Название: Gesammelte Werke
Автор: Джек Лондон
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813475
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Kelly ging gleich auf den Kern der Sache los.
»Sagen Sie mal, Roberts, Sie haben doch mit der Entdeckung dieses kleinen Mexikaners geprahlt. Wie Sie wissen, hat Carthey sich den Arm gebrochen. Und nun hat dieser kleine gelbe Bursche die Dreistigkeit, heut herzukommen und zu sagen, dass er für Carthey in den Ring gehen will. Was meinen Sie dazu?«
»Schon in Ordnung, Kelly«, lautete die schleppende Antwort. »Er kann boxen.«
»Sie wollen mir doch nicht einreden, dass er mit Ward fertig werden kann«, sagte Kelly bissig.
Roberts dachte nach.
»Nein, das will ich nicht behaupten. Ward ist überhaupt nicht zu schlagen. Aber er wird auch nicht im Handumdrehen mit Rivera fertig. Ich kenne Rivera. Er gibt sich nie eine Blöße, ich hab’s jedenfalls noch nicht gesehen. Und er boxt mit beiden Händen gleich gut. In jeder Stellung kann er betäubende Schläge austeilen.«
»Na schön. Aber welche Chance hat er? Sie haben Ihr ganzes Leben lang Boxer trainiert. Ich ziehe meinen Hut vor ihrer Sachkenntnis. Kann er dem Publikum etwas fürs Geld geben?«
»Das kann er bestimmt, und dazu wird er Ward tüchtig zu schaffen machen. Sie kennen den Jungen nicht, aber ich kenne ihn. Ich habe ihn entdeckt. Er hat keine schwache Stelle. Er ist der reine Teufel. Wenn jemand Sie fragt, können Sie sagen, dass er ein Hexenmeister ist. Ward und euch allen werden die Augen übergehen. Ich will nicht behaupten, dass er Ward besiegt, aber auf alle Fälle wird er etwas leisten, dass ihr alle den neuen Mann in ihm seht.«
»Schön.« Kelly wandte sich an seinen Sekretär. »Rufen Sie Ward an. Ich hab’ es ihm versprochen, wenn ich es der Mühe wert hielte. Er ist gerade gegenüber im Yellowstone-Büro und setzt wie gewöhnlich.« Kelly wandte sich wieder an Roberts.
»Was trinken?«
Roberts nippte an seinem Glas und schüttete sein Herz aus. »Ich hab’ Ihnen noch gar nicht erzählt, wie ich den kleinen Burschen entdeckt habe. Vor ein paar Jahren tauchte er im Quartier auf. Ich trainierte gerade Prayne für seinen Kampf mit Delaney. Prayne ist ein schlechter Kerl. Es steckt nicht ein Funken Mitleid in ihm. Er hatte seinen Partner furchtbar zugerichtet, und ich konnte keinen finden, der Lust hatte, mit ihm zu trainieren. Da bemerkte ich diesen kleinen, ausgehungerten Mexikaner, der immer herumschlich und zusah. Ich war verzweifelt und wusste nicht, was ich tun sollte. Da holte ich ihn mir, zog ihm die Handschuhe an und puffte ihn hinein. Er war zäher als ungegerbtes Leder, aber schwach. Und dabei kannte er nicht einen Buchstaben vom Alphabet der Boxkunst. Prayne machte Apfelmus aus ihm. Aber er hielt doch zwei Runden durch, ehe er schlapp machte. Es war ausschließlich der Hunger. Ob er zerschlagen war? Sie hätten ihn nicht wiedererkannt. Ich gab ihm einen halben Dollar und was Ordentliches zu essen. Sie hätten seinen Wolfshunger sehen sollen, als er es verschlang. Er hatte seit Tagen keinen Bissen in den Leib gekriegt. Jetzt hat er genug davon, dachte ich. Aber am nächsten Tage kam er wieder, steif und wund, aber darauf versessen, sich wieder einen halben Dollar und ein gutes Mittagessen zu verdienen. Und mit der Zeit wurde er immer tüchtiger. Er ist der geborene Boxer und unglaublich zäh. Er hat kein Herz. Er ist der reine Eiszapfen. Und in der ganzen Zeit, die ich ihn jetzt kenne, hat er keine zehn zusammenhängenden Worte gesprochen. Er schwatzt nicht, aber er tut seine Arbeit.«
