Marie Grubbe. Jens Peter Jacobsen
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Название: Marie Grubbe

Автор: Jens Peter Jacobsen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Große verfilmte Geschichten

isbn: 9783955012120

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СКАЧАТЬ sie brüllen vor Wut darüber, daß sie so ohnmächtig sind, wie sie glauben, und Gott im Himmel, welche Gebete, welche wahnsinnigen Gebete!

      Die Wagen halten mitten auf der Straße still, Dienstboten stellen ihre Körbe und Eimer hin, in Beischläge und Torwege, und hier und dort kommen einzelne hastig aus den Häusern, mit ihren besten Kleidern angetan, rot im Gesicht vor Anstrengung, und sie sehen sich erstaunt um, sehen an sich selbst herab, fahren zwischen den Leuten umher und schwatzen eifrig, um die Aufmerksamkeit von ihrem geputzten Aussehen abzulenken.

      Worauf sinnen sie? und woher kommen alle diese zerlumpten, betrunkenen Mannsleute? Es wimmelt von ihnen, sie schwenken und rufen, zanken und fallen, sie sitzen auf den Treppenstufen und sind krank, sie wollen sich ausschütten vor Lachen, jagen hinter den Frauenzimmern drein und wollen mit den Männern raufen.

      Das war der erste Schrecken – der Schrecken des Instinkts. Nachmittags war er vorüber. Man war nach den Wällen gerufen worden, hatte mit Feiertagskräften gearbeitet, hatte unter seinem Spaten Gräben sich vertiefen und Brustwehren sich erhöhen sehen; Soldaten waren vorübergezogen; Handwerksburschen, Studenten und Diener der Edelleute hielten Wache mit allerhand seltsamen Waffen; Kanonen waren aufgefahren; der König war über den Wall geritten, und man wußte, er würde bleiben, – es war Vernunft in den Dingen, man wurde selbst vernünftig.

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      Am Tage darauf wurde gegen Nachmittag die Vorstadt draußen vor dem Wassertor in Brand gesteckt. Der Brandgeruch trieb über die Stadt herein und machte die Leute unruhig; und als sich in der Dämmerung, während das Feuer seinen roten Schein über die wettergrauen Mauern des Frauenturms warf und in den goldenen Kugeln auf der Spitze des Petri-Kirchturms spielte, das Gerücht verbreitete, der Feind komme über den Valbyer Hügel heran, da ging es wie ein banger Seufzer durch die ganze Stadt. Durch alle Straßen, Gänge und Gassen erscholl es angstvoll und beklommen: »Die Schweden, die Schweden!« Knaben liefen durch die Stadt und riefen es mit gellender Stimme aus, Leute stürzten an die Türen und starrten ängstlich gen Westen, die Läden wurden geschlossen, die Eisenkrämer sammelten schleunigst ihren Kram zusammen; es war, als erwarteten die biederen Leute, daß das gewaltige Heer des Feindes sofort die Stadt überschwemmen werde.

      Längs des Walles und in den anstoßenden Straßen war es schwarz von Menschen, die nach dem Feuer starrten; doch waren auch viele an Orten versammelt, wo man nichts von dem Brande sehen konnte, so vor dem geheimen Gang und der Wasserkunst. Gar mancherlei ward dort bemerkt: zuvörderst und vor allem, wann die Schweden ihren Angriff beginnen würden – jetzt in der Nacht oder morgen?

      Gert Pyper, der Färber dort bei der Wasserkunst, meinte nun, es würde losgehen, sobald sie sich nach dem Marsche geordnet hätten. Worauf sollten sie auch warten?

      Der isländische Kaufmann Erik Lauritzen drüben aus der Färbergasse meinte, es sei eine gewagte Sache, in Nacht und Finsternis eine fremde Stadt anzugreifen, wo man kaum weiß, was Land und was Wasser sei.

      »Wasser,« sagte Färber Gert; »Gott gebe, wir wüßten selbst nur halb so gut Bescheid mit unseren Anstalten, wie es der Schwede weiß! Sprecht mir nicht davon! Er hat seine Spione, will ich Euch sagen, wo man es am wenigsten glauben sollte. Ja! Das wissen Bürgermeister und Rat auch nur zu gut, denn vom frühen Morgen sind die Rottmeister rundherum in allen Häusern und Wohnungen gewesen, um seine Spione herauszufinden; aber belauert die mal, wenn Ihr könnt! Der Schwede ist habil, das ist er, sonderlich in dem Geschäft; das ist eine natürliche Anlage; ich weiß es ja von mir selbst – es ist nun wohl an die zehn Jahre her, ich vergess ihm das nie von wegen dem Schabernack ... Indigofarbe, seht, die macht schwarz, und die macht dunkelblau, und die macht hellblau, einzig und allein je nachdem die Beize ist; auf die Beizung aber kommt es an. Brühen und Farbkessel herrichten, das kann jedweder Bursch, indes kommts nur auf den Handgriff an, aber beizen! – richtig beizen – das ist eine Kunst. Beizt man zu stark, so verbrennt man das Garn oder das Zeug, oder was es nun sein mag, so daß es in allen Stücken mürbe wird; und beizt man zu schwach, so kann die Farbe niemals halten und färbte man mit dem allerkostbarsten Blauholz. Seht, darum ist die Beizerei auch ein verschlossen Geheimnis, das man nicht weiterlehrt – seinen Sohn wohl, aber niemals den Gesellen. Nein ...«

