Marie Grubbe. Jens Peter Jacobsen
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Marie Grubbe - Jens Peter Jacobsen страница 7

Название: Marie Grubbe

Автор: Jens Peter Jacobsen

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Große verfilmte Geschichten

isbn: 9783955012120

isbn:

СКАЧАТЬ ungeschickt Ihr doch seid! Ihr könnet fast nie Euren Mund auftun, ohne daß man Euch auf loser Rede ertappen kann; niemals habe ich an meinem Nährahmen nach Nikolaj hinaus gesessen. Kennet Ihr den Reim:

      Schwarz war die Nacht und kühl,

      Der Kobold dem Mann in die Hände fiel.

      Zum Kobold sprach der Mann:

      ›Willst frei du sein, sag an,

      Willst heim du in dein Reich,

      So lehre mich sogleich

      Ohne Lug,

      Ohne Trug

      Das Wahrste, was dir bekannt.‹

      ›Hör!‹ sprach der Kobold und schwieg wie gebannt.

      Der Mann gab ihn frei, und der Kobold entschwand.

      Niemand kann den Kobold anklagen,

      Weil er eine Lüge tät sagen.«

      Ulrik Frederik verbeugte sich ehrerbietig vor ihr und ging, ohne ein Wort zu sagen.

      Sie sah ihm nach, wie er über den Estrich dahinschritt; ja, sein Gang war hübsch; seine seidenen Strümpfe waren so schimmerndweiß und saßen so stramm, es war weder Kniff noch Falte darin; die Partie unten am Knöchel war so schön! und der lange, schmale Schuh – es war so ergötzlich, ihn anzusehen; – sie hatte nie zuvor bemerkt, daß er eine kleine rosenrote Narbe an der Stirn hatte.

      Sie guckte verstohlen auf ihre Hände nieder, verzog den Mund ein wenig – es schien ihr, als seien die Finger zu kurz.

      Drittes Kapitel

      Der Winter kam. Es wurden harte Zeiten für die Tiere des Waldes und die Vögel des Feldes; es wurden kärgliche Weihnachten innerhalb lehmverstrichener Wände und der Spanten der Ewer. Die Westküste war übersäet von Wracken; da waren vereiste Schiffsrümpfe, zersplitterte Masten, zertrümmerte Boote und tote Schiffe. Reichtum lag da und rollte in der Brandung, ward zu nutzlosen Trümmern zerrieben und zermalmt, sank, trieb weg oder wurde im Sande begraben; denn Sturm und arge See und mörderliche Kälte hielten an, so daß Menschenhänden kein Zugreifen möglich war. Himmel und Erde verschwammen in eins in dem stiebenden Frostschnee; er wälzte sich herein über Armut und Lumpen, durch undichtes Fachwerk und zerbrochene Luken, zwängte sich hinein unter Dachfirste und Türen zu Wohlstand und verbrämten Mänteln. Bettler und verirrte Wanderer erfroren im Schutz von Gräben und Deichen, der arme Mann starb vor Kälte auf seinem Strohlager, und dem Vieh des Reichen erging es kaum besser.

      Da legte sich der Sturm, und es ward stiller, klingender Frost. Es wurden teure Zeiten für Reiche und Länder, Winterbuße folgte der Sommertorheit – das schwedische Heer ging über die dänischen Gewässer.

      Dann kam der Friede. Dann kam der Lenz mit hellem Laub und hellem Wetter, aber die seeländischen Burschen ritten in diesem Jahr den Mai nicht ein; es wimmelte überall von schwedischen Soldaten; es war Friede, aber dennoch waren die Lasten des Krieges zu tragen, und der Friede sah nicht danach aus, als werde er lange leben.

      Das tat er auch nicht.

      Als das Maienlaub unter dem Brand der Mittsommersonne dunkel und hart geworden war, zog der Schwede gegen die Wälle Kopenhagens heran.

      --------------------------------------------------------------------------------

      Am zweiten Sonntag im August verbreitete sich während des Nachmittagsgottesdienstes plötzlich das Gerücht, daß der Schwede in Korsör gelandet sei.

      Alsbald wimmelte es in allen Gassen. Die Leute gingen ruhig und gesetzt einher, aber sie redeten viel; sie redeten allesamt, und der Schall ihrer Stimmen und ihrer Fußtritte vereinigte sich zu einem starken, gemischten, summenden Klang, der niemals lauter ward, niemals schwächer, auch nicht aufhörte, sondern anhielt – mit einer wunderlich drückenden Einförmigkeit anhielt.

