Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas. Balduin Mollhausen
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СКАЧАТЬ zu erkennen; sie setzte sich zu den Packknechten ans Feuer und schickte von dort einen solchen Schwall von Schmähungen und Verwünschungen zu uns herüber, daß wir nicht umhin konnten, über den Beweis der indianischen Unermüdlichkeit ihr die größte Bewunderung zu zollen. Übrigens bestanden die Vorwürfe in sieben bis acht englischen und spanischen Worten, die nur den niedrigsten Menschenklassen eigentümlich sind und die hinlänglich bewiesen, daß die edle Häuptlingsfrau sich ihre Kenntnis fremder Sprachen in der Gesellschaft amerikanischer Soldaten angeeignet hatte und daß sich diese eben nur auf diese wenigen unwürdigen Worte beschränkte.

      In aller Frühe des folgenden Tages stieß Peacock wieder zu uns; wir hatten uns schon gerüstet und traten daher ohne Zeitverlust die Reise nach Fort Yuma an. Es waren noch zehn Meilen bis dahin, und der Weg führte von unserem Lager aus dicht am Pilot Knob vorbei, dessen Basis vom Colorado bespült wird; hinter dem Pilot Knob öffnete sich ein umfangreiches Tal, das wie der Fluß eine starke Biegung gegen Osten machte. Die dichten Mesquitewaldungen, die Weiden und Cottonwood-Bäume benahmen uns fast fortwährend die Aussicht, und nur wenn wir uns dem Fluß näherten, gewannen wir einen Blick auf die blaue Gebirgskette im Norden, die sich nicht durch ihre Höhe, wohl aber durch ihre phantastischen Formen auszeichnete, denen sie auch den Namen »Dome Mountains« verdankt. An einigen indianischen Farmen und an zwei größeren Gehöften weißer Ansiedler zog sich die staubige Straße vorbei, und als endlich die dichte Weidenwaldung sich öffnete, erblickten wir vor uns auf einem kahlen Felsenhügel die Baracken und Gebäude des Militärpostens Fort Yuma. In kurzer Zeit waren wir oben; das Quartier des Dr. Newberry fanden wir leicht, und unsere Gefährten, die sich in San Pedro von uns getrennt hatten, bewillkommten uns herzlich.

      Hier nun erfuhren wir, daß Lieutenant Ives schon am 1. Dezember an der Mündung des Colorado gelandet sei, daß die Zusammenstellung des Dampfbootes gut vonstatten gehe und daß wir der Ankunft des Restes der Expedition in den ersten Tagen des Januar entgegensehen könnten. Wir hatten also noch wenigstens vierzehn Tage vor uns, die wir auf beliebige Art in Fort Yuma verwenden konnten; es war daher unsere Hauptaufgabe, uns in irgendeinem heimlichen Winkelchen so bequem und häuslich wie nur immer möglich einzurichten und dann der Dinge zu harren, die da kommen sollten.

      Die zu der Militärstation gehörigen Herden hatten die nächste Umgebung, die an sich schon arm an Gras war, so kahl abgeweidet, daß wir gezwungen waren, alle unsere Tiere über den Colorado zu setzen und nach einer acht Meilen weit entfernten Wiese am Gila zu senden. Zum Schutz derselben schickten wir alle unsere Mexikaner mit, die dort ihr Standquartier aufschlugen und ihre Lebensmittel vom Fort bezogen. Wir selbst behielten nur einen Koch und einen Diener bei uns, begaben uns mit diesen und unserer Lagerequipage an das Ufer des Flusses und wählten zu unserem Aufenthalt eine Lichtung, die ringsum von hohen, dicht bestandenen Weiden und Pappeln eingeschlossen war und nur eine Aussicht auf den Colorado offen ließ. Dort schlugen wir unser geräumiges Zelt auf, breiteten aus grünen Zweigen einen weichen Teppich auf den staubigen Boden und auf diesen unsere einfachen Feldbetten; in einem schattigen Winkel unter den überhängenden Bäumen wurde der Speisesaal hergestellt, in einem anderen die Küche; und als wir dann endlich mit unserer Arbeit zu Rande gekommen waren, da blickten wir sie wohlgefällig an und fanden, daß wir in keinem Palast zufriedener und bequemer hätten unterkommen können als auf dem erhöhten Ufer des stattlichen Colorado.

      Wenn man an einer unbekannten Stelle eben frisch zugezogen ist, namentlich in einer Wildnis wie am Colorado, so sucht man gern, ehe man sich nützlichen Arbeiten zuwendet, mit der Umgebung vollständig vertraut zu werden, zugleich aber auch die Menschen, auf die man zunächst angewiesen ist, kennenzulernen. — Unsere Nachbarschaft war bald durchforscht; fast undurchdringliche Weidengebüsche dehnten sich von unserem Lager weithin über die Niederung aus; hundert Schritte hinter unserem Zelt führte die Landstraße vorbei, einige Pfade verbanden dieselbe mit unserer Häuslichkeit, und dicht vor unserer Tür rauschte ununterbrochen der wilde, sandführende Strom. Was dann zunächst unsere Aufmerksamkeit am meisten in Anspruch nahm, das waren der Militärposten und seine Lage.