»Ich hab’ ihn gesehen«, sagte der Sekretär. »Er hat ziemlich viel für Sie gearbeitet.«
»All die großen Bürschlein haben es mit ihm versucht«, antwortete Roberts. »Und er hat von ihnen gelernt. Ich hab’ manches liebe Mal gesehen, wie er sie vertobakte. Aber er hat nie seine ganze Seele hineingelegt. Ich glaube, er hat das Spiel nie so recht geliebt. Es sieht jedenfalls so aus.«
»Er hat in den letzten Monaten ziemlich viel in den kleinen Klubs gekämpft.«
»Das stimmt. Ich weiß gar nicht, was in ihn gefahren ist. Plötzlich hat er sein Herz dafür entdeckt. Er ging mächtig drauflos und schlug sämtliche lokale Größen. Schien Geld zu brauchen und gewann auch eine ganze Menge, wenn man es seiner Kleidung auch nicht ansehen kann. Ein merkwürdiger Mensch! Niemand weiß, was er treibt. Niemand weiß, wo er seine Zeit verbringt. Mitten in der Arbeit läuft er plötzlich weg und verschwindet für den Rest des Tages. Manchmal bleibt er wochenlang weg. Aber man kann sagen, was man will, er hört nicht darauf. Ein Vermögen wartet auf den Mann, der ihn richtig zurechtstutzt, aber er will sich nichts sagen lassen.
Achten Sie mal besonders darauf, wie sehr er auf das Geld aus ist, wenn Sie die Bedingungen mit ihm abmachen.«
Soweit war die Unterhaltung gediehen, als Danny Ward eintrat. Jetzt war es eine ganze Gesellschaft. Sein Manager und sein Trainer waren mit ihm gekommen, und überströmend liebenswürdig, gutherzig und gewinnend, wie er war, brachte er einen frischen Hauch mit herein. Danny begrüßte alle, hatte für jeden einen Scherz, eine witzige Antwort, ein Lächeln oder ein Lachen. Das war nun einmal seine Art und Weise, aber sie war nicht ganz echt. Er war ein guter Schauspieler, und er hatte entdeckt, dass Liebenswürdigkeit nicht zu verachten ist, wenn man in dieser Welt weiterkommen will. Aber auf dem Grunde seiner Seele war er ein nüchterner, kaltblütiger Raufbruder und Geschäftsmann. Alles andere war Maske. Wer ihn kannte oder Geschäfte mit ihm gemacht hatte, sagte, dass Danny sich nichts vormachen ließe, wenn es darauf ankäme. Er war unweigerlich bei allen geschäftlichen Unterredungen dabei, und manche behaupteten, dass sein Manager nur ein Strohmann wäre, dessen Aufgabe es sei, als Sprachrohr zu dienen.
Rivera war ganz anders. In seinen Adern floss das Blut von Indianern und von Spaniern. Er saß stumm und unbeweglich in einer Ecke im Hintergrund, und nur seine Augen glitten von Gesicht zu Gesicht und beobachteten alles.
»Das ist also das Jüngelchen«, sagte Danny und ließ seinen Blick abschätzend über seinen künftigen Gegner schweifen. »Wie geht’s, Alterchen?«
Riveras Augen funkelten boshaft, aber er rührte sich nicht. Er konnte keinen Gringo leiden, aber diesen Gringo hasste er so unmittelbar, wie es selbst bei ihm ungewöhnlich war.
»Mein Gott!« protestierte Danny lustig, an Kelly gewandt. »Sie wollen mich doch nicht mit einem Taubstummen kämpfen lassen.« Als das Gelächter sich gelegt hatte, machte er einen neuen Ausfall. »Mit Los Angeles muss es schlecht stehen, wenn das das Beste ist, was ihr aufzuweisen СКАЧАТЬ