Название: Die besten Wildwestromane & Seegeschichten
Автор: Franz Treller
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9788027238613
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Ein wilder triumphierender Kriegsruf ertönte vom Lande. Die vor Staunen und Entsetzen fassungslosen Männer auf der Insel aber erkannten in dem jungen Indianer, der gleich darauf im Ufergebüsch untertauchte, Ni-kun-tha, den Miami, ihren Freund und Gefährten.
Sekundenlang schienen auch die Indianer auf dem Fluß vor Schrecken gelähmt, dann aber brach ein infernalisches Geheul los. Wie auf geheimen Befehl wendeten sämtliche Kanus sich dem Ufer zu, und die Roten machten Anstalten, an Land zu springen. Da aber klang aus einem anderen Kanu eine befehlende Stimme auf, und die Lauschenden auf der Insel sahen, daß nur zehn Rote an Land gingen, während die anderen ihre Fahrt flußabwärts fortsetzten.
Die Männer auf der Insel sagten sich, daß sich soeben vor ihren Augen höchstwahrscheinlich ein Akt der Blutrache vollzogen hatte, wahrscheinlich war der von Ni-kun-tha erschossene Irokesenhäuptling bei dem Überfall auf Piqua und dem Tode von Ni-kun-thas Vater führend beteiligt gewesen. Die Tat war so plötzlich und überraschend geschehen und zeugte von einer solchen Verwegenheit, ja Tollkühnheit, daß die Zuschauer sich noch immer nicht aus ihrer Erstarrung zu lösen vermochten. Sie zitterten jetzt um den Gefährten, indessen sagte sich John, daß gerade die Tollkühnheit und die dadurch hervorgerufene Überraschung bei den Irokesen dem jungen Miami eine gute Fluchtchance boten. Und sie wußten auch, daß Ni-kun-tha sich im Wald so leicht nicht fangen lassen würde.
Die große Masse der Irokesenkanus – die Männer hatten ihrer an die sechzig gezählt – waren bereits weit stromab, als Bob allmählich die Fassung zurückgewann. »Ein toller Bursche, dieser rothäutige Gentleman!« keuchte er. »Schießt aus rund dreihundert Indianern den Häuptling heraus! Das macht den Jungen für alle Zeit an der ganzen Grenze berühmt.«
Auch die anderen kamen allmählich wieder zu sich. »Eine unglaubliche Verwegenheit!« sagte der alte Burns. Johns Augen blitzten: »Ich bin sicher, der Falke hat das nicht ohne Grund getan«, sagte er, »ich müßte mich sehr irren, wenn er nicht eben seinen Vater gerächt hat.« Der junge Waltham strich sich das Haar aus dem blassen Gesicht, seine Augen flackerten noch immer vor Erregung, er vermochte nichts zu sagen.
Abermals näherten sich Stimmen vom Fluß. Die Männer zuckten zusammen und lauschten. Zu ihrer Verblüffung vernahmen sie Gesang. Muntere Stimmen sangen ein französisches Soldatenlied. Gleich darauf kamen, in kurzem Abstand hintereinander fahrend, zehn große Flußboote herangeschwommen, mit rund zweihundert Mann französischer Linieninfanterie besetzt. Hinter den Büschen kauernd, sahen die Männer die Boote vorübergleiten und stromauf allmählich verschwinden.
Nicht ohne Befremden hatten die Lauschenden das Militär inmitten der Wildnis an sich vorüberziehen sehen. »Das scheint allmählich wirklich ernst zu werden«, flüsterte Burns nach einer Weile atemlosen Schweigens. »Hätte nie geglaubt, so tief drinnen im Land französischen Truppen zu begegnen. Wo mögen sie hinziehen?«
»Denke, sie sind zusammen mit ihren blutdürstigen Bundesgenossen auf dem Weg nach dem Ohio«, knurrte Bob Green.
Der junge Waltham, der den Franzosenbooten bis jetzt nachgesehen hatte, wandte sich um. »Ihr mögt recht haben«, sagte er. »Vielleicht wollen sie auch zu den Forts am Niagara. Das sieht alles ziemlich bedenklich aus. Denn die Macht der Kolonien dürfte nicht ausreichen, um einer so konzentrierten Kraftentfaltung wirksam zu begegnen. Eines scheint ziemlich klar: Die Franzosen zeigen ihre Flagge hier in den Wäldern, um die noch schwankenden Indianerstämme mit fortzureißen.«
Der alte Burns nickte betrübt; John lauschte den Ausführungen des jungen Baronets interessiert, und der Bootsmann sah mit dem Gesicht einer wütenden Bulldogge vor sich hin.
