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СКАЧАТЬ doch, dass er al­lein nichts es­sen mag und dass es ihm nicht gut ist, ohne Nacht­mahl fort­zu­ge­hen. Du könn­test auch an den Va­ter den­ken. Was du drau­ßen bei dem Wet­ter zu su­chen hast, weiß ich nicht, aber du soll­test we­nigs­tens zur Zeit wie­der da sein. Wer läuft denn bei Nacht auf den Stra­ßen her­um!« Ag­nes schüt­tel­te die Pfan­ne, dass es är­ger­lich in ihr auf­zisch­te. Rosa wand­te sich ab und ging in ihr Zim­mer hin­über, sie war gänz­lich durch­näßt und muss­te die Klei­der wech­seln. In ih­rem Zim­mer aber fühl­te sie sich zu er­schöpft, um die Ker­ze an­zu­ste­cken. Sie setz­te sich im Fins­tern auf ihr Bett und brü­te­te vor sich hin, folg­te wie­der wil­len­los der Jagd ih­res hei­ßen Blu­tes, das ihr in den Schlä­fen und in der Brust häm­mer­te und brann­te. So fand sie Ag­nes, als sie ins Zim­mer trat. An­fangs schalt sie: Wa­rum saß Rosa im Fins­tern? Wa­rum ließ sie das Es­sen kalt wer­den? Als sie aber Rosa nä­her be­trach­te­te, er­schrak sie. »Ge­rech­ter Gott! Was ist dem Kin­de? Du bist ja ganz nass? Hat man so et­was ge­se­hen? Nur schnell an­de­re Klei­der.« Ei­lig zog sie Rosa die nas­sen Klei­der aus, im­mer halb­laut vor sich hin­brum­mend. »So – so! Ganz kalt ist das Kind. Ei – ei – die Füße wie Eis.« Ge­schäf­tig lief sie in die Kü­che, um die Wä­sche am Herd­feu­er zu wär­men. »Ganz war­me St­rümp­fe, die wer­den gut­tun. Nicht wahr, die sind heiß?« Sie knie­te nie­der, zog Rosa die St­rümp­fe an. Die müt­ter­li­che Sorg­falt, die sich warm und lie­bend ih­rer be­ben­den, er­starr­ten Glie­der an­nahm, tat Rosa sehr wohl, und als sie – wie­der tro­cken und be­hag­lich an­ge­klei­det – da­saß, blick­te sie müde und dank­bar lä­chelnd zu Ag­nes auf. »Nun wird es recht sein«, mein­te die alte Frau. »Bis auf das Hemd nass zu wer­den, du lie­be Zeit! Das wird einen Schnup­fen ge­ben! Komm, iss schnell et­was War­mes.«

      Im Spei­se­zim­mer brann­te die Hän­ge­lam­pe. Vor Ro­sas Ge­deck pras­sel­ten die Schweins­ripp­chen in ih­rer Schüs­sel noch sach­te fort, da­ne­ben stand ein Tel­ler mit Ap­fel­tört­chen und eine Fla­sche Rot­wein. »Komm – iss«, dräng­te Ag­nes.

      Rosa war hung­rig. Sie aß und trank mit wah­rer Lust; lan­ge schon hat­te es ihr nicht so gut ge­schmeckt. Ag­nes lehn­te am Büf­fet und schau­te ihr be­däch­tig zu. Die­ser ru­hi­ge, for­schen­de Blick war Rosa un­be­quem; las ihr die alte Frau nicht al­les, was sie er­lebt hat­te, vom Ge­sicht ab? Sie beug­te ih­ren Kopf tiefer auf den Tel­ler nie­der und aß has­tig wei­ter.

      »Nicht so schnell, lass dir Zeit«, mahn­te Ag­nes ein­mal.

      »Ich bin fer­tig«, sag­te Rosa end­lich und blick­te auf; da Ag­nes sie aber wie­der so ernst an­schau­te, er­rö­te­te sie und schlug die Au­gen nie­der.

      »Das hat ge­schmeckt«, ver­setz­te Ag­nes und ver­such­te zu lä­cheln. »Geh jetzt zu Bett, Kind!«

      Als Rosa wie­der al­lein in ih­rem Zim­mer war, ward sie von ban­gen, schmerz­vol­len Ge­dan­ken be­drängt. Soll­te sie zu Ag­nes hin­aus­ge­hen? Die Ge­gen­wart der al­ten Wär­te­rin flö­ßte ihr im­mer noch das be­ru­hi­gend si­che­re Ge­fühl ein, wie sie es als Kind emp­fand, wenn die klei­ne Rosa durch alle Schreck­nis­se der fins­te­ren Wohn­stu­be glück­lich in die Kü­che ge­langt war und sich an Ag­nes’ Schür­ze hän­gen durf­te. Aber Ag­nes hat­te sie heu­te so streng an­ge­se­hen – Rosa er­trug die­sen Blick nicht. Sie leg­te sich zur Ruhe – sie fühl­te sich wie zer­schla­gen. Wüst und furcht­bar er­schie­nen ihr jetzt die Vor­gän­ge im Tröd­ler­hau­se, und das Fie­ber, das sich beim Ge­dan­ken an jene Stun­de in ih­rem Blut ent­zün­de­te, war ihr un­heim­lich und wi­der­wär­tig. Dazu noch der kom­men­de Tag mit sei­nen Aben­teu­ern, sei­nen Ge­fah­ren. Nein, sie wür­de ge­wiss nicht den Mut fin­den, all das aus­zu­füh­ren! Plötz­lich er­wach­te in ihr die Lie­be für ihre enge Hei­mat, für die be­hag­li­che Welt, in der Ag­nes Stock­mai­er re­gier­te. Ja – warm im Nes­te sit­zen, sich von Ag­nes pfle­gen las­sen – da war man si­cher und gut auf­ge­ho­ben!

