle die demütigen und frommen Menschen, die wissen, dass sie auf Gottes Gnade angewiesen sind, und vor seinem Wort „zittern“.71

      Dann erklärt Jesus, dass diese selig Gepriesenen „Bürger“ des Himmelreiches sind, das ihnen bereits gehört. Doch was ist das für ein Reich? Auf diese Frage gibt es keine Antwort. Alles, was Jesus sagte und tat, hängt irgendwie mit Gottes Königreich zusammen. Es hat mit der Herrschaft Gottes im Leben einzelner Menschen und ganzer Gesellschaften zu tun. Im Vaterunser sind die Worte „Dein Reich komme“ enthalten, die sich offensichtlich auf eine Zukunft beziehen, die sich erst langsam entfaltet. Doch das Reich Gottes ist bereits in Jesus Christus angebrochen, der sagte: „Wenn ich aber durch den Finger Gottes die Dämonen austreibe, so ist also das Reich Gottes zu euch gekommen“ (Lk 11,20).

      Wir leben in der Zwischenzeit zwischen dem Anbruch von Gottes Königreich (seiner Herrschaft), das mit Jesu Kommen auf diese Erde anbrach, und seiner Vollendung am Ende der Zeiten. Unser Kampf um Frieden und Gerechtigkeit auf dieser Erde gehört zur Nachfolge Christi dazu, während wir auf das Königreich auf Gottes neuer Erde, das Gott stiften wird, warten und uns dafür einsetzen.

      In dieser ersten Seligpreisung sagt Jesus, dass die Armen im Geist bereits das Reich Gottes besitzen. Viele Menschen zur Zeit Jesu benutzten den Ausdruck das Reich Gottes als Beschreibung für einen jüdischen Staat, in dem allein Gott König ist.72 Im Gegensatz dazu verkündet Jesus, dass das Königreich bereits bei den Armen im Geist (nicht bei den Zeloten) gegenwärtig ist.

      Die alte syrische Übersetzung dieses Textes lautet: „Es ist ein Glück für die Armen im Geist, dass das Himmelreich СКАЧАТЬ