      Das Gerücht drang mitten während der Predigt in die Kirchen. Mit hastigem, atemlosem Flüstern sprang es von der untersten Stuhlreihe zu einem, der in der zweiten saß, zu dreien in der dritten, vorüber an einem alleinsitzenden Greis in der vierten, zu denen in der fünften und weiter, ganz hinauf. Leute in der Mitte wandten sich zu denen hinter ihnen um und nickten bedeutungsvoll; ganz oben waren einzelne, die sich erhoben und spähend nach dem Ausgang hinsahen. – Nach einer Weile gab es auch kein Gesicht mehr, das zu dem Prediger hinaufsah; alle saßen gesenkten Hauptes, wie um die Gedanken über die Worte des Geistlichen zu sammeln, aber sie flüsterten einander zu, hielten wohl einmal inne, horchten einen Augenblick gespannt auf den Pfarrer, wie um zu mutmaßen, wieweit es noch bis zum Schlusse sei – dann flüsterten sie weiter. Das dumpfe Geräusch von der Menschenmasse draußen auf der Straße war deutlich zu hören, ward unerträglich zu hören; die Kirchgänger begannen mit geschäftiger Hast, die Gesangbücher heimlich in die Tasche zu stecken.

      »Amen!«

      Alle Gesichter sahen zu dem Prediger hinauf.

      Während des allgemeinen Teils des Kirchengebetes dachten alle daran, ob der Pfarrer wohl etwas wisse. Dann wurde für das Königshaus gebetet, für die Räte des Reichs und den gemeinen Adel, für alle, die einer hohen Bestallung oder einem Amt vorzustehen hatten; und es waren viele, die Tränen in den Augen hatten; aber als der folgende Teil des Gebetes kam, begannen einige zu schluchzen, und leise, aber dennoch vernehmlich klang es von Hunderten von Lippen: »Gott wende ferner mildiglich von diesen Landen und Reichen Krieg und Blutvergießen, Pestilenz und jähen Tod, Hunger und Teurung, Sturm und Unwetter, Wassersnot und Feuersbrunst, auf daß wir auch für solch väterliche Gnade seinen heiligen Namen loben und preisen mögen.«

      Ehe der Gesang noch zu Ende war, hatte sich die Kirche schon geleert, nur die Töne der Orgel sangen dadrinnen.

      Am folgenden Tage hatten die Volksmassen, die wieder auf den Beinen waren, ein bestimmtes Ziel zum Nachgehen erhalten; denn die schwedische Flotte hatte in der Nacht vor Dragör Anker geworfen. Es herrschte an diesem Tage jedoch weniger Unruhe unter den Leuten, vermutlich weil es allgemein bekannt war, daß zwei von den Räten des Reiches abgereist waren, um mit dem Feind zu unterhandeln, und wie es hieß: mit so weitgehender Vollmacht, daß es zum Frieden führen müsse. Aber als die Räte am Dienstag zurückgekehrt waren, mit dem Bescheid, daß Friede nicht zu erlangen sei, erfolgte ein jäher und gewaltsamer Umschlag.

      Das waren nicht länger Scharen gesetzter Bürger, die durch große und gefährliche Nachrichten rastlos geworden waren. Es war ein ganzer Mahlstrom seltsamer Gestalten, derengleichen nimmer innerhalb der Stadtwälle war gesehen worden und die gar nicht aussahen, als wohnten sie in diesen ruhigen, nüchternen Häusern mit ihren vielen Zeichen aller möglichen einfachen und alltäglichen Hantierungen. Diese Leidenschaftlichkeit in Flaschenjacken und Schoßröcken! Dieser Höllenlärm von diesen ernsten Lippen, und solch gewaltsame Gesten mit diesen Armen in diesen engen Rockärmeln! Keiner will allein sein, keiner will drinnen sein; da stehen sie mitten auf der Straße mit ihrer Angst und Verzweiflung, mit ihrem Jammer und ihren Tränen.

      Seht den stattlichen alten Mann mit dem entblößten Haupt und den blutunterlaufenen Augen; er wendet sein aschfahles Gesicht der Mauer zu und hämmert mit den geballten Fäusten darauf los! Hört die Verwünschungen des dicken Schinders über die Reichsräte und diesen unseligen Krieg! Fühlt, wie das Blut in seinen СКАЧАТЬ