Liebesbriefe großer Frauen. Отсутствует
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Читать онлайн книгу Liebesbriefe großer Frauen - Отсутствует страница 8

Название: Liebesbriefe großer Frauen

Автор: Отсутствует

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783843800068

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СКАЧАТЬ als es Ihnen ganz offen einzugestehen. Ihre Vorwürfe erst abzuwarten und zu verdienen, hätte ich mich wohl gehütet. Lassen Sie mir Gerechtigkeit widerfahren und versuchen Sie, mir in jenem Taktgefühl gleichzukommen, das ich mir Ihnen gegenüber stets zum Prinzip gemacht habe. Glauben Sie denn wirklich, dass ich nicht auch manchmal Ihretwegen beunruhigt war? Meinen Sie, ich hätte Ihre Bemühungen um die Präsidentin kaltblütig mit angesehen und ohne Unruhe den Bericht von Ihren Soupers bei Hortense, von Ihrem Musizieren bei der Marschallin mit angehört? Habe ich bei dieser Gelegenheit die geringste Klage laut werden lassen? Ich glaube nicht. Die Furcht, Ihnen auch nur den geringsten Kummer zu bereiten, Ihnen Zwang aufzuerlegen oder Ihr Vergnügen zu stören, hielt mich stets davon ab. Bei unserer Liebe habe ich immer nur Ihr Glück vor Augen gehabt. All mein Streben ging dahin, meine Rivalinnen zu übertreffen, Sie bei mir höhere Freuden finden zu lassen als die, die sie Ihnen zu bieten vermöchten. Da die Frauen in der Liebe gewöhnlich nur ihr eigenes Glück oder ihre Eitelkeit im Auge haben, so bekommt diese Eitelkeit etwas Launenhaftes, etwas Tyrannisches. Wie anders ist aber die meine! Daher entstammt sie auch einer anderen Quelle: Keine Frau hat einen Liebhaber, wie es meiner ist, und darum verdanke ich ihm meine Ruhe. Mein lieber Graf hat das nötige Maß an Klugheit und Zartgefühl; und diese beiden Eigenschaften haben [mich] stets in Sicherheit gewiegt, allen abenteuerlustigen Frauen gegenüber. Ich weiß nicht, ist es Klugheit oder Eitelkeit, aber ich habe mir stets mit der Hoffnung geschmeichelt, dass er zwischen einer ihm wirklich zugetanen Frau und einer, die sich nur durch Eitelkeit leiten lässt, werde unterscheiden können. In den Augen eines Gecken ist eine Neckerei eine Avance, eine Höflichkeit eine Auszeichnung; das geringste, oft nur ironische Lob fasst er als Liebeserklärung auf, Frivolität nimmt er für echte Leidenschaft. Da er in der Wahl seines Gegenstandes nicht anspruchvoll ist, wird ihm alles gefallen, was nur irgend nach unverhoffter Gunst aussieht. Aber ein Mann wie Sie weiß alles nach seinem wahren Wert zu würdigen; Affektiertheit gilt ihm nicht als Empfindung, Falschheit nicht als Freimütigkeit, Schein nicht als Wirklichkeit. Sein Ruhm besteht nicht darin, alle Herzen zu erobern und allen zu gefallen, wenn er einmal die Person gefunden hat, die allein seine Achtung verdient; ihr Herz zu erweichen, sie sich zu erhalten und sie vor allen anderen auszuzeichnen, nur darauf ist er bedacht. Eine ganze Anzahl andere können noch zu seiner Unterhaltung beitragen, können sogar Gegenstand seiner Höflichkeit werden, können ihn aber nicht ernstlich fesseln. Wie oft habe ich mir nicht gesagt: Der Graf ist jetzt bei Hortense oder bei der Präsidentin; möglicherweise ist er sogar gern dort, eine andere als ich ist Veranlassung zu seiner Freude und seiner Unterhaltung; doch er ist glücklich, und das genügt mir. Das Interesse, das er an ihnen nimmt, gleicht nicht den Freuden, die er bei mir genießt, das Glück der Liebe unterschiedet sich von allem, was nichts mit der Liebe zu tun hat. […] Im Übrigen, lieber Graf, je liebenswürdiger sie sind, desto schmeichelhafter wird es für mich sein, dass Sie mit ihnen verkehren, ohne dass Ihr Gefallen an mir abnimmt. Doch soll ich fürchten müssen, dass ich Ihnen eines Tages gleichgültig würde? Wenn mich eines über den Verlust Ihres Herzens trösten könnte, so wären es die Vorzüge und die Schönheit meiner Rivalinnen.

      Ist es vielleicht die Präsidentin, die Sie mir vorziehen könnten? Sie ist munter, lebhaft, angenehm, aber das alles ist sie vermöge ihres Temperamentes. Sollte es Hortense sein? Ihre Augen sind zärtlich und schmachtend, sie hat Anmut, Sanftmut, aber all diese Vorzüge sind bei ihr natürliche Veranlagung. Oder habe ich gar die Marschallin zu fürchten? Sie vereinigt allerdings mit einem edlen Wuchs die Kunst, sich zu schmücken, sie ist pikant und geistreich; aber ihr Hauptverdienst ist die Gewohnheit, die Sucht, von allen Männern bemerkt zu werden und alle Frauen zu demütigen.

