Handbuch des Strafrechts. Bernd Heinrich
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Название: Handbuch des Strafrechts

Автор: Bernd Heinrich

Издательство: Bookwire

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isbn: 9783811456655

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СКАЧАТЬ (auch den jüngeren[96]) vorgenommen wird, was wiederum die Risikoprognose und damit den Achtungsanspruch des Verbots beeinflusst. Folglich lässt sich eine Neujustierung der Drogenklassifizierungen nicht länger verschieben.[97] Die Vertragsstaaten sind (vor allem vor dem Hintergrund der Neubewertung von Cannabis, vgl. noch Rn. 117) dringend angehalten, sich über einen Katalog an maßgeblichen Unterscheidungskriterien und abgestuften Konzepten zu verständigen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich hingegen mit der Einführung einer weiteren Stoffkategorie ohne materiellen Gehalt (namentlich die neue, psychoaktive Substanz, Rn. 44) noch weiter von messbaren, der empirischen Forschung zugänglichen Unterscheidungskriterien entfernt. Dies gilt es baldmöglichst zu korrigieren.[98]

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      Die Abgrenzung des Betäubungsmittels zu anderen Stoffkategorien ist aufgrund des Systems der Positivliste prima vista nicht besonders schwierig. Wie bereits erläutert, ist die Liste abschließend und konstitutiv, sodass die Nichtauflistung bereits Aufschluss darüber gibt, ob es sich bei dem konkreten Wirkstoff um ein Betäubungsmittel handelt, mithin das BtMG einschlägig ist.

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      Dies bedeutet nicht, dass andere Regelwerke per se nicht einschlägig sein können. Insbesondere bei verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln der Anlage III drängt es sich auf, dass diese auch der arzneimittelrechtlichen Qualitätskontrolle (mithin den Vorschriften des AMG) unterliegen, was in § 81 AMG nochmals klargestellt wird.

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      Während sich die Arzneimitteleigenschaft verschreibungsfähiger und im Einzelfall auch verordneter Betäubungsmittel aufdrängt, ist es eine gänzlich andere Frage, ob jedweder Stoff, der pharmakologisch wirkt, aber trotz seiner stimulierenden, sedativen, halluzinogenen oder sonst psychoaktiven Wirkung noch nicht in die Anlagen des BtMG aufgenommen worden ist, zumindest als (Funktions-)Arzneimittel klassifiziert werden kann. Jedenfalls der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG setzt keine therapeutische, sondern lediglich eine pharmakologische Wirkung auf die physiologischen Funktionen voraus, sodass eigentlich jeder aufbereitete Stoff, der chemisch wirkt, unter den Begriff des Arzneimittels fällt (mithin auch: Gifte, Rauschgifte, Reinigungsmittel und sonstige Chemikalien). Bei solch einer Betrachtung könnte die strafrechtliche Verfolgung des Handels mit Drogen stets auch unter die Strafvorschriften der §§ 95 ff. AMG subsumiert und das Betäubungsmittelgesetz müsste als lex specialis für gelistete Betäubungsmittel gedeutet werden.

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      Diese Frage ist vor allem im Bereich der Designerdrogen von besonderer Bedeutung. Hierzu zählen etwa synthetische Cannabinoide (die allenfalls partiell in ihren Wirkweisen Cannabis gleichen): Besonders bekannt wurde als „Vorläufer“ der neuen Designerdrogenwelle zur Jahrtausendwende der Wirkstoff JWH-018 sowie das CP-47, die in dem unter dem Namen „Spice“ vermarkteten Cannabimimetikum enthalten waren. Daneben nehmen die echten „research chemicals“ – vornehmlich Tryptamin- und Phenylethylaminderivate (Cathinone und Piperazine) – eine bedeutsame Rolle ein. Derartigen neuen psychoaktiven Stoffen ist gemeinsam, dass ihre chemische Zusammensetzung ohne Aufwand „umgestellt“ bzw. erweitert werden kann.[99]

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      Die Auffassung war aber sowohl systematisch als auch teleologisch Kritik ausgesetzt, zumal sie der restriktiven Haltung des EuGH im Hinblick auf den Arzneimittelbegriff kaum gerecht wurde,[104] stattdessen einen „provisorisch“ materiell-rechtlichen Betäubungsmittelbegriff schuf und das AMG in ein Auffangbecken für „Betäubungsmittel in spe“ umwandelte. Der EuGH lehnte solch einen extensiven Arzneimittelbegriff (retrospektive wenig überraschend) ab, als er die Frage zur Entscheidung vorgelegt bekam,[105] ob neue psychoaktive Substanzen als Arzneimittel klassifiziert werden könnten. Demnach seien vom Funktionsarzneimittelbegriff keine Stoffe erfasst, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der menschlichen Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein; die nur konsumiert werden, um einen Rauschzustand hervorzurufen, und die dabei gesundheitsschädlich sind.[106] Obergerichte[107] und auch der BGH haben die Auffassung des EuGH im Anschluss übernommen.[108]

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      Bereits während der Entwicklungen rund um die Frage der Auffangfunktion des Arzneimittelrechts in der Rechtspraxis arbeitete der Gesetzgeber an einem Gesetz zur Bekämpfung der Verbreitung neuer psychoaktiver Stoffe. Ergebnis war das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG), welches das deutsche Stoffrecht um eine weitere Stoffkategorie erweitert hat. § 1 NpSG legt den Anwendungsbereich des Gesetzes fest und grenzt es im Abs. 2 zu den übrigen Regelwerken (BtMG und AMG) ab. Es folgen im § 2 NpSG Begriffsbestimmungen, wobei Nr. 1 parallel zu § 1 BtMG festlegt, dass ein npS ein Stoff oder eine Zubereitung eines Stoffes aus einer der in der Anlage genannten Stoffgruppen ist. In § 3 NpSG findet sich das Verbot für zahlreiche Umgangsformen mit einem Stoff i.S.d. Regelwerks, wobei diese – anders als im Betäubungsmittelrecht – auch nicht unter einen Erlaubnisvorbehalt gestellt sind.[109]

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      Dabei wird der Begriff der neuen psychoaktiven Substanz (§ 2 NpSG) ebenfalls mit einer Positivliste konkretisiert, mit dem Unterschied, dass in der Anlage keine zusammengesetzten Wirkstoffe aufgelistet werden, sondern kombinierbare Seitenketten und Ringsysteme, die für bestimmte Designerdrogen immer wieder verwendet und abgewandelt werden. Damit erschöpft sich der Inhalt dieses Verbotsgesetzes in der Idee, den drug designern bereits bekannte „Zutaten“ für einen neuen psychotropen Wirkstoff zu entziehen. Dass man auch hier wieder auf das Anlagensystem zurückgreifen muss, macht deutlich, dass sich an der Ausgangssituation nicht viel ändert, weil im Laufe der Zeit sicherlich noch zahlreiche Stoffkombinationen entwickelt werden, die nicht von den Anlagen umfasst sind.[110] Der Gesetzgeber scheint in Anbetracht der „legal-high“-Welle (die mit Blick auf erste Erhebungen ohnehin nicht überschätzt werden darf[111]) aus den Augen verloren СКАЧАТЬ