Название: Handbuch des Strafrechts
Автор: Bernd Heinrich
Издательство: Bookwire
isbn: 9783811456655
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1. Handeltreiben
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Als zentrale, absatzorientierte Tathandlung des BtMG bedarf das „Handeltreiben“ näherer Erläuterung. Grundsätzlich soll das „Handeltreiben“ das Unrecht erfassen, welches darin besteht, mit Betäubungsmitteln „Geld zu verdienen“. Es geht also nicht um einen einfachen Verstoß gegen den Erlaubnisvorbehalt (Abgabe, Erwerb, Inverkehrbringen, Anbau), sondern um eine „qualifizierte“ Handlung, bei der das Gewinnstreben im Mittelpunkt steht. Umsatzbezug und Eigennutz markieren den Unterschied zu allen anderen Umgangsformen und erleichtern die begriffliche Abgrenzung.
a) Definition, Erscheinungsformen und Deliktsnatur
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Als Handeltreiben ist nach tradierter und gefestigter Rechtsprechung jede eigennützige auf Umsatz gerichtete Tätigkeit zu verstehen, auch wenn diese sich nur als gelegentlich oder einmalig darstellt.[125] Der Begriff wird äußerst extensiv ausgelegt, was dazu führt, dass weitere Tathandlungen wie „Einfuhr“, „Abgabe“, „sonstiges Inverkehrbringen“ etc. bereits vom Handeltreiben erfasst sind und nur dann rechtlich eigenständige Bedeutung erlangen, „wenn sie nicht als rechtlich unselbstständige Teilakte des Gesamtgeschehens im Handeltreiben aufgehen“.[126] Das Handeltreiben unterscheidet sich, wie die Definition bereits vermuten lässt, von den anderen Tathandlungen darin, dass der Täter mit Umsatzwillen und eigennützig handelt. Nicht erforderlich ist, dass der Täter ein eigenes Umsatzgeschäft betreibt. Weil jede auf einen Umsatz gerichtete Tätigkeit genügt, kann eine auf die Förderung fremder Umsatzgeschäfte gerichtete Tätigkeit ebenfalls den Tatbestand erfüllen.[127] Die Förderung von Fremdumsätzen kommt vor allem bei der Vermittlung von Umsatzgeschäften oder bei diesbezüglichen Hilfstätigkeiten in Betracht, wie z.B. bei Kurierdiensten, Transportleistungen, Lagerung und Verwahrung.
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Erfasst sind zunächst typische „Dealer“-Begehungsweisen, wie der Verkauf von Drogen mit Gewinnabsicht bzw. die Vermittlung in Provisionserwartung; aber selbstverständlich sind auch die absatzorientierte Beschaffung, der Transport (von Streckmitteln), die Überwachung von Kurieren oder die finanzielle Abwicklung des Geschäfts Tätigkeiten, die „auf“ den Umsatz von Betäubungsmitteln „gerichtet“ sind. Es genügt bereits der Anbau, der Ankauf zum Zwecke des Weiterverkaufs, ja selbst das Blicken aus dem Fenster in der Hoffnung, man werde einen Dealer treffen, könnte unter Zugrundelegung der weiten Definition unter das Handeltreiben subsumiert werden. Handlungen weit im Vorfeld (der Kauf von Betäubungsmittelsamen oder Digitalwaagen) können grds. vollendetes Handeltreiben darstellen, wenn diese mit der Intention erfolgen, Betäubungsmittel umzusetzen.
