Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke
Автор: Hans Fallada
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier
isbn: 9783962813598
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»Und am Morgen hat er es ihr verboten?«
»Ja.«
»Warum war er denn so wütend?«
Frau Anna Quangel gab sich einen Stoß. »Ich will es Ihnen sagen, Herr Kommissar. Ich tue keinem einen Schaden mehr damit. Ich habe auch die alte Jüdin, die Rosenthal, die sich nachher aus einem Fenster totgesprungen hat, in der Nacht heimlich bei mir versteckt gehabt. Darüber war er so wütend, und da hat er die Trudel gleich mit rausgeschmissen.«
»Warum hat sich denn die Rosenthal bei Ihnen versteckt?«
»Weil sie Angst gehabt hat so allein in ihrer Wohnung. Die hat über uns gewohnt. Der haben sie den Mann weggeholt. Da hat sie Angst gehabt. Herr Kommissar, Sie haben mir versprochen …«
»Gleich. Gleich sind wir so weit. Also die Trudel hat gewusst, dass Sie eine Jüdin bei sich versteckt hatten?«
»Aber das war doch nicht verboten.«
»Natürlich war das verboten! Ein anständiger Arier nimmt keine Judensau auf, und ein anständiges Mädchen geht hin und meldet so was der Polizei. Was hat denn die Trudel dazu gesagt, dass die Jüdsche in eurer Wohnung war?«
»Herr Kommissar, jetzt sage ich nichts mehr aus. Jedes Wort verdrehen Sie mir. Die Trudel hat nichts verbrochen, sie hat von nichts was gewusst!«
»Aber dass eine Jüdin bei euch geschlafen hat, das hat sie doch gewusst!«
»Das war nichts Schlechtes!«
»Da denken wir anders darüber. Morgen werde ich mir mal die Trudel vorknöpfen.«
»Oh, lieber Gott, was habe ich da wieder angerichtet!«, weinte Frau Quangel los. »Nun habe ich auch die Trudel ins Unglück gestürzt. Herr Kommissar, der Trudel dürfen Sie nichts tun, die ist jetzt in anderen Umständen!«
»Ach nee, das wissen Sie plötzlich doch, wo Sie die Trudel angeblich zwei Jahre nicht gesehen haben! Woher wissen Sie denn das?«
»Aber das habe ich Ihnen doch gesagt, Herr Kommissar, dass mein Mann sie noch mal auf der Straße getroffen hat.«
»Wann war denn das?«
»Das wird ein paar Wochen her sein. Herr Kommissar, Sie haben mir eine kleine Pause versprochen. Nur eine kleine Pause, bitte. Ich kann wirklich nicht mehr.«
»Nur noch einen Augenblick! Gleich sind wir so weit. Wer hat denn angefangen zu sprechen, die Trudel oder Ihr Mann, wo sie doch beide miteinander verkracht waren?«
»Sie waren doch nicht verkracht, Herr Kommissar.«
»Wo ihr dein Mann das Haus verboten hat!«
»Das hat die Trudel ihm doch nicht übelgenommen, die kennt doch meinen Mann!«
»Wo haben sie sich denn getroffen?«
»Ich glaube, in der Kleinen Alexanderstraße.«
»Was hat denn dein Mann in der Kleinen Alexanderstraße gemacht? Sie haben doch gesagt, er ist immer nur zur Fabrik und zurückgegangen.«
»Das ist auch so.«
»Und was hat er in der Kleinen Alexanderstraße zu tun? Wohl ’ne Postkarte wegbringen, was, Frau Quangel?«
»Nein, nein!«, rief sie angstvoll und erbleichte plötzlich.
»Die Postkarten habe ich immer verteilt! Immer ich allein, er nie!«
»Warum sind Sie denn eben so blass geworden, Frau Quangel?«
»Ich bin doch nicht blass geworden. Doch, ich bin. Weil mir nämlich schlecht ist. Sie wollten doch eine Pause machen, Herr Kommissar!«
»Gleich, sobald wir das klar haben. Also, Ihr Mann hat eine Postkarte weggebracht und hat dabei die Trudel Baumann getroffen? Was hat die denn zu den Karten gesagt?«
»Aber sie hat doch gar nichts davon gewusst!«
»Hat Ihr Mann denn, als er die Trudel sah, die Karte noch in der Tasche gehabt, oder hatte er sie schon abgelegt?«
»Die hatte er schon abgelegt.«
»Sehen Sie, Frau Quangel, jetzt kommen wir der Sache schon näher. Nun sagen Sie mir nur noch, was die Trudel Baumann zu der Karte gesagt hat, und wir machen für heute Schluss.«
»Aber sie kann doch nichts gesagt haben, er hatte die Karte doch schon vorher abgelegt.«
»Überlegen Sie sich das man noch mal! Ich sehe Ihnen doch an, dass Sie lügen. Wenn Sie dabei bleiben, werden Sie morgen früh noch hier sitzen. Warum wollen Sie sich denn unnötig so quälen? Ich sage es ja morgen doch der Trudel Baumann auf den Kopf zu, dass sie von den Postkarten gewusst hat, und die wird’s auch gleich zugeben. Warum wollen Sie sich also Schwierigkeiten machen, Frau Quangel? Sie werden auch froh sein, wenn Sie auf Ihre Pritsche kriechen dürfen. Also, wie steht’s, Frau Quangel? Was hat die Trudel Baumann zu den Postkarten gesagt?«
»Nein! Nein! Nein!«, schrie Frau Quangel, verzweifelt aufspringend. »Ich sage kein Wort mehr! Ich verrate niemanden! Sie können sagen, was Sie wollen, Sie können mich totschlagen: ich rede nichts mehr!«
»Setzen Sie sich nur ruhig wieder hin«, sagte der Kommissar Laub und versetzte der Verzweifelten ein paar Schläge. »Wann Sie aufstehen dürfen, bestimme ich. Und wann das Verhör zu Ende ist, das bestimme ich auch. Jetzt wollen wir erst mal die Sache mit der Trudel Baumann zu Ende bequatschen. Nachdem Sie mir eben gestanden haben, dass sie Hochverrat begangen hat …«
»Das habe ich nicht gestanden!«, rief die gequälte, verzweifelte Frau.
»Sie haben gesagt, Sie wollen die Trudel nicht verraten«, sagte der Kommissar gleichmütig. »Und nun lass ich nicht eher nach, bis Sie mir gesagt haben, was es da zu verraten gibt.«
»Nie sage ich das, nie!«
»Na also! Sehen Sie, Frau Quangel, Sie sind dumm. Sie müssen sich doch selbst sagen, dass ich das, was ich wissen will, morgen in fünf Minuten der Trudel Baumann glatt und bequem aus der Nase ziehe. So ’ne schwangere Frau, die hält doch solch Verhör nicht lange СКАЧАТЬ