Der Kolonialismus. Ludolf Pelizaeus
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Kolonialismus - Ludolf Pelizaeus страница 10

Название: Der Kolonialismus

Автор: Ludolf Pelizaeus

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: marixwissen

isbn: 9783843800389

isbn:

СКАЧАТЬ zwei Pfeiler stütze. Auf der einen Seite betrieb man den Fernhandel über die Seidenstraße mit exklusiven Waren, die aus dem Orient kamen, weiter, auf der anderen Seite ergänzte man diese Einnahmen durch die Produkte aus den eigenen Kolonien. Dabei beließ Venedig der Insel weitgehend die Freiheiten, achtete darauf, dass sich aber die Kosten in Grenzen hielten und man möglichst viel aus Kreta herausholen konnte. Auch diese Idee, nämlich die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit für den Kolonialbesitz in den Blick zu nehmen, sollte für die nächsten Jahrhunderte Schule machen. Mit Burgen wie dem »Kastell der Franken« (Frangocastello), zeugen noch heute davon, wie Venedig die Insel sichern, gleichzeitig aber auch die Steuerzahlungen der Bevölkerung garantieren wollte. In jedem Fall hatte man aber sichere Häfen, die aufgrund der vielen Piratenüberfälle auch sehr nötig waren.

      Haupteinkunftsfaktor war die Zuckerproduktion, jenes Produkt, welches später, also in der Frühen Neuzeit, die Kassen der Kolonialherren füllen sollte. Für den Anbau importierte man bereits Sklaven, womit der Zusammenhang zwischen Sklavenarbeit und dem Kolonialismus hergestellt war. Nicht nur Venedig, auch Genua war im Sklavenhandel aktiv, wie uns ein Verkaufsvertrag zeigt:

      »Im Namen des Herren, Amen. Ich, Fredericus Aspiranus, bestätige dir, Bonacursus de Petrasancta, dass ich dir eine schwarze Sklavin mit dem Namen Arcona, im Alter von vierzehn bis sechzehn Jahren, von indischer Abstammung, mit jedwedem Recht, das ich [als ihr Herr] auf Grund ihres Sklavenstandes an ihr habe, das mir an ihr zusteht und zustehen wird, zum vereinbarten Preis von sechshundertvierzig Asperi Barichati verkauft habe. Ich bestätige dir, diese [Summe] dafür empfangen und erhalten zu haben, und ich erkläre mich von dir [mit der Zahlung des Kaufpreises] für befriedigt und [deine Schuld] für beglichen.« (Sklavenhandelsvertrag aus Kaffa, Ende 13. Jh, in: DGEE 1, 183)

      Doch nicht allein beim Sklavenhandel und für den Zuckeranbau hatten die italienischen Stadtrepubliken eine Vorreiterfunktion, sondern auch durch ihre Weiterentwicklung von Schiffen. Durch die Seerepubliken und Handelsstädte im Mittelmehr wurde neben der Galeere das Rundschiff, ähnlich der Kogge des Nordens, weiter entwickelt. Diese Neuerung war deswegen so bedeutend, weil, wie es Wolfgang Reinhardt betont, »das Segeln am Wind und sogar das Kreuzen gegen den Wind ermöglichte«.

      Hinzu kam, dass man dank der arabischen Überlieferung auch, gerade von Aragonien ausgehend, das umfangreiche Besitzungen auch in Süditalien besaß, die astronomischen und kartographischen Kenntnisse auszubauen vermochte. Zwar konnte man noch nicht genaue geographische Längen und Breiten errechnen, doch war man sich der Linien ungefähr bewusst und fand sie dann auch in kartographischen Werken wieder.

      Ebenso wie in Genua waren auch die Seestädte auf der iberischen Halbinsel im Fernhandel aktiv, allerdings zunächst fast nur die am Mittelmeer liegenden Städte Aragoniens. Schon seit der Antike hatte die Iberische Halbinsel im Mittelmeer mit Nordafrika Kontakte gehabt. Dies galt für die Antike in der Zeit der Phönizier, Karthager und Römer, hatte Fortbestand in der Zeit der Völkerwanderung, als Vandalen wie Westgoten eben über Europa hinaus siedelten. Dies änderte sich auch bei der umgekehrten Bewegung nicht, als 711 arabische Reiter auf Wunsch des bedrängten Westgotenherrschers nach Spanien übersetzten. Mit der muslimischen Invasion Spaniens und Portugals hielt eine sehr fortgeschrittene Wissenschaft, einschließlich der Kartographie Einzug in Spanien, wie sie sonst in der christlichen Welt noch weitgehend unbekannt war. Die Grundlagen der Kartographie und Astronomie, die von den Arabern in Spanien auf Grundlage der antiken Schriftsteller entwickelt worden waren, schufen die Vorraussetzung für die weitere Expansion.

      Die Rezeption der arabischen Wissenschaft verschaffte der iberischen Halbinsel vor anderen Ländern einen Vorsprung. Auch wenn die Europäer durch Chinareisen überall gewisse außereuropäische Kenntnisse besaßen, so brachte das praktisch anwendbare Wissen die iberischen Königreiche noch mehr voran.

