Reisen in die Felsengebirge Nordamerikas. Balduin Mollhausen
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СКАЧАТЬ folgenden Morgen, dem 13. November, in aller Frühe rüsteten wir uns zur Weiterreise. Der Wind hatte sich gelegt, das Wetter war so schön, so klar, die Kuppen der Berge schwammen in Sonnenschein, und im Schatten der Felsen und Bäume führte die Straße dahin, die der San Francisquito Creek mit seinen Schlangenwindungen immer von neuem durchschnitt. Verlockt durch den schönen Morgen, eilte ich dem Wagen voraus und ergötzte mich bald an der malerischen Umgebung, bald an dem Treiben der kleinen Tierwelt, welche die Schlucht vielfach belebte. Es war dies das erstemal, daß ich mich seit dem Antritt meiner Reise wieder von Herzen glücklich fühlte, zum erstenmal, daß ich mich wieder ungestört einem Genuß hingeben konnte, den allein die Natur liebreich ihren warmen Verehrern zu gewähren vermag. Mit inniger Freude denke ich an jenen Morgen zurück, wo ich in der Krone jedes Baumes, in jedem hervorragenden Felsen, in jedem Spiegel und jedem kleinen Fall des klaren Baches einen Gruß für mich zu finden meinte. Ich horchte auf den lauten Flügelschlag der auffliegenden Tauben, auf das ernste Schnarren der zänkischen Häher und auf das tausendfache Locken der reizenden Rebhühner, die eben ihren Frühtrunk genommen hatten und spielend ins Gebirge eilten. Ich sah flinke Wiesel und neugierige Eichhörnchen, die bei meiner Annäherung scheu flohen und sich hinter Steinen oder in Höhlen verbargen; ich beobachtete sie, wie sie aus ihrem Versteck mit gerecktem Hals und klugen Augen zu mir herüberschauten und dann, sobald ich an ihnen vorbei war, schnell hervor- und auf einen erhöhten Gegenstand sprangen, sich aufrecht hinsetzten, mir gleichsam verwundert nachguckten und endlich in drolligen Sprüngen sich wechselseitig jagten. Ich sah alles, und von allem nahm ich eine freundliche Erinnerung mit; ich sah auch einen Wolf, aber nur in weiter Ferne; er schien dort nicht hinzugehören.

      Meile auf Meile legte ich zurück auf dem vielbefahrenen Weg. Es war dies nämlich die Emigrantenstraße, die von Pueblo de los Angeles durch den Tejonpaß nach den Tularetälern und den Goldminen am San-Joaquin-Fluß führt. Zu beiden Seiten erblickte ich Sandstein und Granitfelsen, doch schien höher hinauf letzterer vorherrschend zu sein. — An den Basen der Berge und auf den Ufern des Baches erkannte ich außer Cottonwood-Bäumen auch Platanen und Eichen, während an den Abhängen der Berge sich in Gruppen der bekannt schöne Manzanitastrauch und der Sägebusch zusammendrängten, zu denen nahe den Gipfeln noch verkrüppelte Zedern kamen.

      Als ich tiefer ins Gebirge gelangte, wurde die Straße unwegsamer, denn wie die Zähne einer Säge faßten die Basen der Berge ineinander, und in diesem Zickzack tobte der kleine Bach über losgerissene Felsblöcke mir entgegen. Nur langsam folgten die Wagen, die an den abschüssigen Ufern kaum im Gleichgewicht zu halten waren. Schon in einer Höhe von 1500 Fuß lag Schnee, doch herrschte in der Schlucht die angenehmste Temperatur, hervorgerufen durch die Sonnenstrahlen, welche die Felsen erwärmten, sowie durch den Schutz, den die Gebirgszüge gegen den rauhen Wind gewährten.

      Vier Meilen von dem höchsten Punkt des San-Francisquito-Passes erweiterte sich die Schlucht zu beiden Seiten und bildete ein malerisches kleines Tal. Zahlreiche Quellen entrieselten dort fruchtbarem Boden, was einige vorüberreisende Familien wahrscheinlich angelockt hatte, sich dort anzusiedeln; ich erblickte nämlich zwei Gehöfte, die von eingefriedeten und wohlbestellten Feldern umgeben waren, auf denen stattliches Vieh träge umherschritt.

      Dort nun, unter einer knorrigen, weitverzweigten Eiche, hielten wir an, um die Nacht hier zuzubringen. Es war zwar noch früh, doch kannten wir nicht genau die Entfernung bis zum nächsten Wasser; und auch der Widerwille gegen ein Nachtlager im Schnee hielt uns ab, eine so bequeme Stelle zu verlassen und an diesem Tag noch weiter hinaufzureisen. Gleich Herrn von Egloffstein benutzte ich daher die Zeit, um die nächsten Höhen zu ersteigen und von dort aus einen Blick auf die vor uns liegende Schneelandschaft zu werfen, durch die am folgenden Tag unser Weg führen sollte.

