Название: Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas
Автор: Balduin Mollhausen
Издательство: Public Domain
Жанр: Зарубежная классика
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»Alles bereit!« rief der Neger, als er die dampfenden Schüsseln auf den Feldtisch stellte.
»Alles bereit!« rief bald nachher auch der Kutscher. Wir nahmen unsere Plätze ein, und fort ging es in östlicher Richtung am Ufer des Sees hin, dessen glänzender Spiegel uns fortwährend hinter den hohen Binsenwaldungen verborgen blieb. Die Reiter hatten sich von uns getrennt, nur Louis auf seinem kleinen weißen Klepper hielt gleichen Schritt mit unserem Wagen.
Ich kann es nicht leugnen, daß in dem Land, wo der Wert des Menschen vor allen Dingen nach der Hautfarbe bestimmt wird und wo die afrikanische Menschenrasse nur den Rang von brauchbaren und nützlichen Tieren einnimmt, ich mich immer ganz besonders für die Sklaven interessierte. Der Gedanke, daß der Mensch, das Meisterwerk einer schöpferischen Natur, zu einer verkäuflichen Ware herabgewürdigt sei, weil, wie der Indianer es bezeichnet, die Sonne der heißen Zone seine Haut schwarz brannte, erweckte bei mir das tiefste Mitgefühl. Sowohl aus Neigung als auch um den Andersdenkenden meine Nichtachtung, ja Verachtung ihrer unwürdigen Gesinnungen hinsichtlich der Neger vor Augen zu legen, begegnete ich daher dem Sklaven stets mit derselben Freundlichkeit wie dem freien Weißen. Die natürliche Folge hiervon war, daß erstere ihre Dankbarkeit gegen mich zur Schau trugen, wofür ich dann nicht selten auf unangenehme Weise mit letzteren verwickelt wurde.
Auf der Reise zum Tularetal war es anders; meine Gefährten waren lauter liebenswürdige Leute, die freilich meine Meinung nicht ganz teilten, jedoch die persönlichen Ansichten — aber auch nur als die eines weißen Menschen — zu hoch achteten, als daß dieselben zu einer Streitfrage hätten werden können. Es verstand sich also von selbst, daß Louis mein guter Freund wurde, mit dem ich mich vielfach beschäftigte und unterhielt. Seine einfältigen Ideen, mehr aber noch sein komisch linkisches Benehmen ergötzten mich, doch stimmte es mich auch wieder trübe, in ihm einen offenen Kopf zu entdecken, dessen geistige Fähigkeiten systematisch unterdrückt und in eine Richtung geleitet waren, die aus ihm nichts als einen guten Sklaven werden ließ; das heißt einen Menschen, der nicht imstande ist, selbständig zu handeln. Louis war freilich seinem Äußeren nach kein Muster von Schönheit, doch ein so gesunder, kräftiger Negerbursche, wie man ihn nicht besser finden kann. Er ritt also neben dem Wagen, pfiff und sang und gab mir durch Zwinkern mit den Augen sowie durch sein merkwürdiges Lachen zu verstehen, daß er sich gern mit mir unterhalten möchte.
Ich wandte mich zu ihm mit der Frage: »Nun, Louis, was hast du auf dem Herzen?«
Louis drehte sich auf dem Sattel, warf beide Beine nach der einen Seite hinüber, zeigte alle seine elfenbeinartigen Zähne und antwortete: »Master, ich kann’s nicht sagen!«
»Warum denn nicht?« rief ich ihm zu. »Nur heraus mit der Sprache!«
»Well, ich habe die halbe Nacht nicht geschlafen!«
»Weshalb nicht?« fragte ich wieder.
