Название: Telefónica
Автор: Ilsa Barea-Kulcsar
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783990650219
isbn:
Das Telephon klingelte; Pepe steckte den Kopf herein und sagte: »Antworte du, Manolo, du kennst die Leute besser.« Manuel zog seine uniformartige Bluse straff und nahm den Hörer ab. Zuerst verstand er nicht recht, aber er wollte seine Ungeschicklichkeit nicht merken lassen. Dann verstand er aber klar genug: »Vier Junkers, sechs Jagdflugzeuge im Anflug. Alarm geben!«
Nun war es wieder da. Er rief die Hauszentrale an und gab die vereinbarten Stichworte, die er als Responsable genau beherrschen mußte. Damit setzte er den Alarmapparat des gewaltigen Hauses in Bewegung, ohne den Kommandanten zu fragen. Aber das war Notstand. Alle Lichter aus. Nur die Taschenlampen und an ein paar Stellen die kleinen, mattblauen Notlampen, und Achtung mit den Taschenlampen! Was hatte er im Stock selbst zu tun? Er ging rasch hinaus und verständigte Pepe. Dieser wischte sich die Stirn und schlug vor, den Comandante im Keller suchen zu gehen.
»Geh nur du, wenn du Angst hast«, sagte Manuel. »Ich bleibe im Stock, einer muß das Telephon bedienen. Warte nur noch, bis ich mir die anderen Räume angesehen habe.«
Er machte in Hast die Runde. Die wenigen Menschen, die im achten Stock arbeiteten, waren schon im Stiegenhaus. Alarmpfeifen, Lärm von vielen Menschen auf der Treppe. Manuel kehrte wieder in die Kommandantur zurück, wo Pepe wartete. Der Gang bis dorthin war dunkel, der fensterlose Vorsaal schwarz, die kleine Taschenlampe drang nicht durch. Er stieß gegen Ecken und Kanten und fühlte sich im Stich gelassen, bis er die Stimme des Alten hörte »Hola, Manuel!«
Ein mattes Taschenlampenlicht blinkte auf (Pepe hat eine schlechte Batterie, sie wird bald ganz versagen und Batterien sind knapp geworden, dachte er), dann rief Pepe heiser: »Agustín hat angerufen, er kommt herauf. Ich muß nicht dabei sein, sagt er, wenn jemand anderer Verläßlicher heroben ist. Ich gehe. Ich kann die Junkers nicht leiden, sie tun meinen Magennerven nicht gut.«
»Geh in Teufels Namen, altes Schwein«, erwiderte Manuel, ernstlich gereizt und aufgeregt. Er lauschte auf die stolpernden, sich entfernenden Fußtritte im langen Korridor und ging dann mit einer Willensanstrengung ins Kommandantenzimmer. Er versuchte, sich zurechtzufinden: Das ist der große Armsessel, das ist die Tischkante, das ist das eine Fenster. Wenn ich die Taschenlampe auslösche, kann ich dieses Fenster aufmachen und horchen. Es ist sicher eine Dummheit, daß ich nicht in den Keller gehe. Aber so will ich wenigstens hören können, wie weit die Flieger von uns sind. Und wo bleiben unsere Abwehrgeschütze?
Er blickte in die beklemmende Dunkelheit hinaus, in der nur der Himmel einen matten Schein hatte. Er sah keine Flieger, aber wie hätte er sie auch zwischen den Wolkenfetzen sehen sollen? Das Motorengeräusch kam näher, es war ein alles durchdringendes Surren, aber noch kein Dröhnen. Manuel spannte alle Nerven auf das Hören und Ertragen der ersten Bombenexplosion. Als plötzlich ganz dicht neben der Telefónica ein Fliegerabwehrgeschütz losratterte, war es wie eine Enttäuschung. Schlechte Geschütze, nichts als ein besseres MG, dachte Manuel und setzte sich nieder, denn er war in den Knien so müde. In diesem Augenblick trat jemand ein, der sofort die Taschenlampe abknipste – das offene vorhanglose Fenster! – und scharf sagte: »Wer da?«
»Hier Manuel García, mi comandante«, sagte der andere. »Entschuldigung, ich bin hier geblieben, weil du selbst dem Pepe erlaubtest, hinunterzugehen, und weil jemand beim Telephon bleiben mußte.«
»Mach das Fenster zu, Genosse Manuel«, sagte Sánchez ruhig. Als der schwarze Vorhang gespannt war (eine schwierige Arbeit ohne Licht), knipste er eine sehr große Taschenlampe an, die wie ein Automobilscheinwerfer wirkte. »Setz dich dorthin, Genosse Manuel. Ist dein Stock in Ordnung?« Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern sagte: »Es ist schwer mit den Mädchen seit dem letzten Bombardement gestern. Zu viele von ihnen haben nun Tote gesehen. Die meisten haben eine tolle Angst.«
»Genosse Sánchez«, sagte Manuel, die Anrede wechselnd. »Ich wollte dir vorhin melden, daß ich anhand der letzten Granate hier im Stock feststellen konnte, daß die Faschisten einen neuen Schußwinkel haben.«
»Ja. Der dreizehnte Stock hat es gemeldet. Danke, Manuel.«
Manuel horchte auf das Motorensummen, das nun undeutlicher war. Er fühlte sich etwas enttäuscht, mit seiner Meldung zu spät gekommen zu sein. Genauso wie Agustín hielt er sich unbewußt außerhalb des grellen Lichtkegels der Taschenlampe, die auf dem Tisch lag und ihren Schein gegen die Tür warf.
