Die besten Wildwestromane & Seegeschichten. Franz Treller
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Читать онлайн книгу Die besten Wildwestromane & Seegeschichten - Franz Treller страница 106

Название: Die besten Wildwestromane & Seegeschichten

Автор: Franz Treller

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9788027238613

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СКАЧАТЬ nach einer Weile, und, sich an Waltham wendend: »Wie beurteilen Sie die Lage, Sir Richard?«

      Der junge Baronet, der noch immer einen sehr erschöpften Eindruck machte, lächelte schwach. »Verzeiht, Freunde«, antwortete er, »ich versuche mich erst zurechtzufinden. Ich war zu lange von der Welt abgesperrt. Die Tatsache des Krieges hat mich überrascht; ich begreife immer noch nicht, wie es dazu kommen konnte. Ich war vor gar nicht langer Zeit drüben in England, da dachte noch niemand an eine solche Möglichkeit. Die kolonialen Streitigkeiten hier in Amerika schienen in keiner Weise wichtig. Nun ist es doch so weit gekommen. Und hier scheint es mir nun vor allem um Akadien und die Verhältnisse am Ohio zu gehen. Die Franzosen sind von ihren Ausgangsstellungen am Erie aus nach Süden gegen den Ohio vorgestoßen, um die Landstriche dort in Besitz zu nehmen. Die Überraschungsaktion dürfte ihnen teilweise gelungen sein. Von Osten aus gilt der Angriff den Kolonien Virginien und Pennsylvanien. Hier im Norden sind New-York, Connecticut und wohl auch Massachusetts in Mitleidenschaft gezogen worden. Es kann meines Erachtens nur zwei größere Kriegsschauplätze geben: Im Ohiotal und am Champlain- und Georgsee. Im Ohiotal war die Miami-Konföderation den Engländern verbunden; der Bund scheint gesprengt, und es ist offensichtlich ein Umschwung zu Gunsten der Franzosen eingetreten. Die indianischen Stämme scheinen überhaupt uneinig und hin- und hergerissen. So geht der Riß mitten durch den Irokesenbund. Von den sechs Nationen stehen zwei auf unserer Seite: Onondaga und Mohawk, die anderen haben sich, wohl unter Führung der Seneca, für die Franzosen entschieden. Stammesstreitigkeiten mögen dazu beigetragen haben; Onondaga und Seneca waren einander schon lange nicht grün. Die Huronen haben immer auf Seiten der Franzosen gestanden, sie haben lange und schwer unter den Angriffen der Oneida und Onondaga zu leiden gehabt und sind schließlich aus reinem Selbsterhaltungstrieb zum Bündnis mit den mächtigen Seneca gekommen. Jedenfalls, die Wälder rund um die Seen starren von Waffen; blutige Auseinandersetzungen scheinen unvermeidlich. Wenn ich mich unter diesen Umständen frage, welcher Weg uns die größte Sicherheit gewähren könnte, möchte ich sagen: der Marsch nach Südosten, zum Hudson. In dieser Richtung müßten wir schon nach kurzer Zeit auf befreundete Stämme stoßen, wahrscheinlich auch auf englische Linientruppen und Kolonialmiliz. Ich glaube nicht, daß ich mich in dieser Berechnung irre.«

      »Was meinst du, Häuptling?« wandte der Alte sich an Ni-kun-tha.

      Das Gesicht des Indianers blieb unbewegt. »Ni-kun-thas Weg klar«, antwortete er. »Seine Krieger sind bei den Shawano. Die Shawano wohnen im Westen. Ni-kun-tha muß nach Westen gehen. Den Weg zum Hudson kennt er nicht.«

      »Und Ihr, Bob?«

      »Nicht einfach zu sagen, Sir«, knurrte der Bootsmann. »In den Wäldern kenne sich der Teufel aus. Sehen überall gleich aus. Zumal, wenn hinter jedem Baum eine schuftige Rothaut lauern kann. Meine deshalb: Es ist ziemlich gleich, ob wir nach West oder Ost gehen. Wenn ich aber sagen wollte, daß ich große Lust hätte, nach Westen zu gehen, müßt' ich lügen. Aber mit der Ostrichtung verhält sich's nicht viel anders. Habe überhaupt keine Lust, durch die Wälder zu – klettern, muß man ja wohl sagen. Muß aber überhaupt marschiert werden, was der Teufel holen soll, dann ist's, glaube ich, immer noch besser nach Westen. Erstens bleibt dann der alte Ontario an seiner Stelle, und der Genesee kommt uns näher. Das Beste wäre natürlich, wir versuchten, auf dem Wasser vorwärts zu kommen. Hab' zu Lande verdammt wenig Erfahrung und kann deshalb auch nichts sagen. Muß mich fügen, wenn's mir auch schwer fällt.«

      »Ich will Euch gerne glauben, daß der Weg nach dem Hudson weniger Gefahren bietet«, wandte Elias Burns sich wieder an Waltham. »Aber ich muß nach Hause, Mann. Die Unruhe bringt mich bald um, wenn ich an meine Tochter denke und mir vorstelle, daß die Wilden am Genesee herumheulen.«

      »Damit kein Irrtum entsteht: Ich bleibe natürlich bei Euch, ob Ihr nun nach Ost oder West geht«, warf Bob Green ein.

