Название: Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth
Автор: Ödön von Horváth
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027226405
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Eine andere Uhr schlägt zwölf.
ADA
wimmert; erregt hin und her; immer rascher; sie zählt mit: – drei, vier, fünf – neun, zehn, elf, zwölf –
Christine tritt aus zwölf a, erblickt Ada; erschrickt.
Ada hält ruckartig; betrachtet sie scheu.
Stille.
Zwölf.
CHRISTINE
Ich bin es.
Stille.
ADA
Ich habe Ihre Briefe gelesen – Halt! Bleiben! Bitte, bleiben – um Jesu Christi Willen, ich habe das Gefühl, der ganze Raum steckt voller Leute und ich bin blind!
CHRISTINE
Ich dachte, endlich könnte man fort, ohne jemanden wiederzusehen.
ADA
Wiedersehen? Wissen Sie, wer ich bin?
CHRISTINE
Ja.
ADA
Wer bin ich?
CHRISTINE
Ich wohnte im Zimmer Nummer elf. Vor einem Jahre.
ADA
Wer wohnt jetzt in Zimmer Nummer elf?
CHRISTINE
Eine alte Frau.
ADA
Tatsächlich?
CHRISTINE
Ja.
Stille.
ADA
Wie einfach sich das sagen läßt: eine alte Frau –
CHRISTINE
Es ist doch so.
ADA
Ja. – Man sollte jung sterben. Mit der Zeit wird alles zwecklos. Nicht?
CHRISTINE
Möglich.
ADA
Man sagt, jede Mutter meint, ihr Kind sei das schönste. Meine Mutter hat aber darüber nicht nachgedacht – Glauben Sie, daß ich sehr häßlich bin?
CHRISTINE
Möglich.
ADA
Sie kennen mich nicht.
CHRISTINE
Ich kenne diese Stimme. Ich habe hinter dieser Tür gehorcht. Zuvor.
ADA
Das war nicht ich!
CHRISTINE
Doch!
Stille.
ADA
Ich bin nämlich eigentlich ganz anders, aber ich komme nur so selten dazu.
CHRISTINE
Warum erzählen Sie mir das?
ADA
Seien Sie nicht grausam. Bitte. – Gestatten Sie, daß ich Ihnen helfen darf, damit Sie das Kind ohne Sorgen –
CHRISTINE
unterbricht sie: Ich habe keine Sorgen.
ADA
Das gibt es nicht.
Stille.
CHRISTINE
gehässig: Ich danke für Ihre Wohltätigkeit. Mir hat nämlich der liebe Gott geholfen. Wissen Sie, was das heißt?
ADA
Nein, das weiß ich nicht.
Stille.
Das weiß ich wirklich nicht. Lachen Sie mich nur aus – Sie nickt ihr zu; langsam ab in elf.
Christine starrt ihr nach; will fort, hält jedoch nach einigen Schritten und überlegt; kehrt plötzlich entschlossen um und tritt an Türe elf; klopft; lauscht – nichts.
MAX
tritt aus neun; erblickt sie, erhellt sich; unterdrückt: Pst! Sonst kommt nämlich wieder wer, ich habe geklopft und geklopft und war bereits nahe daran zu verzweifeln, aber nun wird alles gut – Halt! Es ist erst halb vier. Zum Bahnhof sind es fünfzehn Minuten. Geht man gemütlich, braucht man zwanzig, wenn Sie sich aber beeilen, nur zehn. Halt! Ich fahre ja auch fünf Uhr sieben. Wir haben noch Zeit.
CHRISTINE
Wer ›wir‹?
MAX
Wir zwei, Christine. Ich und Sie. Sie und ich. Wir. Ich bin nämlich kein Kellner, sondern Kunstgewerbler. Und dann habe ich das Gefühl, eine unschöpferische Periode hinter mir zu lassen. Ich fahre fünf Uhr sieben. Ob ich wieder zum Plakat finde, hängt lediglich von Ihnen ab.
CHRISTINE
Ich verstehe kein Wort.
MAX
Sagen Sie das nicht!
CHRISTINE
spöttisch: Meint der Herr mich?
MAX
Ich kenne nur eine Christine.
CHRISTINE
Ist das dieselbe Christine, die sich hier vor ungefähr einem Jahre für den Herrn mit dem Chrysanthemenstrauß interessierte?
MAX
Ja. Das heißt: nein. Sicher. Ich habe mich geirrt. Vielleicht. Apropos Irrtum: auf mein Ehrenwort: wahre Liebe gibt es nur einmal, alles übrige dürfte zu untergeordneter Bedeutung schwinden, gemessen an der Tatsache, daß man in seinem Leben bekanntlich nur ein einziges Mal den Menschen trifft, mit dem man zusammengehört bis über das Grab. Still! Vielleicht drücke ich mich ungeschickt СКАЧАТЬ