Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas. Balduin Mollhausen
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas - Balduin Mollhausen страница 15

СКАЧАТЬ der Natur selbst in gleichmäßigen Zwischenräumen gepflanzt, beschatten und verstecken die Gebäude nur so weit, als notwendig ist, um dieselben auf anmutige Weise durchschimmern zu lassen. Ordnung und Reinlichkeit sind weithin auf dem Hof und in der nächsten Umgebung erkennbar und verraten militärische Einrichtungen, selbst auch dann, wenn die nachlässig auf und ab schreitenden Schildwachen sich den Augen zeitweise entziehen oder die Kronen der hohen Bäume den in der Mitte des Hofs aufgestellten Flaggenstock verbergen. Hinter dem Fort führt eine bewaldete Schlucht in die Berge, welche, wie ein zusammenhängender Wall, die ganze westliche Seite der Cañada abschließen und ein Bild vervollständigen helfen, auf das ich lange und mit inniger Freude schaute.

      Freundlich wie das Bild war auch der Empfang, der uns von den Offizieren des Postens zuteil wurde, und mit Recht kann ich sagen, daß ich den Aufenthalt in Fort Tejon und dessen Umgebung mit für den fröhlichsten Teil meiner ganzen Reise halte und daß freundlich wie das Bild auch die Rückerinnerungen sind, die sich an jene Zeiten knüpfen.

      Nachdem der kommandierende Offizier, der Dragonerleutnant Mercer, mit den Aufträgen, die uns dorthin führten, bekannt gemacht war, begleiteten er selbst sowie die übrigen Beamten und Offiziere des Postens uns weiter abwärts in die Schlucht an eine Stelle, die sich vorzüglich zum Lagerplatz eignete. Während nun dort der sorglose Peacock und der schüchterne Taylor den Leuten nähere Anweisungen hinsichtlich ihres Dienstes gaben, die in Los Angeles angenommenen Fuhrleute ablohnten und zurücksandten, gingen Egloffstein und ich mit den Offizieren zurück nach ihren Quartieren, wo wir alle auf das Zuvorkommendste eingeladen wurden, während unserer Anwesenheit in dortiger Gegend im Fort selbst zu wohnen. Natürlich nahmen wir das Anerbieten mit Freuden an und verteilten uns, wie es der Zufall gerade fügte. Dr. Ten Broek, der Arzt der Station, eröffnete mir mit soldatischer Freimütigkeit seine Ansicht, wobei es an derben Versicherungen nicht fehlte, daß er es als eine Beleidigung ansehen würde, wenn ich mein Zelt oder jede andere Wohnung seinem Quartier vorzöge; ich beeilte mich daher, meine Hand herzlich in seine dargebotene Rechte fallen zu lassen, und sogleich wurden Leute abgeschickt, um meine Sachen, unter denen sich auch eine Gitarre befand, vom Lager heraufzuholen. Auch meine drei Kameraden hatten bald Obdach gefunden; Lieutenant Mercer teilte nämlich seine Wohnung mit Peacock und Egloffstein sowie Lieutenant Dehart mit Taylor. Außerdem gehörten noch zu der lebenslustigen Gesellschaft Mr. Alexander, der SutlerSutler = Militärbeamter, der vom Gouvernement kontraktlich verpflichtet ist, für einen bestimmten Preis Waren an Offiziere und Mannschaft zu verkaufen. Er steht im Rang eines Seconde-Lieutenant. der Besatzung, Mr. Hinchmann, ein Rechtsanwalt aus Pueblo de los Angeles, der sich dort besuchsweise aufhielt, und Mr. Kennedy, der Baumeister des Postens.

      Als es dunkelte, saßen wir alle in der geräumigen Stube des Doktors vor der Glut eines tüchtigen Kaminfeuers; wir unterhielten uns wie Leute, die sich schon seit langen Jahren kennen, denn nirgends werden Bekanntschaften schneller geschlossen als im »Fernen Westen«, und es gab ja nichts, was die allgemeine Fröhlichkeit hätte stören können, wohl aber manches, was sie erhöhte, ja auf ihren Gipfel brachte, und um Mitternacht saßen wir noch an derselben Stelle und berieten uns darüber, auf welche Weise die nächste Zeit am angenehmsten zu verbringen sei. Egloffstein und ich hatten mit dem Aussuchen und der Übernahme der Maultiere nichts zu schaffen, dagegen lag es in unserm Interesse, soviel wie nur irgend möglich von Kalifornien zu sehen und kennenzulernen; wir nahmen daher mit Freuden den Vorschlag von Lieutenant Mercer entgegen: ihn in Gemeinschaft mit Mr. Hinchmann und Mr. Kennedy auf eine Fischexpedition zum Kernsee und zum Kernfluß im Tularetal zu begleiten.