      Am 14. November, nach Zurücklegung der ersten zwei Meilen, befanden wir uns schon in winterlichen Regionen; zwar anfangs nur in geringem Maße, doch als wir den höchsten Punkt des Passes (3437 Fuß ü. d. M.) erreichten, wurde das Geräusch der nun wieder abwärts rollenden Wagen durch zwei Zoll tiefen Schnee gedämpft. Die Baum- und Strauchvegetation schien hier ihr Ende erreicht zu haben; kahle Hügel drängten sich dicht aneinander und bildeten die östliche Grenze des vor uns liegenden Elisabethtals, während es die von uns überschrittene Gebirgskette (San Bernardino Range) im Süden sowie eine unbedeutendere gegen Norden einfaßten. Westlich, in weiter Ferne, schienen diese beiden Bergketten zusammenzustoßen und ein langes, schmales Becken zu bilden. Wir gelangten bald ins Tal hinab, wo wir in einem roh gezimmerten Haus von den mexikanischen Bewohnern desselben frisches Fleisch erstanden und dann unsere Reise ohne weiteren Zeitverlust in nordwestlicher Richtung fortsetzten. Hier fanden wir die ersten Spuren des Erdbebens, das im Jahre 1856 diesen Teil Kaliforniens so sehr erschütterte und im ganzen Staat bis hinunter nach Fort Yuma gefühlt wurde. Es war eine ungefähr sechzehn Fuß breite Furche, die sich, soweit das Auge reichte, von Osten nach Westen erstreckte und die anscheinend dadurch entstanden, daß der Boden sich weit geöffnet und dann wieder mit unwiderstehlicher Gewalt geschlossen hatte. Nach den Aussagen der Bewohner der Hütte erstreckte sich diese Furche viele Meilen weit. Einige Tage später hatte ich Gelegenheit, in der Nähe des Tularetals, also noch fünfzig Meilen weiter, über die Wirkungen dieser furchtbaren Erderschütterung zu staunen.

      Als wir die östliche Spitze des Elisabethsees erreichten, teilte sich unsere Straße, indem ein Weg geradeaus zwischen dem See und der nördlichen Bergkette hinführte, der andere dagegen in einen nördlich gelegenen Paß einbog. Wir wählten den letzteren und waren bald von Höhen umgeben, deren Felsen, wo sie der Schnee nicht bedeckte, hauptsächlich Sandsteinformation zeigten. Die Zurücklegung der nächsten zwei Meilen, auf welcher Strecke die Straße sich stark senkte, brachte uns an das Ende des Passes und zugleich wieder aus dem Schnee. Nach einer kurzen Fahrt zwischen runden, kahlen Hügeln gewannen wir endlich eine weite Aussicht über den westlichen Winkel des Großen Beckens (Great Basin),Das Utah-Territorium oder Great Basin, von Col. Frémont zuerst so benannt (im Jahre 1845; »Frémont’s report of the exploring expedition to the Rocky mountains, and to Oregon and to North California, House Doc. No. 166«, 1845), weil die Wasser in demselben keinen Abfluß nach außen haben, umfaßt die ungeheuren Länderstrecken zwischen der Sierra Nevada im Westen und den Wahsatch-Gebirgen im Osten sowie zwischen den San-Bernardino-Gebirgen im Süden und dem Snake River im Norden mit einer durchschnittlichen Breite nach allen Richtungen hin von 500 bis 700 Meilen. Die Erscheinung dieses vollständig abgeschlossenen Beckens ist um so auffallender, als seine Oberfläche sich zu der bedeutenden Höhe von 4000 bis 6000 Fuß über dem Meeresspiegel erhebt (nach Frémont). Die Oberfläche ist indessen nicht, wie man vielleicht vermuten sollte, eine ununterbrochene Ebene, sondern Gebirgszüge erheben sich mauerartig auf derselben und fassen kesselförmig umfangreiche Täler ein, in deren Mitte langgestreckte Gebirgsabhänge, schiefe Ebenen bildend, auslaufen. Ähnliche Täler und schiefe Ebenen hatte ich Gelegenheit im Stromgebiet des Colorado zu beobachten.

      Die Trockenheit des Great Basin kann wohl mit Recht in Zusammenhang mit der langen Kette der Sierra Nevada gebracht werden, die sich wie ein Wall zwischen ersterem und der Südsee hinzieht und mit ihren hohen Gipfeln den Niederschlag der Feuchtigkeit bewirkt, welche die Seewinde sonst landeinwärts treiben würden.

      Wir befanden uns 3219 Fuß über dem Meeresspiegel, also niedriger als am frühen Morgen. Unsere Straße, die sich an der Basis der südlichen Gebirge hinzog, war von hier ab wieder sanft ansteigend; dagegen rechts von uns, nach der Mitte der Ebene zu, senkte sich das Land in einem stärkeren, aber durchaus gleichmäßigen Grad. Dort zieht sich das fast beständig trockene Bett eines Flusses hin, das sich nach der Mitte des Großen Beckens zu erstreckt, vielleicht auch in einiger Entfernung ganz verschwindet. Die Gebirge waren, soweit man zu unterscheiden vermochte, an den Abhängen der Schluchten und in den Schluchten selbst mehr oder weniger mit Zedern und Tannen bewachsen, auf der Ebene hingegen suchte das Auge vergebens nach Vegetation. Nur der Yucca- oder spanische Bajonettbaum schien der wüstenähnlichen Sandfläche eigentümlich zu sein, denn mehrfach sah ich ihn förmlich kleine Wälder bilden, häufiger aber in Gruppen und vereinzelt in der Ferne emporragen. In letzteren Fällen hatte dieser Baum gewöhnlich eine auffallende Ähnlichkeit mit Menschen oder Viehherden, so daß es gewiß oftmals schwer gewesen sein würde, richtig zu unterscheiden, СКАЧАТЬ