Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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Die Zuschauer, die nahe am Ring saßen, schworen darauf, gesehen zu haben, dass Glendon den Schlag, der jetzt folgte, von der Hüfte aus führte und dabei wie ein Tiger vorsprang, um sein ganzes Körpergewicht in den Schlag zu legen.
Wie dem auch war, jedenfalls traf er Cannam gerade in dem Augenblick, als er die Stellung wechselte, gegen das Kinn. Und wie Hanford war auch er schon in der Luft, ehe er die Seile berührte, bewusstlos und fiel den Reportern auf die Köpfe.
Von dem, was an diesem Abend in der Golden-Gate-Arena geschah, vermochten selbst spaltenlange Berichte in den Zeitungen keine auch nur annähernd richtige Schilderung zu geben.
Die Polizei vermochte gerade noch den Ring zu verteidigen, konnte die Arena aber nicht retten. Es war kein Aufruhr. Es war eine Orgie. Nicht ein Sitzplatz blieb übrig. In der ganzen großen Halle wurden mit Händen und Füßen, durch Püffe und Stöße Balken und Bretter weggerissen, umgestürzt und niedergetreten.
Die Boxer mussten Schutz bei der Polizei suchen, aber es waren nicht Polizisten genug da, und Boxer, Manager und Unternehmer wurden windelweich geprügelt.
Nur Jim Hanford wurde verschont. Sein furchtbar geschwollenes Kinn erregte Mitleid.
Als die Menge endlich zum Gebäude hinausgetrieben war, stürzte sie sich auf ein neues Auto im Werte von siebentausend Dollar, das einem bekannten Boxkampfunternehmer gehörte, und verwandelte es im Nu in altes Eisen und Brennholz.
Glendon, der sich nicht in den Trümmern des Ankleideraumes umziehen konnte, erreichte in Boxhosen und Bademantel sein Auto, aber es gelang ihm nicht, zu entkommen. Die Menge umringte seinen Wagen und hielt ihn dank der Überzahl fest. Die Polizei eilte zu seinem Schutz herbei, und schließlich schloss man einen Kompromiss: Der Wagen durfte weiterfahren, begleitet von fünftausend hurraschreienden tollen Menschen.
Es war Mitternacht, als dieser Sturm über die Union Square und durch die St. Francis Street fegte. Rufe nach einer Rede wurden laut, und obwohl sie schon vor dem Hotel hielten, wurde Glendon doch in freundschaftlicherweise am Entkommen verhindert. Er versuchte sogar, seinen begeisterten Anhängern auf die Köpfe zu springen, aber seine Füße erreichten nicht das Pflaster. Von Köpfen und Schultern getragen, von jeder Hand, die ihn erreichen konnte, ergriffen, kehrte er durch die Luft zu seinem Wagen zurück.
Da redete er denn, und Maud Sangster, die oben von einem Fenster auf ihren jungen Herkules hinabsah, der aufgereckt auf dem Sitz des Autos stand, wusste, was sie immer gewusst hatte, dass es sein Ernst gewesen war, als er ihr wiederum versichert hatte, dass er seinen letzten Kampf gekämpft und den Ring für immer verlassen hatte.
I
Niemand kannte seine Geschichte – seine Mitverschworenen am allerwenigsten. Er war ihr »kleines Geheimnis«, ihr »großer Patriot«, und auf seine Weise arbeitete er ebensosehr an der kommenden mexikanischen Revolution wie sie. Es dauerte lange, bis sie das erkannten; denn nicht einer in der Junta konnte ihn leiden. An dem Tage, als er zum ersten Mal ihre von geschäftigen Menschen überfüllten Räume betrat, hatten ihn alle im Verdacht, ein Spion – ein Spitzel im Geheimdienst des Diaz zu sein. Zu viele von seinen Kameraden saßen rings in den Vereinigten Staaten in Zivil- und Militärgefängnissen, und andere wieder waren gerade in dieser Zeit in Ketten über die Grenze geschafft und an die Wand gestellt worden.
Auf den ersten Blick machte der junge Bursche keinen guten Eindruck auf sie. Er war nicht mehr als achtzehn Jahre alt, nicht besonders groß und erklärte, Felipe Rivera zu heißen und für die Revolution arbeiten zu wollen. Das war alles – kein Wort mehr. Er blieb aber wartend stehen. Kein Lächeln war um seinen Mund, keine Liebenswürdigkeit in seinen Augen. Den großen schneidigen Paulino Vera schauderte es innerlich. Hier war etwas Abstoßendes, Furchtbares, Unergründliches. Etwas Giftiges, Schlangenartiges war in den schwarzen Augen des Knaben. Sie brannten wie kaltes Feuer und gleichsam in einer ungeheuren, geschliffenen Erbitterung. Von den Gesichtern der Verschworenen ließ er den Blick zu der Schreibmaschine schweifen, an der die kleine Frau Sethby, eifrig arbeitend, saß. Seine Augen suchten die ihren, aber nur für eine Sekunde – sie blickte zufällig auf –, und auch sie hatte ein unbestimmbares seltsames Gefühl, das sie ihre Arbeit unterbrechen ließ. Sie musste das Geschriebene noch einmal durchlesen, um den Brief, an dem sie arbeitete, fertigtippen zu können.
Paulino Vera sah Arrellano und Ramos fragend an, und sie sahen sich gegenseitig ratlos an. In ihrem Blick war Unsicherheit und Zweifel. Dieser schmächtige Besucher war der Unbekannte, und alles drohende Unbehagen des Unbekannten umgab ihn. Man konnte aus ihm nicht klug werden, er war so ganz jenseits des Horizontes dieser ehrenwerten, schlichten Verschwörer. Ihr wilder Hass gegen Diaz und seine Tyrannei war der Hass ehrenwerter, schlichter Patrioten.
Hier aber war etwas anderes und Stärkeres, sie wussten freilich nicht recht, was. Aber Vera, der stets der Entschlossenste und Tatkräftigste war, packte den Stier bei den Hörnern.
»Schön«, sagte er kühl. »Sie sagen, dass Sie für die Revolution arbeiten wollen. Ziehen Sie sich den Rock aus! Hängen Sie ihn dorthin. Ich werde Ihnen zeigen – kommen Sie –, wo die Eimer und Wischlappen sind. Der Fußboden ist schmutzig. Sie können gleich anfangen, ihn hier und in den anderen Zimmern aufzuwischen. Auch die Spucknäpfe müssen gereinigt werden. Und außerdem die Fenster.«
»Ist es für die Revolution?« fragte der Bursche.
»Für die Revolution!« antwortete Vera.
Rivera sah sie alle kalt und misstrauisch an und zog sich dann den Rock aus.
»Es ist gut«, sagte er.
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