Название: Dracula
Автор: Брэм Стокер
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Horror bei Null Papier
isbn: 9783954180080
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Es war fast wieder Morgen geworden und wir gingen zu Bett. (Anm. Das Tagebuch ähnelt erschreckend den Erzählungen aus »Tausend und eine Nacht« oder der Geschichte mit Hamlets Vater; mit dem Hahnenschrei schließt es jedes Mal.)
12. Mai. – Ich beginne mit Tatsachen, reinen, nackten Tatsachen, die durch Bücher und Zahlen dargetan werden und an denen nicht gezweifelt werden kann. Ich darf sie nicht mit eigenen Beobachtungen und Erfahrungen vermischen. Als der Graf am letzten Abend aus seinem Zimmer kam, begann er mich sofort über juristische Dinge auszufragen und über die Schritte, die er zur Ausführung seiner Absicht zu tun habe. Ich hatte den ganzen Tag fleißig über den Büchern verbracht und war, um nicht unbeschäftigt zu sein, auf die Idee gekommen, einiges zu wiederholen, was mir bei der Prüfung auf der Rechtsschule vorgelegt worden war. Es lag eine eigene Methode in den Fragen des Grafen und ich werde deshalb versuchen, sie möglichst der Reihe nach wiederzugeben; vielleicht sind mir diese Notizen irgendwo und irgendwann von Nutzen.
Zuerst fragte er mich, ob es in England gestattet sei, zwei oder mehr Sachwalter für seine Geschäfte zu haben. Ich sagte ihm, er könne ein ganzes Dutzend anstellen, wenn es ihm beliebe, aber dass es nicht sehr klug wäre, mehr als einen Advokaten in seiner Angelegenheit zu engagieren, denn es könne doch immer nur einer wirklich tätig sein, und ein Wechsel würde den Interessen direkt zuwiderlaufen. Er schien vollkommen zu verstehen und fragte dann weiter, ob es z.B. zweckmäßig wäre, einen Sachwalter für Geldsachen, einen anderen für Schifffahrtsangelegenheiten zu bestellen, falls irgendwo ein lokales Eingreifen nötig sei, was durch die große Entfernung des Sachwalters erschwert würde. Ich bat ihn, sich noch klarer auszudrücken, sodass absolut keine Gefahr bestünde, von mir falsch informiert zu werden, und er sagte darauf:
»Ich will es durch ein Beispiel illustrieren. Unser gemeinsamer Freund, Peter Hawkins, kauft von seinem Büro im Schatten Ihrer herrlichen Kathedrale von Exeter aus durch Ihre gütige Mithilfe für mich ein Grundstück in London. Gut. Sie können mir ja einwerfen, dass ich einen Sachwalter hätte nehmen müssen, der in London selbst wohnt; ich muss Ihnen aber offen gestehen, mir lag es daran, dass mein Bevollmächtigter absolut durch nichts anderes geleitet werden sollte als durch meine speziellen Wünsche. Nachdem es ja nicht ausgeschlossen erscheint, dass ein Londoner Advokat dabei seine oder seiner Freunde Interessen im Auge haben könnte, beschloss ich, mir einen solchen aus der weiteren Umgegend von London zu wählen, dessen Arbeit allein in meinem Interesse geschähe. Nun nehme ich an, ich will per Schiff Güter nach Newcastle oder Durham oder Harwich oder Dover transportieren lassen – und das ist bei der Ausdehnung meiner Geschäfte nicht ausgeschlossen – wäre es da nicht besser, meine Angelegenheiten durch einen am betreffenden Ort ansässigen Agenten besorgen zu lassen?« Ich erwiderte, dass die Sache ohne Zweifel ihre guten Seiten habe, aber auch, dass wir Advokaten einen Interessenverband bildeten und einer für den anderen die Erledigung lokaler Angelegenheiten übernähme. Für seinen Zweck würde es auch genügen, seinen Sachwalter einfach mit der Sache zu beauftragen; die betreffenden Wünsche würden dann auf dem genannten Wege erfüllt.
»Ganz recht«, antwortete er, »aber ich hätte dann doch mehr Freiheit in meinen Anordnungen. Finden Sie das nicht auch?«
»Allerdings«, entgegnete ich, »und manche Geschäftsleute machen es so, die ihre Gründe dafür haben, nicht alle ihre Angelegenheiten einer einzigen Person anzuvertrauen.«
»Gut«, sagte er und fuhr dann weiter fort über die Art, wie man am besten Schiffstransporte einleite und welche Formalitäten zu erfüllen wären. Er gedachte aller Schwierigkeiten, auf die sein Unternehmen eventuell stoßen könnte und wie solchen am vorteilhaftesten zu begegnen wäre. Ich klärte ihn nach meinem besten Wissen über alle diese Dinge auf und gewann schließlich den Eindruck, dass er selbst einen vorzüglichen Advokaten abgegeben hätte, denn es gab nichts, woran er nicht gedacht, was er nicht in den Kreis seiner Erwägungen gezogen hätte. Dafür, dass er noch nie in meinem Lande gewesen und offenbar wenig mit Geschäftsangelegenheiten zu tun hatte, waren seine Kenntnisse und sein Scharfsinn geradezu erstaunlich. Als er sich über alles, was er wissen wollte, hinreichend informiert zu haben schien und ich meine Angaben an der Hand der verfügbaren Bücher so gut als möglich nachgeprüft hatte, stand er plötzlich auf und sagte:
»Haben Sie schon an unsern Freund Peter Hawkins geschrieben?« Mit einer gewissen Bitterkeit antwortete ich, dass dies doch nicht geschehen sei, da ich zur Absendung СКАЧАТЬ