Hans Fallada – Gesammelte Werke. Hans Fallada
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Название: Hans Fallada – Gesammelte Werke

Автор: Hans Fallada

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: Gesammelte Werke bei Null Papier

isbn: 9783962813598

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СКАЧАТЬ doch schon, ein biss­chen. Se­hen Sie zum Bei­spiel ein­mal die­se Fe­der an, Quan­gel. Ja, es ist Ihre Fe­der. Die Tin­te dar­an ist noch ganz frisch. Was ha­ben Sie heu­te oder ges­tern mit die­ser Fe­der ge­schrie­ben?«

      »Ich muss­te was un­ter­schrei­ben.«

      »Und was muss­ten Sie denn un­ter­schrei­ben, Herr Quan­gel?«

      »Ich habe einen Kran­ken­schein aus­ge­schrie­ben, für mei­ne Frau. Mei­ne Frau ist näm­lich krank, Grip­pe …«

      »Und Ihre Frau hat mir ge­sagt, Sie schrei­ben nie. Al­les, was bei Ih­nen ge­schrie­ben wird, schreibt sie, hat sie ge­sagt.«

      »Das ist auch ganz rich­tig, was mei­ne Frau ge­sagt hat. Die schreibt al­les. Aber ges­tern muss­te ich, weil sie Fie­ber hat­te. Sie weiß da­von nichts.«

      »Und se­hen Sie ein­mal, Herr Quan­gel«, fuhr der Kom­missar fort, »wie die Fe­der spießt! Es ist eine ganz neue Fe­der, aber schon spießt sie. Das macht, weil Sie solch schwe­re Hand ha­ben, Herr Quan­gel.« Er leg­te die bei­den in der Werk­statt ge­fun­de­nen Kar­ten auf den Tisch. »Se­hen Sie, die ers­te Kar­te ist noch ganz glatt ge­schrie­ben. Aber bei der zwei­ten, se­hen Sie – hier – und hier – und da das B auch –, da hat die Fe­der ge­spießt. Nun, Herr Quan­gel?«

      »Das sind die Kar­ten«, sag­te Quan­gel gleich­gül­tig, »die ha­ben in der Werk­statt auf dem Bo­den ge­le­gen. Ich habe dem mit der blau­en Ja­cke ge­sagt, er soll sie auf­he­ben. Da hat er’s ge­tan. Ich habe einen Blick auf die Kar­ten ge­wor­fen, dann habe ich sie gleich dem Ver­trau­ens­mann von der Ar­beits­front ge­ge­ben. Der ist mit den Kar­ten weg­ge­gan­gen. Und wei­ter weiß ich von den Din­gern nichts.«

      Das al­les hat­te Quan­gel ein­tö­nig und lang­sam ge­sagt, mit ei­ner schwer­fäl­li­gen Zun­ge, wie ein al­ter, et­was be­schränk­ter Mann.

      Der Kom­missar frag­te: »Aber das se­hen Sie doch, Herr Quan­gel, dass die­se zwei­te Kar­te zum Schluss mit ei­ner ge­spal­te­nen Fe­der ge­schrie­ben ist?«

      »Da­von ver­ste­he ich nichts. Ich bin ge­wis­ser­ma­ßen kein Schrift­ge­lehr­ter, wie es in der Bi­bel heißt.«

      Eine Wei­le war es ganz still in dem Zim­mer. Quan­gel sah vor sich hin auf den Tisch, mit ei­nem fast aus­drucks­lo­sen Ge­sicht.

      Der Kom­missar sah den Mann an. Er war fest da­von über­zeugt, dass die­ser Mann nicht so lang­sam und schwer­fäl­lig war, wie er jetzt tat, son­dern so scharf wie sein Ge­sicht und so rasch wie sein Auge. Der Kom­missar sah es als sei­ne ers­te Auf­ga­be an, die­se Schär­fe aus dem Mann her­vor­zu­lo­cken. Er woll­te mit dem schlau­en Kar­ten­schrei­ber re­den, nicht mit die­sem al­ten, von Ar­beit tö­richt ge­wor­de­nen Werk­meis­ter.

      Nach ei­ner Wei­le frag­te Esche­rich: »Was sind denn das da für Bü­cher auf dem Re­gal?«

      Lang­sam hob Quan­gel den Blick, sah einen Au­gen­blick den an­de­ren an und dreh­te dann den Kopf ruck­wei­se, bis das Bü­cher­re­gal ihm in Sicht kam.