      »Das gilt natürlich auch für mich«, sagte Waltham lächelnd. »Selbstverständlich möchte ich gern nach Albany, aber ebenso selbstverständlich ist es, daß ich mich hier in der Wildnis nicht von Euch trenne, ganz abgesehen davon, daß ich Euch meine Freiheit und vielleicht das Leben verdanke. Und schließlich, da Ni-kun-tha nach Westen geht, und der Häuptling im Augenblick zweifellos unser wichtigster Mann ist, so ist es klar, daß wir alle nach Westen gehen.«

      So wurde denn also beschlossen, sich gemeinsam westwärts zu wenden. Way-te-ta kam nach einiger Zeit zurück; er hatte in einem Eßgeschirr eine ziemliche Menge Waldbeeren gesammelt, die allen gut schmeckten. Bald darauf brach man auf, um bis Sonnenuntergang noch eine Strecke nach Westen zurückzulegen. Den Bach weiter zu verfolgen schien sinnlos; man hätte zu diesem Zweck das Kanu eine ziemliche Strecke um den Fall herumtragen müssen. Man nahm deshalb den Weg durch den Wald.

      Einstweilen fiel ihnen nichts Beunruhigendes auf. Bald nach Sonnenuntergang erreichten sie einen sich von Norden nach Süden erstreckenden See. Sie stießen von Nordosten kommend darauf zu und sahen das gegenüberliegende Ufer vor sich. Da die Nacht nicht mehr fern war, schien es geraten, sich einen geeigneten Ruheplatz zu suchen. Sie brauchten sich auch gar nicht weit umzusehen; zu ihrer Überraschung stieß Ni-kun-tha bald darauf auf ein noch gut erhaltenes Blockhaus nahe am Seeufer. Es war eine dieser aus rohem Holz primitiv zusammengeschlagenen Hütten, wie Jäger und Waldläufer sie sich hier und dort zu errichten pflegten, wenn sie sich längere Zeit in einem bestimmten Jagdrevier aufzuhalten gedachten. Es mußte jetzt längere Zeit nicht mehr benutzt worden sein, denn das Dach war ziemlich stark beschädigt, und die Tür hatte sich ihrer aus Weidengeflecht hergestellten Angeln entledigt und lag am Boden. Immerhin schien dieses Häuschen ein geradezu idealer Aufenthaltsort für die Nacht, die in der Regel empfindliche Kälte zu bringen pflegte. Auch war der Waldboden ziemlich feucht.

      Sie machten sich unverzüglich an die Arbeit. Gras und Strauchwerk wurde herbeigeschleppt, die Tür wieder befestigt und das erbeutete Bärenfell ausgebreitet. Feuer zu entzünden wagte man nicht, solange man sich nicht näher im Wald umgesehen hatte. Da ohnehin alle müde und erschöpft waren, legte man sich nach einer kleinen Mahlzeit aus dem gebratenen Bärenfleisch, das man mitgenommen hatte, bald zur Ruhe.

      Richard Waltham aber vermochte nicht einzuschlafen. Er sah die Sterne durch die Ritzen und Fugen im Dach schimmern und überließ sich seinen wenig erfreulichen Gedanken. Die Erlebnisse der jüngsten Zeit standen wieder vor ihm auf. Er erlebte noch einmal den jähen Oberfall auf den DUKE OF RICHMOND. Damals hatte er nicht ahnen können, daß das Piratenstück eigens seinetwegen veranstaltet worden war, und ganz gewiß hätte er nicht auf den Gedanken kommen können, in seinem Vetter Hotham den Anstifter der Sache zu sehen. Die Zeit der Gefangenschaft war nicht einfach gewesen. Er hatte immer und immer wieder hohes Lösegeld geboten, sicher, daß sein Onkel kein Mittel scheuen würde, ihn zu befreien, aber er hatte nichts damit erreicht. Dann wieder hatte es unter den Piraten bei Trinkgelagen öfters böse Situationen gegeben, wenn einzelne betrunkene Kerle sich auf ihn stürzen und ihn kurzerhand umbringen wollten; in solchen Fällen hatte ihn das Dazwischentreten des Piratenkapitäns immer noch gerade im letzten Augenblick gerettet.

      Der jähe Tod seines Oheims, noch dazu unter solchen Umständen erfolgt, ging ihm nahe, und die Handlungsweise seines Vetters sah ihn fassungslos; hilflos gegenüber heimtückischen Ränken, deren Quelle ihm verschlossen war, wußte er nicht einmal, wie er ihnen begegnen sollte.

      Die Unruhe trieb ihn nach einiger Zeit vom Lager und hinaus in die schweigende Nacht. Die Gefährten schliefen bis auf Ni-kun-tha, dessen dunkle Augen ihm aufmerksam folgten. Er ging ein Stück am Seeufer entlang und ließ sich schließlich unter der Krone eines breitästigen Baumes nieder. Über ihm funkelten die Sterne, tausend sprühende Lichter im glatten Spiegel des Sees erzeugend. Bis auf das Rauschen in den Baumkronen war feierliche Stille ringsum. Auch die Natur schien zu schlafen.

      Was tue ich, wenn ich aus dieser Wildnis heil herauskommen sollte? dachte Waltham. Soll ich dem eigenen Blutsverwandten mit den Mitteln des Gesetzes entgegentreten? Soll ich ihn einfach davonjagen wie einen räudigen Hund? Nun, einstweilen waren Gedanken dieser СКАЧАТЬ