Lebensbilder. Оноре де Бальзак
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Название: Lebensbilder

Автор: Оноре де Бальзак

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783955014735

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СКАЧАТЬ Apostat war, machen. Er hat sich denn auch in Glaubitz bei Großenhain (in Sachsen) taufen lassen. (Diese Tatsache wird hier nach amtlichen Ausweisen zum erstenmale mitgeteilt und widerlegt alle Behauptungen z. B. in Schröders »Lexikon der Hamburgischen Schriftsteller« VI, 52, in Haarbleichers »Zwei Epochen« (1867), Seite 316 ff., daß Schiff bis zu seinem Tode Jude geblieben sei.)

      Diese letzte Konsequenz aus seiner unverkennbaren Gesinnung mußte er ziehen. Wer innerlich mit dem Judentum so völlig fertig war wie Schiff, durfte ihm auch äußerlich nicht mehr angehören. Ein Umstand mag übrigens diesen Entschluß, Christ zu werden, beschleunigt haben; der Vierzigjährige hatte sich in eine neunzehnjährige Schauspielerin, Luise Karoline Auguste Leidhold [* So ist die Schreibung des Namens im Trauscheine; in anderen Dokumenten erscheint er als Leuthold] , die Tochter des Aufwärters in der Neukirche zu Leipzig, Gotthelf Leidhold, verliebt und heiratete sie am 27. November 1841 in der evangelischen Kirche zu Schkeuditz [* Frdl. Mitteilung des Pfarrers Bröse in Schkeuditz] . Es war die törichteste, folgenschwerste Tat seines an Extravaganzen überreichen Lebens. Schiff, der sich selbst dem leisesten Zwang niemals fügen konnte, dem der Begriff eines geordneten und geregelten Lebens stets fremd war, hätte vielleicht durch eine energische, kluge, feinfühlige Frau, die durch scheinbares Eingehen auf seine Schrullen ihren Willen durchgesetzt hätte, in ruhige Bahnen gelenkt werden können. So aber war er mit seinem rohen, undisziplinierbaren Naturell an eine leichtfertige Kokette geraten, der er übrigens das Leben recht schwer gemacht haben mag, weshalb sie ihm einen Tag nach der Trauung davonlief. Ein wichtiger und unbedingt glaubwürdiger Gewährsmann, von Corvin, erzählt in seinen »Erinnerungen aus dem Leben eines Volkskämpfers« (Band II. Kap. 9. Seite 330–331):

      »Einst traf ich ihn im Hotel de Bavière (in Leipzig). Ich freute mich natürlich und setzte mich in seine Nähe. Nach einer Pause sagte er: ›Ich habe mich gestern verheiratet.‹ – Das klang fast noch unglaublicher als sein Geld haben [* Davon spricht Corvin im Vorhergehenden]. ›Mit wem?‹ rief ich erstaunt. ›Und wo ist denn Ihre Frau?« – »Ach – sie ist mir heute wieder davongelaufen« sagte Schiff und kaute gleichgültig weiter. Die Sache war indessen genau, wie er mir sie erzählte.« – So gleichmütig hätte Schiff das Davonlaufen seiner Frau nicht hinnehmen dürfen. Denn er blieb verheiratet und mußte die Folgen dieser Tatsache auf das grausamste während vieler Jahre verspüren. Doch war er so taktvoll, der Frau, der er die bittersten Stunden seines Lebens verdanken sollte, nie ein gehässiges oder zorniges Wort nachzusagen. Er fand nicht einmal die Kraft, sich von ihr, die nie sein war, scheiden zu lassen oder die Vaterschaft der Kinder, die sie gebar, abzulehnen.

      Drückende Not, der er überhaupt nicht mehr entrinnen konnte, mag das ihrige beigetragen haben, daß Schiff so lethargisch wurde. Er durfte sich in Leipzig nicht beklagen, daß er übersehen oder verkannt worden wäre. Die »Zeitung für die elegante Welt«, der »Komet« und dessen Literaturblatt standen ihm offen; sogar als ständiger Mitarbeiter der »Grenzboten« wird er auf dem Titelblatt des 2. Jahrganges angeführt, doch schrieb er nur zweimal für sie. Wichtig ist eine im 2. Novellenhefte der »Grenzboten« (1842) abgedruckte Märchennovelle Schiffs »Ohnespaß«, die Geschichte eines vom Himmel gefallenen Engels oder Marienkindes, die vielleicht identisch ist mit »Das Marienkind. Geschichte eines Engels«. Vom Verfasser des »Gevatter Tod«. (Leipzig. 1842. Hartung.) Die besten Beiträge finden sich in Herloßsohns »Komet«, vor allem drastische Parodierungen der Lyrik Heines, mit dem er jetzt wegen seiner Angriffe, die der unversöhnliche Hasser Heine nicht verzieh, schlechter denn je stand. Es klingt ganz Heinisch, wenn Schiff (»Das Teleskop«, Beilage des »Komet«. 1842, Nr. 2) singt:

      »Die Träume sind verflogen,

      Erstorben mein Jugendmut,

      Mein Glaube hat mich betrogen.

      Der Magen allein ist noch gut« [* Noch im hohen Alter rühmte er sich gegenüber Strodtmann (vgl. Heines Leben I, 374) dieser Parodien] .