      »Jawohl, Meister Gert,« sagte der Kaufmann, »wohl, sehr wohl!«

      »Nun,« fuhr der Färber fort, »wie ich erzählen wollte, so hatt ich vor ein Stücker zehn Jahren einen Burschen, der hatt ein schwedisches Weibsbild zur Mutter, und der hatt sich nun vorgesetzt, er wolle herauskriegen, was für eine Beize es war, die ich zum Zimmetbraun gebrauchte. Aber dieweil ich immer die Beize bei verschlossenen Türen abwäge, war das Ding ja nicht so bequem anzugreifen. Auf was, glaubt Ihr wohl, daß der Teufelsbube verfällt? Hört nur! Es ist so schlimm mit den großen Tieren da auf der Wasserkunst, die zernagen uns Wolle und auch Twist, und derohalb hängen wir immer das, was uns zum Färben gebracht wird, in großen Segeltuchsäcken unter der Decke auf. Bringt er da nicht, dies Satanspack, einen von den Lehrjungen dazu, ihn in einen von den Säcken da hinaufzuhissen und – ich komme herein, und ich wäge und mische und richte zu und bin schon halb zu Ende damit, da schicket es sich so künstlich, daß der Krampf eines seiner Beine da oben im Sack packt, und er fängt an zu zappeln und zu schreien: ich möcht ihm herunterhelfen ... und ob ich ihm half! – Tod und Teufel! aber es war auch ein rechter Canaillenstreich, den er mir da gespielt hat, ja, ja, ja! Und so sind sie allesamt, die Schweden, man kann ihnen nie über die Schwelle trauen!«

      »Nein, darin habt Ihr ganz recht; sie sind gar arge Leute, die Schweden,« sagte Erik Lauritzen; »zu Hause haben sie nichts zu beißen und zu brechen, und kommen sie dann einmal hinaus, so hören sie gar nicht wieder auf zu schlemmen und zu prassen; sie sind geradeso wie die Armenhauskinder: sie essen sowohl für den gegenwärtigen Hunger wie auch für den zukünftigen und den vergangenen dazu. Stehlen und an sich raffen; das können sie besser als Rabengezücht und Lumpengesindel; – und so mordgierig sind sie! nicht umsonst sagt man: ihm sitzt das Messer so lose wie dem schwedischen Lasse.«

      »Und so leichtfertig!« fiel der Färber ein, »es soll ja nie vorkommen, daß der Schinder ein Weibsbild zur Stadt hinauspeitscht und man da fragt, was das wohl für eine Kreatur ist, daß man nicht die Antwort bringt: es sei eine schwedische Dirne.«

      »Ja, das Blut der Menschen ist so verschieden, und das der Tiere auch. Der Schwede ist nun unter den Menschen, was die Meerkatz unter den unvernünftigeren Biestern ist; da ist so viel unzüchtig Vernunft und hastig Glut in seinen Lebenssäften, daß die natürliche Vernünftigkeit, mit der Gott ja alle Menschen beschenket hat, seine argen Triebe und sündigen Begierden nicht zu zügeln vermag.«

      Der Färber nickte ein paarmal zu dem, was der Kaufmann vorbrachte, und sagte dann: »Richtig, Erik Lauritzen, richtig; der Schwede ist von einer eigenen und absonderlichen Natur, andersartig als wir anderen Menschen. Ich kann allemal riechen, wenn eine fremdländische Person zu mir in meinen Laden tritt, ob er ein Schwede ist oder aus anderlei Volk. Der Schwede hat einen so scharfen Geruch an sich wie Ziegenböcke oder Fischlake. Ich hab so oft meine eigenen Gedanken bei der Sach gehabt, aber es ist so, wie Ihr es ausleget, es sind Dünste von seinen hitzigen und bestialischen Säften, so ist es.«

      »Es ist doch kein Wunderzeichen,« warf ein altes Weib hin, das danebenstand, »wenn Schweden und Türken anders riechen als wie Christenmenschen tun.«

      »Ach, was die da schwatzt, Mette Senfkökerin!« unterbrach sie der Färber, »glaubt Sie, daß der Schwede kein Christenmensch ist?«

      »Ihr könnt sie ja Christen nennen, Färber Gert, wenns Euch so gefällt, aber Finnen und Heiden und Zauberer, das sind nach meinem Postillenbuch nie Christenmenschen gewesen; СКАЧАТЬ