      Und nun überlegen Sie, worauf meine geringen Vorzüge zurückzuführen sind. Der Liebe allein verdanke ich sie. Von ihr allein erhalten sie Sein und Wert; ihr entstammen jene Lebhaftigkeiten meines Temperaments, die Sie so hoch schätzen, sie verleiht meinen Augen den feuchten Schimmer, der Sie begeistert, meinem Körper seinen edlen Gang, meinem Geiste Heiterkeit, meinem Schweigen Ausdruck. Ohne Liebe ist alles in mir und um mich ohne Lust und Leben. Mit einem Worte, Graf, Ihnen verdanke ich alles und nichts der Natur, dem Zufall oder der Eitelkeit. Ich wünschte, alle Männer knieten vor mir, Ihnen zu Ehren.

      Sie glauben also, einen unwiderleglichen Einwand gemacht zu haben, indem Sie behaupten: Man gibt sein Herz nicht als freier Mann nach eigenem Willen, und deswegen sind Sie nicht frei in der Wahl Ihrer Neigung? Das ist Opernmoral! Überlassen Sie solche Gemeinplätze Frauen, die sich damit wegen ihren Schwächen zu rechtfertigen glauben. […] Niemand ahnt, dass solche Ausreden nicht die geringste Entschuldigung für Torheiten enthalten; schlimmer noch: Sie sind das Eingeständnis dafür, dass man gar nicht die Absicht hat, sich zu bessern. Passen Sie einmal auf: Die Redensart von der Schicksalsfügung wird immer nur zu Hilfe gerufen, wenn die Wahl schlecht war. […] Ich für meinen Teil bin deshalb so frei, den Ansichten der Menge nicht beizupflichten. Ich weiß recht gut, die Liebe ist unfreiwillig, das heißt aber nur: Man ist nicht imstande, den ersten Eindruck, den unser Herz empfängt, vorauszusehen oder zu vermeiden. Aber zugleich behaupte ich, dass es möglich ist, ihn abzuschwächen, ja sogar ihn ganz zu zerstören, mag er auch noch so tief sein.

      […]

      Das nennt man überstürzen Marquis! … Wie? Die Gräfin von *** hat Ihr Herz etwas beunruhigt, und nun halten Sie sich schon für verliebt? Ich würde mich schön hüten, so leichtfertig über Ihren Zustand zu urteilen. Ich habe hundert ehrenwerte Leute kennengelernt, die sich gleich Ihnen Stein und Bein für verliebt erklärten und es in Wirklichkeit nicht die Spur waren. Mit den Herzensleiden begegnet einem dasselbe wie mit körperlichen Leiden: Manche bestehen wirklich, andere sind nur eingebildet. Wenn Sie etwas zu einer Frau hinzieht, dann braucht es durchaus noch nicht immer Liebe zu sein. […] Die Gräfin ist unstreitig eine der schönsten Frauen, die jetzt leben. Bis heute vermochte sie niemand zu rühren. Sie blieb dem Andenken ihres Mannes getreu und hat sogar die Dienste eines der liebenswürdigsten Männer unserer Bekanntschaft abgelehnt. Selbstverständlich wäre eine Eroberung, die Ihnen das erträumte gesellschaftliche Ansehen brächte, Ihrer Eitelkeit über die Maßen schmeichelhaft. Das, verehrtester Marquis, nennen Sie Liebe!

      […]

      Nehmen Sie sich in acht, Marquis! Wenn Sie mich ärgern, gehe ich heute noch weiter als gestern. Dann werde ich Ihnen meine stete Überzeugung aussprechen, dass manchmal gar keine Liebe dazu gehört, um uns Frauen erliegen zu lassen. Das wird Ihnen in meinem Frauenmunde wie eine Lästerung erscheinen. Da ich aber versprochen habe, Ihnen nichts, was uns betrifft, zu verheimlichen, so will ich Wort halten, und wenn ich darob mit meinem ganzen Geschlecht in Streit käme. […] Das Liebesbedürfnis ist für die Frau ein gutes Teil ihrer selbst; die Tugend aber ist nur Formsache.

      Das heißt aber, sich die Dinge schwer zu Herzen nehmen, Marquis! Schon zwei Nächte lang haben Sie kein Auge zugetan? Oh, das ist wahre Liebe, da kann man sich nicht mehr täuschen.

      Sie haben Ihre Augen sprechen lassen, Sie haben selbst recht klar und deutlich gesprochen, und doch fand Ihr Zustand nicht die geringste Beachtung. Das schreit nach Rache! Ist es denn wirklich möglich, dass jemand nach ganzen acht Tagen voller Bemühungen und geschäftiger Dienstbarkeit die barbarische Herzlosigkeit besitzt, Ihnen auch keinen Schimmer von Hoffnung zu gewähren? Ja, das ist schwer einzusehen. Solch langer Widerstand grenzt schon ans Unwahrscheinliche. Die Gräfin ist eine Heldin, wie sie nur die längst entschwundene Vergangenheit kannte. […] Aber bitte erinnern Sie sich stets daran, dass all solche Aufregung Ihre gerechte Strafe dafür sein wird, weil Sie die Liebe wie ein Romanheld behandeln, und dass Sie gerade das entgegengesetzte Schicksal erleben könnten, wenn Sie sich wie ein vernünftiger Mensch benähmen. Aber soll ich Ihnen noch mehr schreiben? Jeder Augenblick, den Sie zum Lesen meiner Briefe verwenden, ist ein Diebstahl an Ihrer Liebe. Gott, wie gern wäre ich Zeuge all der Zustände, die Sie durchmachen! Gibt es denn für einen kaltblütigen Menschen etwas Vergnüglicheres als den Anblick eines Mannes in seinen Liebeszuckungen?

      Was erzählen Sie mir da? Das fürchtete ich ja am allermeisten. Erst hatte ich mir das Vertrauen СКАЧАТЬ