      Was er an Novellen veröffentlichte, verrät leider durchwegs tiefgehende seelische Depression, die auf die Dichtungen höchst nachteilig einwirkte. »Die Schneehexe« und «Der Freischöffe« (in der »Zeitung für die elegante Welt«) sind kaum lesbar, und »Die Seherin« (1843 von Gubitz aus Erbarmen in eine »Novellenmappe« aufgenommen) ist derart unheimlich, krankhaft und wüst [* Vgl. auch Lorenz Dieffenbachs vernichtendes Urteil im »Telegraph für Deutschland« 1844, Nr. 33] , daß man von dem damaligen Geisteszustand des Verfassers nur die schlimmsten Vorstellungen haben kann. So mußten sich ihm denn auch allmählich alle Journale verschließen, und er war gezwungen, als Tänzer, Notenschreiber, Schauspieler und Fechtmeister seinen Unterhalt zu suchen. Damals fiel er auch der Leipziger Polizei beschwerlich: in den Jahren 1840 und 1841 wurden sub I17887, I20703 und I20994 geringfügige Ordnungsstrafen gegen ihn erlassen. Am schlimmsten war es freilich, daß er nirgends recht seßhaft werden konnte; auch in Leipzig duldete es ihn nicht; nach einer Mitteilung von »Ost und West« vom 4. Oktober 1844, (Seile 327) »hauste der Ruhelose in Reidnitz«.

      Die Nachricht von Schiffs bemitleidenswertem Zustande verbreitete sich damals in ganz Deutschland. Heinrich Landesmann schrieb darüber an Moriz Hartmann 29. September 1844 (vgl. Wittner, Briefe aus dem Vormärz, Seite 267): »... Hermann Schiff hat mir Herzbrechen gemacht, schon als ich in der »Allgemeinen« in einem, ich glaube, von Laube geschriebenen Artikel von seinem seltsam traurigen Schicksal gelesen. Vielleicht bewege ich den Todesco, ihn reich zu machen . . .« Laube scheint von Schiff viel gehalten zu haben. 1845 saßen sie oft zechend im Hotel de Pologne beisammen. Und der Gedanke ist wohl nicht ferneliegend, daß Laube Schiff auf bessere Wege leitete, ihn zur Schriftstellerei zurückführte, sie aber in seinem Sinne nachdrücklichst beeinflußte. Denn aus dieser Zeit stammt das Buch, in dem sich Schiff recht wie ein jungdeutscher Schriftsteller mit dem Katholizismus auseinandersetzte. (1846.) Es enthält zwei »katholische« Novellen: »Das Margaretenfest« und »Des Teufels Schwabenstreich«. In beiden wird der Katholizismus empfindlich lächerlich gemacht. Für den Wunderglauben hat Schiff diesmal nur Worte höhnendster Verachtung: recht im Gegensätze zu »Ohnespaß«, wo er noch in seiner schrankenlosen Verherrlichung schwelgt. Im »Margaretenfest«, der anspruchsloseren der zwei »katholischen« Novellen, wird ein Mönch, der sich für den Teufel Weltis ausgibt und in dieser Gestalt ein junges Mädchen verführen will – von dem Bräutigam des Mädchens jämmerlich geprügelt. Mit breitestem Behagen malt Schiff diese Prügelei aus [* Derartige rohe Szenen finden sich damals auch sonst bei Schiff, z. B. in seiner in Schumachers »Gegenwart« (Wien, 1845, Nr. 8–10) veröffentlichten Novelle, »Spleen und Peitsche«] . Noch entschiedener tritt seine Gesinnnung in »Des Teufels Schwabenstreich« hervor, einer der bedeutungsvollsten Arbeiten Schiffs, deshalb nämlich, weil sie in vielen Zügen ein wichtiges Vorspiel seines Hauptwerkes, »Schief-Levinche«, ist.

      Hier ist ein italienischer Maler in sich gegangen und hat nach einem tollen Jugendleben Aufenthalt in einem schwäbischen Kloster genommen. Der Teufel sieht das nicht gerne und trachtet, dem Maler Possen zu spielen. Er überzeugt die Mönche, daß ihr Konfrater ein junger Maler sei, und auf deren Geheiß muß dieser nun Altarbilder malen. Eines, wie Maria den Teufel mit Füßen tritt, wird ein Meisterstück und veranlaßt die zwanzig reichsten Jungfrauen des Ortes, den Schleier zu nehmen. Die schönste von ihnen, Hulda, ist aber auf das Bild eifersüchtig und weiß, durch List und Gewalt den Bischof zu überzeugen, daß Maria nicht dunkelhaarig, wie die auf dem Bilde dargestellte, sein könne, sondern blond sein müsse wie sie selbst. Der Maler muß das Bild abändern, und nun wird also das Mädchen, das alle leibhaftig kennen, als Gottesmutter verehrt. Bald aber wollen auch die anderen Mädchen als Gottesmütter angebetet werden, und der Maler überzeichnet immer seine eigenen Bilder, bis ihm dies lästig fällt und er aus dem Kloster mit großen Wertgegenständen fliehen will. Er wird aber entdeckt, in den Kerker geworfen, aus dem ihn der Teufel befreit, unter der Bedingung, daß er ihn selbst auf dem Altarbilde liebenswürdiger darstelle. Der Maler tut das. Bald glaubt man im Kloster an seine Unschuld, da sich der Teufel statt des gefangenen Malers in den Kerker begeben hat, wo ihn der Bischof exorzisiert. Der Maler wird Bischof und Erzbischof, alles aber als Freund des Teufels. Und da er als Erzbischof stirbt, setzt ihm der Teufel ein Grabmal mit der Inschrift: »Hier ruht mein СКАЧАТЬ