      Horst Gründer hat die Zahl der Chinareisen zwischen 1242 und 1448 (nach der Schlacht bei Liegnitz unter Nutzung der mongolischen Ausbreitung, der so genannten Pax Mongolica) auf 126 berechnet. Die meisten wurden vor 1371 unternommen, nach diesem Datum begaben sich nur noch sechs Gruppen auf die Reise. So sind die Reise des Marco Polo von 1250 bis 1269 und 1271-1295 als Ideen- und Vorstellungsschatz wichtig. Es wird in der Literatur darüber gestritten, ob Marco Polo alle seine beschriebenen Ziele je erreichte, ja, ob er überhaupt die Fahrten unternahm, weil er viele falsche und ungenaue Angaben in seinen Berichten aufnahm. Dennoch bleiben seine Schilderungen für spätere Reiseberichte von Entdeckern vorbildlich. Das Bild von dem mystischen Asien lebte in den Köpfen der Menschen fort und man wollte dies in seiner Literatur bestätigt wissen. So kann es nicht verwundern, wenn in der Darstellung von seltsamen Tieren, Menschen und Landschaften berichtet wurde, die Polo umfangreich ausmalte, die er auf seinen Reisen, die ihn bis nach Peking an den Hof des Kublai Chan führten, in Asien gesehen haben wollte. Wie später bei Kolumbus begegnet uns hier bereits die Idee des »nackten Wilden« und von dem phantastischen Reichtum in anderen Weltteilen:

      »Die Bewohner dieses Landes gehen nackt, nur die Körperteile, wie gesagt, deren Anblick die Scham verletzt, bedecken sie mit einem Tuch. Der König geht wie alle anderen und unterscheidet sich nur durch seinen Schmuck, nämlich ein Halsband von Saphiren, Smaragden und Rubinen von unschätzbarem Wert. Um den Hals trägt er eine schöne Seidenschnur, die bis zur Brust reicht und mit einhundertvier kostbaren Perlen und Rubinen besetzt ist. Mit dieser Zahl hat es folgende Bewandtnis: So oft muss der König täglich einen Gebetsspruch wiederholen, wie seine Vorgänger es taten und wie es seine Religion befiehlt. Dieses Gebet lautet: Pacauca, Pacauca, Pacauca, einhundertviermal. Er trägt an jedem Arm, an drei verschiedenen Stellen, ein goldenes Armband, auch mit Perlen und Edelsteinen geschmückt, an drei verschiedenen Stellen der Beine ebenso verzierte Bänder von Gold und schließlich Ringe an seinen Fingern und Zehen, und das ist wunderbar anzusehen und unschätzbar wertvoll. Freilich kann er leicht diesen Glanz entfalten, da alles Kostbare aus dem Lande kommt.« (Marco Polo über Java (Sumatra?) und Indien, in: DGEE 1, 111).

      Eine große Verbreitung konnten die Schriften Marco Polos jedoch erst nach der Einführung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern finden, als die mit Holzschnitten versehenen Berichte maßgeblich das Bild, welches der Westen von Asien haben sollte, prägten. Die Begrenzung Europas wird am Ende des Lebens von Polo deutlich, als der Venezianer Marco Polo im Krieg gegen Genua dort in Gefangenschaft geriet und hier seine Memoiren niederschrieb. Die kleinräumige Konkurrenz der ersten Kolonialmächte lähmte beide gegenseitig.

      Marco Polo und andere Reisende, wie die Franziskaner Giovanni del Pian del Carpini (Reise 1245-48), Wilhelm von Rubruk (Reise 1253-1255) und Giovanni die Montevorvino (Reise 1294-1328) bleiben aber also deswegen so wichtig, weil ihre mit Illustrationen geschmückten Texte von abnormalen Menschen, mit nur einem Auge im Kopf, ganz ohne Kopf, nur einem Fuß oder einer Brust bis in das ausgehende 19. Jahrhundert die Erwartungswelt der Entdecker prägte. Holzschnitte, Druckgraphiken und später Fotos bis 1900 bilden immer wieder Menschen mit Abnormitäten ab, deren Existenz als Beweis für das Exotische in der außereuropäischen Welt gesehen wurde.

      3. Die Bedingungen: Der Beginn der umfassenden europäischen Expansion nach Übersee

      Die Vorstellungen von Asien im Mittelalter

      Sieht man von der Iberischen Halbinsel und Teilen Italiens ab, beruhte das Bild, welches man von der außereuropäischen Welt hatte, nicht auf Erfahrung, sondern allein auf ungeprüfter Lektüre und hinzugedichteten Vorstellungen. Die Autoritäten waren die antiken Schriftsteller, und hinzu kam alles das, was man in der Bibel dem Thema außereuropäische Welt zuordnete. Die Söhne Noahs setzte man daher mit den drei bekannten Weltteilen, also Asien, Europa und Afrika gleich. Da nun Noah seinen Sohn Ham, der mit Afrika gleich gesetzt wurde, verflucht hatte, hielt sich bis in das 19. Jahrhundert die Überzeugung, dass Afrika von Gott verflucht sei. Auf der anderen Seite war man davon überzeugt, dass die islamische Welt von Christen umschlossen sei, man also durch die islamischen Länder hindurch expandieren müsse, um dann die christlichen Geschwister auf der anderen Seite der Welt zu finden. СКАЧАТЬ