»Sie sind uns diesmal nicht nahe gekommen und haben keine Bombe abgeworfen«, sagte Agustín. Dann schwiegen beide. Sie warteten. Agustín hatte einen schlechten Geschmack im Mund – von der Begegnung mit seiner Frau. Sie hatte sich beim Alarm nicht aufgeregt: sie hielt den Keller für absolut sicher für sich selbst und die Kinder, und an andere dachte sie nicht. Aber sie hatte Agustín zurückhalten wollen, nicht weil sie Angst um ihn hatte, sondern … »Du kannst mich nicht allein lassen, ich bin doch deine Frau.«
Und dann auf der Treppe ein Moment, in dem der Lichtkegel der Taschenlampe in Paquitas Gesicht gefallen war. Sie war nicht feige, sie hatte einen bösen Ausdruck gehabt, keinen aufgelösten wie viele andere. Aber als sie dem Lichtstrahl mit den Augen folgte und Agustín erkannte, hatte sie gerufen: »Tinito, komm, hilf mir. Ich falle«, und hatte ihr Gesicht wie eine Schauspielerin in Hilflosigkeit umgeändert. Merkwürdig, das so genau in diesem übermäßig harten, vergröbernden Lichtstreifen sehen zu können. Besser, nicht daran denken, besser, an die anderen denken. An die zwei Mädchen, die im fünften Stock an den Schaltbrettern sitzen geblieben waren, damit der Dienst weiterginge. An diesen Manuel, der mit ihm hier saß und wartete.
»Willst du ein Glas Kognak, Manolo?« Der Funktionär war überrascht, vor allem über die freundschaftliche Koseform seines Namens. »Klar, Mensch!« Er wollte noch etwas hinzufügen, da ging das Telephon. Aus dem Ja, Nein des Kommandanten konnte er nichts schließen. Im Reflex des Lampenkegels, in diesem ganz blassen Licht, sah er die Züge Agustíns sich erhärten. Agustín drehte zweimal ganz wenig den Kopf hin und her, und die Flügel seiner schmalen Nase bewegten sich.
»Ja.« Er hängte ab und drehte sich zu Manuel. »Sie kommen zurück. Es ist noch nicht vorüber. Sie werden auf uns losgehen. Ich kann nichts tun.« Er begann heftig zu fluchen, schön gewaltsame, barbarische Flüche, aber es war eine künstliche Explosion, die ihn nicht erleichterte. Er holte aus dem Schreibtisch eine Kognakflasche heraus und schenkte sich selbst und Manuel zwei kleine Gläser ein. »Zum Teufel mit den Deutschen!«
Wieder ging das Telephon. Er fluchte wieder und hob den Hörer ab. Im Apparat ein »Hallo … Ausländer … Comandante Sánchez?« Eine Frau mit tiefer Stimme, sie sprach seinen Namen wie Sanches aus. »Sprechen Sie französisch?«
»Ja. Was wollen Sie? Es ist Fliegeralarm«, sagte Agustín unfreundlich. Sicher Auslandspresse. »Wegen dem Alarm rufe ich Sie an«, sagte die fremde Frau mit einer sehr kühlen und sanften Stimme. »Hier spricht die Diensthabende der Zensur der ausländischen Presse.«
»Dort gibt es keine Frau.«
»Seit heute doch, Comandante Sánchez«, sagte die Frau in ihrem langsamen und korrekten Französisch. »Ich möchte, daß Sie mir die Information geben, wie es mit dem Fliegerangriff steht, damit ich das eventuell an die Berichterstatter weitergeben kann. Daß eine Bombe abgeworfen wurde, höre ich eben.«
Während sie sprach, war jenes dumpfe Aufschlagen und das Zittern aller Fensterscheiben gekommen, das eine Bombe in mäßig großer Entfernung ankündigt.
»Hat das nicht später Zeit? Jetzt habe ich keine Lust, Informationen an die Presse zu geben.«
»Ich mache Dienst, Genosse Comandante, damit die Nachrichten über das Bombardement durchgegeben werden. Deshalb bin ich hier oben geblieben. Sie sollten mir die Zusammenarbeit СКАЧАТЬ