      »Was das für Bü­cher sind? Da steht das Ge­sang­buch von mei­ner Frau und ihre Bi­bel. Und das an­de­re sind wohl al­les Bü­cher von mei­nem Sohn, der ge­fal­len ist. Ich lese kei­ne Bü­cher, ich be­sit­ze kei­ne. Ich habe nie gut le­sen kön­nen …«

      »Ge­ben Sie mir doch mal das vier­te Buch von links, Herr Quan­gel, das mit dem ro­ten Ein­band.«

      Lang­sam und vor­sich­tig nahm Quan­gel das Buch aus der Rei­he, trug es be­hut­sam, als sei es ein ro­hes Ei, an den Tisch und leg­te es vor den Kom­missar.

      »Otto Run­ges Ra­dio­bas­tel­buch«, las der Kom­missar laut vom De­ckel vor. »Na, Quan­gel, fällt Ih­nen nichts ein, wenn Sie dies Buch se­hen?«

      »Ein Buch von mei­nem Sohn Otto, der ge­fal­len ist«, ant­wor­te­te Quan­gel lang­sam. »Der hat­te es mit den Ra­di­os. Der war be­kannt, um den ha­ben sich die Werk­stät­ten ge­ris­sen, der kann­te jede Schal­tung …«

      »Und sonst fällt Ih­nen nichts ein, Herr Quan­gel, wenn Sie dies Buch se­hen?«

      »Nee!« Quan­gel schüt­tel­te den Kopf. »Ich weiß von nichts. Ich les nicht in so Bü­chern.«

      »Aber viel­leicht le­gen Sie was rein? Schla­gen Sie das Buch mal auf, Herr Quan­gel!«

      Das Buch öff­ne­te sich ge­nau an der Stel­le, wo die Kar­te lag.

      Quan­gel starr­te auf die Wor­te: »Füh­rer be­fiehl, wir fol­gen …«

      Wann hat­te er das ge­schrie­ben? Lan­ge, lan­ge muss­te es her sein. Ganz im An­fang. Aber warum hat­te er es nicht zu Ende ge­schrie­ben? Wie­so lag die Kar­te hier im Buch von Ot­to­chen?

      Und lang­sam däm­mer­te ihm eine Erin­ne­rung an den ers­ten Be­such sei­nes Schwa­gers Ul­rich Heff­ke. Da­mals war die Kar­te rasch fort­ge­steckt wor­den, und er hat­te an Ot­to­chens Kopf wei­ter­ge­schnitzt. Weg­ge­steckt und ver­ges­sen, von ihm wie von Anna!

      Das war die Ge­fahr, die er im­mer ge­fühlt hat­te! Das war der Feind im Dun­keln, den er nicht hat­te se­hen kön­nen, den er aber im­mer ge­ahnt hat­te. Das war der Feh­ler, den er ge­macht hat­te, der nicht zu be­rech­nen ge­we­sen war …

      Sie ha­ben dich!, sprach es in ihm. Jetzt hast du dich um dei­nen Kopf ge­spielt – durch dei­ne ei­ge­ne Schuld. Jetzt bist du ge­lie­fert.

      Und: Ob Anna ir­gen­det­was ge­stan­den hat? Si­cher ha­ben sie ihr die Kar­te ge­zeigt. Aber Anna hat trotz­dem ge­leug­net, ich ken­ne sie doch schon, und so wer­de ich es auch ma­chen. Frei­lich, Anna hat Fie­ber ge­habt …

      Der Kom­missar frag­te: »Nun, Quan­gel, Sie sa­gen ja gar nichts? Wann ha­ben Sie denn die Kar­te ge­schrie­ben?«

      »Ich weiß von der Kar­te nichts«, ant­wor­te­te er. »Ich kann so was gar nicht schrei­ben, da­für bin ich zu dumm!«

      »Aber wie­so kommt die Kar­te jetzt in das Buch Ihres Jun­gen? Wer hat sie denn da rein­ge­legt?«

      »Wie soll ich denn das wis­sen?«, ant­wor­te­te Quan­gel fast grob. »Vi­el­leicht ha­ben Sie die Kar­te sel­ber rein­ge­legt oder ei­ner von Ihren Leu­ten! Das hat man schon öf­ter ge­hört, dass Be­wei­se ge­macht wer­den, wo kei­ne da sind!«

      »Die Kar­te ist in Ge­gen­wart von meh­re­ren ein­wand­frei­en Zeu­gen in die­sem Buch ge­fun­den. Auch Ihre Frau war da­bei.«

      »Na, und was hat mei­ne Frau ge­sagt?«

      »Als die Kar­te ge­fun­den wur­de, hat sie so­fort ein­ge­stan­den, dass Sie der Schrei­ber sind, und sie hat dik­tiert. Se­hen Sie, Quan­gel, sei­en Sie jetzt nicht bock­bei­nig. Ge­ste­hen Sie ein­fach. Wenn Sie jetzt ge­ste­hen, sa­gen Sie mir nichts, was ich nicht schon weiß. Sie er­leich­tern aber Ihre Lage СКАЧАТЬ