      Gegenüber der Mündung des Gila, auf einem abgesonderten vulkanischen Hügel von granitischem Porphyr, dessen Höhe kaum hundert Fuß übersteigt, liegt Fort Yuma. Der Hügel findet seine Fortsetzung auf der Ostseite des Colorado, wo er sich auf geringe Entfernung ins Land hinein erstreckt, und es hat ganz den Anschein, als ob der Strom absichtlich den Weg um die kurze Felsenkette herum aufgegeben habe, um sich ein Tor durch diese zu bahnen. Obgleich der Posten auf viele Meilen im Umkreis der einzige hervorragende Punkt ist, der die weiten Ebenen gleichsam zu beherrschen scheint, so bietet die Lage doch nichts, was das Auge irgendwie ansprechen könnte. Kahl und dürr sind die Felsen, auf denen die einfachen Gebäude sich erheben; nur die anspruchslose Euphorbia, deren Wurzel die Eingeborenen als Heilmittel gegen den Biß der Klapperschlangen anwenden, keimt hin und wieder zwischen dem Geröll, und dann auch nur so lange, bis die Junisonne, welche die Atmosphäre bis auf 120° Fahrenheit erhitzt, sie wieder versengt und tötet. Die Gebäude und Kasernen, die den Hof in Form eines länglichen Vierecks bilden, sind von Adobes zierlich, aber fest aufgeführt, doch muß der Aufenthalt dort oben während des ganzen Jahres mehr als peinigend sein, denn wenn die sengende Hitze ihre Qualen nicht ausübt, so sind es wieder die furchtbaren Sandstürme, welche die Besatzung heimsuchen.

      Solche Stürme springen fast allwöchentlich, manchmal auch einen Tag um den anderen, in der Richtung von der kalifornischen Küste her auf; sie fegen dann über die breite Wüste und führen wahre Sandwolken mit sich, vor deren feinen Bestandteilen weder Türen noch Fenster und dichte Vorhänge schützen; ja die Werke in den Uhren bleiben, wenn die Kapseln nicht mit besonderer Genauigkeit gearbeitet sind, nicht von den kaum sichtbaren Sandkörnchen verschont.

      Mehrmals war ich während eines solchen Sturms in den Baracken, und zwar hinter verhangenen Fenstern und Türen, doch wagte ich dann kaum zu sprechen, aus Furcht, die sandigen Zähne auf empfindliche Weise aneinander zu reiben. Niemand litt mehr bei solchen Gelegenheiten als unser guter Dr. Newberry; derselbe hatte eben erst eine schwere Krankheit überstanden und war infolgedessen genötigt, noch auf dem Fort zu wohnen, während wir übrigen uns in unserem geschützten Lager den quälenden Stürmen einigermaßen entziehen konnten. Die Besatzung schien sich an dergleichen Unbequemlichkeiten gewöhnt zu haben oder verstand es auch, auf gebührende Weise den sich im Gaumen ansammelnden Staub hinunterzuspülen.

      So wie damals behaupte ich auch jetzt, daß das Beste an Fort Yuma die Aussicht ist, die man bei günstigem Wetter von seinen Höhen aus genießt. Wie in einem großartigen Panorama erblickt man ringsum Gebirge, Wüsten und Wasserspiegel, die miteinander abwechseln. Den Lauf des Colorado vermag man weithin zu verfolgen; gegen Norden, bis ihn eine neidische Hügelkette dem Auge entzieht, gegen Süden bis dahin, wo sich der Horizont auf sein flaches Tal senkt. Gegen Osten begrenzt eine ferne Bergkette die Aussicht, und von dieser schlängelt sich der Gila dem Colorado zu. Im Norden und Westen endlich erblickt man die riesenhaften Säulen und Türme der Dombergkette, deren wunderliche Formationen eine entfernte Ähnlichkeit mit den Außenlinien der Mirage in der Wüste zeigen. Das höchste dieser merkwürdigen Gebilde ist der Chimney Peak oder Schornsteinfelsen, von den Indianern »A-melle-e-quette« genannt. Vom Fort aus gesehen erscheint er in der Entfernung von ungefähr fünfundzwanzig Meilen als eine Säule, die nach oben an Umfang verliert, doch hatte ich später Gelegenheit, ihn von einer anderen Seite als eine wunderbar prachtvolle Felsmasse wieder zu beobachten, die sich aus der Ferne mit den Ruinen eines mächtigen Schlosses vergleichen ließ. Am auffallendsten wegen seiner Formen ist der Felsen, der unter dem Namen »Capitol Dome« oder »Ar-with-a-que« bekannt ist. Die Wände desselben sind so senkrecht und so regelmäßig gerundet, daß man aus der Ferne einen Turm von riesigem Umfang vor sich zu sehen glaubt. Zahlreiche kleinere und größere Gebilde dieser Art zieren die Bergkette, die sich in weitem Bogen von Osten nach Westen erstreckt und das Rundgemälde gegen Norden hin abschließt. Innerhalb der hier angegebenen Grenzen nun erblickt man flaches Land, das mit vollem Recht als eine dürre Wüste bezeichnet werden kann, denn der Colorado und der Gila, deren Ufer reich mit grünschimmernden Weiden bewachsen sind, befruchten nur einen geringen Teil der vielen Quadratmeilen, die man vom Fort aus zu übersehen vermag.

      Gerade unterhalb СКАЧАТЬ