      Unser Aufbruch war auf den folgenden Tag festgesetzt worden, und als wir uns am 16. November zum gemeinschaftlichen Frühstück versammelten, stand schon ein mit sechs Maultieren bespannter Wagen bereit, um den einige Soldaten sowie Lieutenant Mercers Neger damit beschäftigt waren, Lebensmittel, Zelte und Fischgerätschaften zu verpacken. Wie eine sorgsame Mutter überwachte Mr. Alexander diese wichtige Arbeit, wobei er gelegentlich dem lebhaften Negerburschen, der uns als Koch begleiten sollte, weise Ratschläge erteilte: »Louis, sind die Flaschen gut gekorkt? Sind die Eier sicher verpackt? Wickle Stroh um die Blechbüchsen, schwarzer Sünder, damit sie nicht entzweigestoßen werden. Stell das Fäßchen aufrecht, Louis, und die Körbe mit den Flaschen so, daß die Herren sie zu jeder Zeit fassen können. Tritt mit deinen Zentnerfüßen nicht so auf dem Mehlsack herum, oder dein dicker Schädel soll mir dafür büßen!« So redete und brummte der gemütliche Mr. Alexander zu dem Neger. Louis nun, entzückt über die in Aussicht stehende Reise und über die Scherze des Mr. Alexander, lachte dermaßen, daß seine Augen sich wie zwei Billardbälle aus ihren Höhlen drängten, dicke Tränen über seine blauschwarzen Wangen rollten und die Mundwinkel sich fast mit den Ohren vereinigten, wobei er es an witzigen Gegenbemerkungen nicht fehlen ließ. Unter den Glückwünschen der Zurückbleibenden kletterten der wohlbeleibte Hinchmann, Egloffstein und ich auf den Wagen; Lieutenant Mercer, Mr. Kennedy, zwei Dragoner und der Neger schwangen sich auf ihre Pferde, die Peitsche knallte, die Hunde bellten, und fort ging es dem nördlichen Ende der Schlucht zu.

      Der Weg führte stark abwärts; an den gefährlichsten Stellen desselben war gebaut und verbessert worden, doch konnte wegen der überhängenden Bäume und Felsblöcke sowie wegen der kurzen Windungen des unterwühlenden Sturzbachs nur langsam und mit größter Vorsicht gereist werden, und dies noch um so mehr, als zwischen den dicht zusammengerückten Bergen, die sich über 3000 Fuß hoch über ihrer Basis erhoben, ein Ausweichen vollständig unmöglich war. Die Felsen zeigten hier denselben Charakter wie weiter oberhalb; ich bemerkte nämlich überall Granitformation, und im Bett des Bachs lagen durcheinander mächtige Bruchstücke von Granit, Syenit und metamorphosiertem Gestein; auch Sandstein fand ich hin und wieder, und zwar angefüllt mit fossilen Muscheln. Auf den Höhen bildeten spärlicher Graswuchs und niedrige, kränkelnde Eichen die einzige Vegetation; unten in der Schlucht dagegen schien der aus aufgelöstem Granit und anderem verwitterten Gestein bestehende Boden dem Wachstum der Eichen besonders förderlich zu sein, denn kräftig ragten empor manche der schönen kalifornischen Arten. Doch auch verschiedene Arten von Tannen erblickte ich, vorzugsweise aber die an westlichen Abhängen der Sierra Nevada so häufig vorkommende Pinus ponderosa und die so merkwürdige Zuckertanne (Pinus Lambertiana),Pinus Lambertiana oder die Zuckertanne ist fast durchgängig in allen Gebirgsgegenden von Kalifornien verbreitet, ohne indessen Wälder zu bilden. Dieselbe erreicht nicht selten einen Durchmesser von 10 Fuß und eine Höhe von 200 Fuß und kann mit Recht nach der Wellingtonia-gigantea als die Königin der Tannen bezeichnet werden. Der Name Zuckertanne rührt von dem merkwürdigen Umstand her, daß aus dem Holz und den Wurzeln, vorzugsweise angebrannter und beschädigter Stämme, zuckerähnliches Harz quillt, das in seinen Eigenschaften dem Manna gleicht und von den Minenarbeitern sehr gesucht wird. Diese Substanz ist in dortigen Regionen unter dem Namen Pinite bekannt. deren Harz, besonders bei angebrannten Bäumen, an Süßigkeit dem Zucker fast gleichkommt, und auch vielfältig an dessen Statt gebraucht wird.

      Gegen Mittag erreichten wir das Ende der Canada, und das Tularetal lag in seiner ganzen Ausdehnung vor uns. Wir befanden uns noch ungefähr 800 Fuß über der Basis der südwestlichen Spitze der Sierra Nevada, die auch Tejon Mountains genannt wird und durch die der Weg uns auf eine plateauähnliche Abflachung der äußersten Hügel geführt hatte. Links von uns, in schwer zugänglicher Tiefe, rieselte der Bach der Canada de las Uvas; derselbe versinkt nach kurzem Lauf im Tal und bezeichnet zugleich das nördliche Ende der Canada, das unter 34º 54’ 40’’ n. Br. fällt.

      Von diesem Punkt aus genoß ich eine weite Aussicht, die im Westen die dunkelblauen Küstengebirge, im Osten die schimmernde Sierra Nevada, im Norden aber wie auf dem endlosen Ozean der Horizont begrenzte. Eine wüstenähnliche Stille und Einförmigkeit, die in nebliger Ferne nur von zwei glänzenden Wasserspiegeln unterbrochen wurde, ruhte auf der weiten Ebene; doch das Tal, die duftige Ferne, die zackigen Gebirgszüge und die gegen Nordosten über diese emporragenden weißen Schneekuppen der Sierra Nevada vereinigten sich zu einem schönen erhabenen Ganzen, von dem der Reisende sich nicht trennt, ohne einen Eindruck fürs ganze Leben mitzunehmen.

      In stiller Verwunderung hielten wir einige Minuten, bis Lieutenant Mercer uns zur Eile trieb und einen Punkt an dem ersten See bezeichnete, den wir vor Einbruch der Nacht erreichen СКАЧАТЬ