»Wenn sich so weit südlich des Ontario französische Truppen zeigen, dann sind sowohl Oswego als Stacket Harbour zweifellos auch von der Landseite her bedroht«, fuhr Sir Richard fort, »ja, vielleicht liegen bereits Truppen davor. Ausgeschlossen, daß die Franzosen anderenfalls kleinere Truppenverbände hier durch die Wälder ziehen ließen.«
»Gott sei den Ansiedlungen im Hinterland gnädig!« stöhnte der alte Burns. »Die Franzosen sind immerhin Christenmenschen, aber von ihren roten Verbündeten ist ganz gewiß das Schlimmste zu erwarten. Ich kenne das.«
Ein bedrücktes Schweigen folgte diesen Worten; die Lage, in der die Männer sich befanden, war wirklich alles andere als erfreulich. Denn immer ist der Indianer dem Weißen im Wald überlegen, wievielmehr galt das erst, wenn man mit der Anwesenheit ganzer Indianerstämme rechnen mußte.
Nach einiger Zeit sagte Bob Green: »Wo der Falke jetzt stecken mag? Wahrhaftig, traue dem Burschen allerhand zu, aber schließlich: Viele Hunde sind des Hasen Tod.«
Bevor jemand etwas dazu äußern konnte, wurde die Aufmerksamkeit der Lauschenden wieder stromauf gelenkt. Drei Kanus, deren jedes mit vier Indianern bemannt war, kamen mit raschen Ruderschlägen den Fluß herab. Schweigend folgten ihnen die Augen der Männer, als sie an der Insel vorüberglitten.
Die Boote fuhren, das kleine Eiland links liegen lassend, fast in Kiellinie. Plötzlich schien ihnen irgend etwas Befremdliches aufzufallen. Eines der Boote löste sich aus der Reihe und kam dicht an das Inselufer heran, und zwar genau an die Stelle, wo das Floß, durch Zweige getarnt, unter den Büschen verborgen lag. Einer der Indianer bog das Strauchwerk auseinander und stieß einen leisen Ruf des Erstaunens aus, als er das Floß erblickte; er hob den Kopf und ließ den Blick seiner funkelnden Augen mißtrauisch über die Insel gleiten.
»Wir sind entdeckt«, flüsterte Bob, »verdammte Geschichte! Jetzt heißt es: Sich wehren.«
Der Indianer wandte die Augen ab, und das Kanu trieb weiter.
»Komm«, raunte der Bootsmann John zu, »die Burschen werden gleich landen. Wir wollen sie in Empfang nehmen.«
Der alte Burns hatte die Lippen fest verkniffen. »Ja«, flüsterte er, »leicht soll es ihnen nicht werden.«
Sie schlichen sich durch das Buschwerk, und zwar verbargen sich Bob und John am rechten, der alte Burns und Richard Waltham am linken Ufer der schmalen Insel, wo sie, die schußbereiten Büchsen in der Hand, sprungbereit niederkauerten. Ein Weilchen rührte sich nichts. Durch das Blattwerk des Ufergebüschs lugend, vermochten sie zu ihrem Befremden auch von den Kanus nichts mehr zu erblicken.
»Sie sind schon auf der Insel«, flüsterte Burns, der von allen noch die meiste Erfahrung in Kämpfen mit Indianern hatte.
In eben diesem Augenblick zeigte sich neben Bob, der mit der Büchse in der Hand lauernd neben einem Baum stand, ein braunes Gesicht. Bevor der Indianer noch den Arm mit dem Tomahawk hochbrachte, traf ihn Bobs massige Faust gerade zwischen die Augen; er sank lautlos zu Boden.
Weiter rechts krachten zwei Schüsse unmittelbar hintereinander. Der Bootsmann brach wie ein Bär durch die Büsche. Er erblickte John, ruhig hinter einem Baum stehend. Der junge Burns war eben dabei, kaltblütig seine Büchse neu zu laden. »Ich war etwas schneller«, sagte er, kurz mit dem Kopf nach vorn winkend. Der Angreifer lag mit einem kreisrunden Loch in der Stirn hart am Ufer.
Seine Kugel war John hart am Ohr vorbeigezischt. Beide lauschten einen Augenblick gespannt; nichts regte sich; in den Baumkronen raschelte ein leichter Wind. Zu der Stelle zurückschleichend, wo Bob den Indianer niedergeschlagen hatte, sahen sie den Mann nicht mehr. Bob war verblüfft und wollte es noch nicht glauben. Er machte ein paar tapsende Schritte auf das Ufer zu und riß den jungen Burns mit einem heiseren Laut beiseite. Im gleichen Augenblick hatten beide die Büchse an der Wange und schossen. Doch sie mußten beide gefehlt haben. Sie sahen verschwommen eine huschende Gestalt hinter den Uferbüschen, gleich СКАЧАТЬ