»Weil — weil — weil Sie mir gestern gesagt haben, daß ich der hübscheste Negerjunge sei, den Sie in Ihrem Leben gesehen haben; ich möchte wissen, ob das wahr ist und was Sie eigentlich schön an mir finden.«
Als er geendigt hatte, stieß er ein wieherndes Gelächter aus, in das ich auf meine Weise mit einstimmte und dann dem eitlen Burschen erwiderte: »Allerdings bist du hübsch, Louis; wir wollen bei deinen Füßen anfangen. Sieh dir dieselben an, sind sie nicht wenigstens dreimal so groß wie der größte Fuß des größten weißen Mannes? Und stehen deine Hacken nicht so weit nach hinten, daß du dir an deine nackten Füße Sporen schnallen kannst, ohne diese zu verlieren?«
Louis sah wohlgefällig vor sich nieder, schüttelte die mit schweren mexikanischen Sporen bewaffneten Fersen und bemerkte ruhig: »Ja, meine Füße sind wirklich nicht schlecht!«
»Und dein Mund nun erst, ist er nicht so groß, daß Millionen von Liedern ihren Weg aus demselben finden können? Sind deine Lippen nicht so dick gepolstert, daß du nur stärker zu atmen brauchst, um die kunstvollst gepfiffenen Tänze in die Welt zu senden? Sind deine Zähne nicht so weiß wie Elfenbein? Sind deine abstehenden Ohren nicht auf scharfes Hören eingerichtet? Und vermagst du mit deinen kugelförmigen Augen nicht die halbe Welt auf einmal zu sehen? Und dann denke nur, welche Riesenkräfte erforderlich wären, dir deinen mit feinster Wolle gezierten Schädel entzweizuschlagen!«
Louis hatte mir aufmerksam zugehört, seine Augen leuchteten vor Glückseligkeit, und als ich seinen Kopf erwähnte, da rief er aus: »Ja, Herr, mein Schädel ist hart wie ein Felsen, und um keinen Preis der Welt möchte ich einen anderen haben.«
Dieser Art waren die Gespräche, die ich mit Louis führte; der arme Junge hatte keine Ahnung davon, daß ich ihn bedauerte und zugleich in Gedanken die Sklavenzüchter des Verbrechens der gräßlichen Verstümmelung des menschlichen Geistes anklagte. —
In weitem Bogen gelangten wir auf die Ostseite des Kernsees; die Luft war unvergleichlich, Sonnenschein lag auf der Ebene und ließ die Atmosphäre kaum merklich zittern. Große Schafherden folgten langsam ihren indianischen Hütern nach den grasreicheren Stellen am See, während Wölfe die verlassenen Schäferhütten und Ställe gleichsam bewachten und hungrig nach Überresten von gefallenem Vieh umherspürten. Wir folgten einer wenig befahrenen Straße gegen Norden und näherten uns einer Reihe von Baumgruppen, die Lieutenant Mercer als unser Ziel auf dem Ufer des Kernflusses bezeichnete.
Fünftes Kapitel
Der alte Pelzjäger — Gales Erzählungen — Nachrichten über den Colorado — Gales erstes Zusammentreffen mit den Mohave-Indianern — Die Jagd auf wildes Rindvieh — Ritt zu den Eingeborenen — Die Tejon-Indianer — Aufbruch zur Heimreise — Bishops Farm — Die Kamelkarawane — Ankunft in Fön Tejon
Der Kern River, der auch unter dem Namen Posuncula bekannt ist, entspringt im Walkers Paß in der Sierra Nevada und ist der südlichste und zugleich einer der bedeutendsten Ströme, die mit den Tulareseen in Verbindung stehen. Der Fluß und der See führen ihren Namen nach dem unglücklichen Herrn Kern, der im Jahre 1853 zusammen mit dem Captain Gunnison von den Utah-Indianern erschlagen wurde.»Tagebuch einer Reise vom Mississippi nach den Küsten der Südsee«, S. 429. Die Benennung stammt vom Jahre 1846 her, von dem Umstand nämlich, daß Kern und Walker lange Zeit im Walkers Paß, der ebenfalls zu damaliger Zeit seinen Namen erhielt, auf die Rückkehr ihres Kommandeurs, des Colonel Fremont, harrten, der, um Lebensmittel anzuschaffen, sich mit einem Teil seiner Leute schon weiter nördlich von der Expedition getrennt hatte.a. a. O., S. 288.
Ungefähr vier Meilen von der Mündung des Kern River liegt auf dem südlichen Ufer, beschattet von hohen Cottonwood-Bäumen, ein einsames Blockhaus; ein kleiner, roh umzäunter Garten stößt an dasselbe; einige Pferde und Kühe weiden in der Nähe, und zwischen diesen tummeln sich mehrere kräftige, schwarzgelockte Kinder umher. In der Hütte erblickt man, gewöhnlich mit häuslichen Arbeiten beschäftigt, eine Indianerin, die schon in vorgerückten Jahren ist, doch noch immer die Spuren früherer Reize zeigt; in ihrer Nähe befindet sich stets ein wunderschönes, schüchternes Mädchen von vierzehn oder fünfzehn Jahren — ihre Tochter, die durch die hellere Hautfarbe ihre Verwandtschaft mit der weißen Rasse verrät. Frau, Kinder, Haus, Garten und Vieh sind Eigentum eines alten amerikanischen Trappers, eines gewissen Gale, der, wenn ihn die Jagd nicht fesselt, im Schatten der Bäume der Ruhe pflegt, seinem ältesten Sohn, einem schlanken Halbindianer von ungefähr siebzehn Jahren, Ratschläge erteilt oder vereint mit diesem im nahen Fluß angelt. Obgleich schon über ein halbes Jahrhundert hinter dem alten Gale liegt, so zeugen seine Figur sowie seine raschen Bewegungen noch immer von ungebrochener Kraft und Rüstigkeit. Seine Gesichtsfarbe ist so braun wie die eines Indianers, ebenso Brust und Hände, doch lugt unter den aufgestreiften Hemdärmeln die weiße Haut hervor, die in Verbindung mit den braunen Haaren СКАЧАТЬ