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Insofern muss das Handeltreiben als abstraktes Gefährdungsdelikt eingeordnet werden, das keinen Außenwelterfolg (im Sinne einer Verletzung bzw. konkreten Gefährdung) voraussetzt.[128] Es muss weder zu einem Umsatzerfolg, noch zu einer sonst erfolgreichen Abwicklung des Geschäfts gekommen sein. Wenn man insofern auch darauf hinweist, dass es sich beim Handeltreiben nicht um ein Erfolgs-, sondern um ein schlichtes Tätigkeitsdelikt handele, so greift dies noch zu kurz; vielmehr müsste man, da die Tätigkeit nicht abschließend beschrieben ist, von mehreren Tätigkeitsdelikten in einem sprechen bzw. könnte das Handeltreiben bei solch einer Auslegung auch als „multiples Tätigkeitsdelikt“ bezeichnen (zum Teil ist auch von einem unechten Unternehmensdelikt die Rede).[129]
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Eine Einschränkung erfährt der Tatbestand insofern nur über die subjektiven Merkmale des Umsatzwillens und des Eigennutzes: Am Umsatzwillen fehlt es bspw., wenn der Angeklagte ohne jegliches Zutun in ein Rauschgiftgeschäft verwickelt worden ist und deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Förderung des Umsatzes von Betäubungsmitteln nicht wollte,[130] oder sich ernsthaft um Verständigen der Polizei bemüht hat, aber wegen sprachlicher Schwierigkeiten nicht ernst genommen wurde.[131]
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Eigennützigkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn es dem Täter auf seinen persönlichen Vorteil ankommt.[132] Der vom Täter beabsichtigte finanzielle Gewinn ergibt sich bei Verkaufsgeschäften auf Grund einer Überschussrechnung: Liegt der Verkaufspreis höher als der Einkaufspreis, so strebt der Täter einen Gewinn an.[133] Das Urteil muss konkrete Feststellungen zur Eigennützigkeit enthalten,[134] wobei Formulierungen wie „zum Selbstkostenpreis“[135] oder „zum Einstandspreis“[136] mit Vorsicht zu genießen sind:[137] diese können bedeuten, dass der Täter keinen Gewinn erzielt hat bzw. erzielen wollte, passen aber auch dann, wenn der Gewinn in dem zurückbehaltenen Eigenverbrauchsanteil liegt. Allein im Erlangen von Auskünften, Hinweisen oder Tipps[138] oder im Interesse an der Aufrechterhaltung einer gewinnbringenden Geschäftsbeziehung kann ein materieller Vorteil nicht gesehen werden, umso schwieriger wird die Feststellung – wie im Rahmen des Korruptionsstrafrechts auch – bei immateriellen Vorteilen (Aufrechterhaltung einer Liebesbeziehung etc.).[139]
b) Handeltreiben und Allgemeine Verbrechenslehre
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Als Strafvorschriften außerhalb des StGB (Nebenstrafrecht) finden auf die §§ 29 ff. BtMG die Vorschriften des Allgemeinen Teil des StGB gemäß Art. 1 EGStGB Anwendung. Unproblematisch ist dies vor allem hinsichtlich derjenigen Vorschriften, die nicht an die Tat (§§ 13 ff. StGB) knüpfen, man denke an die Verjährung gemäß §§ 78 ff. StGB, an das spezifische Strafzumessungsrecht (Sanktionsformen, Bewährung) oder an das Strafanwendungsrecht, wobei sich auch bzgl. dieser Normen partiell eine „betäubungsmittelrechtsspezifische“ Rechtsprechung herausgebildet hat.[140] Schwieriger scheint sich die Anwendung der Allgemeinen Verbrechenslehren zu gestalten, deren Anknüpfungspunkte die Vorschriften über die Tat (§§ 13–35 StGB) bilden. Jedenfalls beim Handeltreiben stößt die Allgemeine Verbrechenslehre an ihre Grenzen, was darauf zurückzuführen ist, dass der Verhaltensnorm ein objektiver Unrechtskern fehlt, an welche die im Rahmen der §§ 13 ff. StGB entwickelten Lehren knüpfen könnten.[141]
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Da schlicht jede Tätigkeit unter das Handeltreiben fallen kann (auch klassische Beihilfehandlungen, wie die der Kurier- bzw. Chauffeur-Tätigkeit), ist ein Rückgriff auf die Tatherrschaftslehre nicht möglich, vielmehr muss die Rechtsprechung hier in verstärktem Maße auf die subjektive Theorie zurückgreifen.[142] Die im ersten Schritt der Abgrenzung angewandte „Eigenhändigkeitsformel“ (wonach in Anlehnung an § 25 Abs. 1 Alt. 1 StGB jedenfalls derjenige Täter ist, der alle Merkmale in eigener Person erfüllt[143]) führt schließlich stets zur Täterschaft, da jede Tätigkeit für eine formelle Tatbestandsvollendung in personam genügt.[144] Für die Deliktsverwirklichungsstufen gilt, dass selbst in Situationen, in denen man bei unbefangener Betrachtung einen untauglichen Versuch annehmen würde, stets zu beachten bleibt, dass bereits der bloße Verbalhandel zur Vollendung führt; ob die Drogen jemals hätten geliefert werden können (weil der Hersteller sich weigert, zu liefern, oder weil die Drogen sichergestellt wurden, weil es sich bei dem Bezugsobjekt nicht um Drogen, sondern um Mehl handelte oder weil der Abnehmer ein verdeckter Ermittler ist), ist irrelevant.[145]
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Bis heute haben sich in der Rechtsprechung auch keine Mechanismen entwickelt, mit denen jenen geschilderten СКАЧАТЬ