      Im Ne­ben­zim­mer ging Ag­nes ab und zu, rück­te den Tisch, klap­per­te mit den Tel­lern. Durch die halb­an­ge­lehn­te Türe drang der gel­be Schein der Lam­pe in Ro­sas Zim­mer und ver­gol­de­te ein Stück des al­ten ro­ten Bett­schir­mes. Al­les war, wie es stets ge­we­sen, seit Rosa den­ken konn­te, die wir­ren, un­ru­hi­gen Bil­der ver­blass­ten vor der Macht des lang­ge­wohn­ten Frie­dens. Ru­hig und lä­chelnd schlief Rosa ein, als wäre sie noch ein klei­nes, un­schul­di­ges Kind.

      Am­bro­si­us war noch eine Wei­le im Zim­mer des Tröd­lers sit­zen­ge­blie­ben. Ein an­ge­neh­mes, stol­zes Ge­fühl be­seel­te ihn das Be­wusst­sein, im Be­sitz ei­nes schö­nen, be­geh­rens­wer­ten Mäd­chens zu sein. Rosa ge­hör­te jetzt ihm, da­für woll­te er sie auch be­schüt­zen und ihr ein hüb­sches, ver­gnüg­li­ches Le­ben be­rei­ten. Sie hat­te sich ganz in sei­ne Hän­de ge­legt. »Da hast du mich, ma­che et­was Glück­li­ches dar­aus.« Die­ser Au­gen­blick im Le­ben ei­nes Jüng­lings ist im­mer er­he­bend, und Am­bro­si­us ver­stand ihn voll zu wür­di­gen.

      Nach­läs­sig in dem großen Sor­gen­stuhl der Jü­din hin­ge­gos­sen, nahm er die schlaf­fe, me­lan­cho­li­sche Hal­tung ei­nes mü­den Her­zens­kö­nigs an und träum­te von den schö­nen Klei­dern, die er Rosa kau­fen, von den präch­ti­gen Sa­chen, die er ihr zei­gen woll­te. Sie soll­te die Welt se­hen; aber die Welt soll­te auch Rosa se­hen, soll­te sie und ihn be­wun­dern. Wie wird das klein­städ­ti­sche Mäd­chen über all die Pracht stau­nen, wie wird es zu ihm auf­bli­cken, wenn er sich ele­gant und si­cher in der Groß­stadt zu­recht­fin­det – wie wird es ihn dann lie­ben! Also nach Wien, das stand fest.

      Eine lus­ti­ge Zeit in ei­ner großen Stadt mit Rosa zu­brin­gen, sei­ne Lie­be in die Zim­mer ei­nes ers­ten Ho­tels ein­quar­tie­ren, sie mit dem Lu­xus ele­gan­ter Lä­den schmücken, mit ihr in Thea­ter­lo­gen pa­ra­die­ren – eine Wei­le den rei­chen jun­gen Ehe­mann auf der Hoch­zeits­rei­se spie­len – das war jetzt der Ku­chen, den Am­bro­si­us um je­den Preis ha­ben muss­te. Der Ge­dan­ke ei­ner Hei­rat tauch­te auch mit­un­ter in sei­nen Phan­tasi­en auf – aber un­klar und ver­schwom­men. O ja, warum nicht? Man wür­de ja se­hen! Heu­te er­schi­en ihm al­les mög­lich, nur ging er die­sen Be­we­gun­gen gern aus dem Wege – fer­tig­te sie kurz ab. Ein an­de­rer Ge­dan­ke aber ließ sich nicht so ohne wei­te­res ab­wei­sen und mach­te Am­bro­si­us Sor­ge. Er hat­te Geld nö­tig, viel Geld; ge­nug, um ei­ni­ge Wo­chen auf großem Fuß le­ben zu kön­nen. Merk­wür­dig war es, wie sich Am­bro­si­us’ Vor­sor­ge nur im­mer auf ei­ni­ge Wo­chen er­streck­te. Spä­ter? Ach was, das wird sich fin­den. Die El­tern ta­ten ihm ja al­les zu Wil­len; er wür­de sie schon zu et­was Ge­eig­ne­tem be­stim­men. Aber wo­her das Geld für den Au­gen­blick neh­men? Am­bro­si­us hat­te zwar ges­tern Geld von den El­tern er­hal­ten; das reich­te je­doch nicht hin. Nur ei­ner konn­te hel­fen – der Tröd­ler. Er war reich und Wu­che­rer, kann­te au­ßer­dem die Ver­hält­nis­se der Tel­le­r­ats und hat­te so­mit kei­nen Grund, das Geld nicht her­zu­ge­ben. Seuf­zend er­hob sich Am­bro­si­us. Galt es ein Ver­gnü­gen zu er­ja­gen, das er sich in den Kopf ge­setzt hat­te, so konn­te er zur Not auch eine Unan­nehm­lich­keit mit in den Kauf neh­men; sie durf­te nur nicht zu groß sein. Er ging in den Tröd­ler­la­den hin­aus.

      Von der De­cke hing eine Pe­tro­le­um­lam­pe nie­der, de­ren trüb­gel­be Flam­me un­ru­hig СКАЧАТЬ