Название: Besonderes Verwaltungsrecht
Автор: Группа авторов
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811472341
isbn:
179
Schließlich haben die Bürger und Einwohner das Recht, aber vor allem auch die Pflicht, ehrenamtlich an der gemeindlichen Verwaltung während einer bestimmten Dauer mitzuwirken. Ehrenamtliche Tätigkeit bedeutet die vorübergehende unentgeltliche Mitwirkung von Bürgern in einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis sui generis bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch die Gemeinde[557]. Ziel ist die Entbürokratisierung und Entlastung staatlicher bzw. kommunaler Mandats- und Funktionsträger durch stärkere unmittelbar-bürgerschaftliche Teilhabe[558]. In der Regel knüpft die ehrenamtliche Tätigkeit an die Bürgereigenschaft an, teils ist die Möglichkeit der ehrenamtlichen Mitwirkung an der gemeindlichen Verwaltung aber auch den Einwohnern zugänglich[559].
180
Die ehrenamtliche Tätigkeit kann nur aus besonderem Grund (Unzumutbarkeit der Übernahme der Aufgabe für den Bürger, langandauernde Abwesenheit oder Krankheit, zu hohes Alter (> 60 J.) oder familiäre Gründe[560]) abgelehnt werden. Die ehrenamtlich Tätigen unterliegen einer besonderen Treue- und Verschwiegenheitspflicht, so dass es ihnen untersagt ist, bei Befangenheit oder etwaigen Interessenkollisionen tätig zu werden[561]. Die Bestellung zur ehrenamtlichen Tätigkeit als Gemeinderat erfolgt durch Volkswahl und im Übrigen durch den Gemeinderat selbst per Verwaltungsakt, wobei diesem bei der Auswahl der Bürger ein Ermessensspielraum zusteht und vor allem der Vertrauensgrad eine wichtige Rolle spielt. Nur ausnahmsweise wird ein ehrenamtlich Tätiger zum Ehrenbeamten ernannt; dort wird dann die Bestellung durch Aushändigung einer Ernennungsurkunde abgeschlossen[562]. Für die ehrenamtliche Tätigkeit erhalten die Bürger (bzw. Einwohner in den Ländern, wo dies zulässig ist) eine angemessene Aufwandsentschädigung[563]. Im Übrigen sind die ehrenamtlich Tätigen Amtsträger im haftungsrechtlichen Sinne[564].
f) Sonstige Mitwirkungsrechte
181
Den Einwohnern stehen noch andere Mitwirkungsrechte zu, wie etwa der Zulassungsanspruch zu öffentlichen Einrichtungen (Rn. 216 ff.). Außerdem haben sie das Recht auf Unterrichtung durch die Gemeinde über alle bedeutsamen Angelegenheiten[565] sowie das Recht auf eine Beratung seitens der Gemeindeverwaltung einschließlich der Hilfe bei Stellung von Anträgen[566] und ihnen steht ein Beschwerderecht zu[567].
4. Pflichten von Einwohnern und Bürgern
182
Eine Pflicht der Bürger und Einwohner stellt die ehrenamtliche Tätigkeit bzw. in Ausnahmefällen das Ehrenamt dar. Hierher rechnen kurzfristige Verwaltungshilfen wie die eines Wahlhelfers ebenso wie längerfristige Engagements als ehrenamtlicher Richter, Schöffe oder sachkundiger Bürger in Ausschüssen der Gemeindevertretung.
183
Außerdem sind die Einwohner zur Tragung von Lasten verpflichtet[568], davon insbesondere erfasst ist die Pflicht der Einwohner zur Errichtung von Abgaben nach dem Kommunalabgabengesetz. Teils wird auch noch eine Pflicht zu Hand- und Spanndiensten in den Gemeindeordnungen der Länder festgelegt[569]. Systematisch gehören diese Pflichten nicht zur politischen Mitwirkung, sondern zur verwaltungsmäßigen Lastenverteilung und bilden insoweit das Gegenstück zu kommunalen Leistungs- und Teilhaberechten, insbesondere zum Einrichtungsbetrieb[570].
Zehntes Kapitel Kommunalrecht › § 64 Kommunalverfassung › D. Formen und Instrumente gemeindlichen Handelns
D. Formen und Instrumente gemeindlichen Handelns
184
Als Verwaltungsträger besitzen die Gemeinden grundsätzlich das Recht zum Einsatz der Organisations- und Handlungsformen des öffentlichen Rechts. Dabei steht die Errichtung weiterer juristischer Personen des öffentlichen Rechts unter Gesetzesvorbehalt[571]. Als Element der Selbstverwaltungsgarantie umfasst die Organisationshoheit im Bereich der freiwilligen und pflichtigen Selbstverwaltungsangelegenheiten die Verwendung privatrechtlicher Organisations- und/oder Handlungsformen. In Gestalt der öffentlichen Einrichtung besteht auf kommunaler Ebene ein besonderes Organisationsregime „für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Betreuung ihrer Einwohner“[572].
185
Nicht zuletzt zur Verwirklichung dessen, ferner zur Ausgestaltung der Binnenorganisation kommt den Gemeinden als unmittelbarer Ausfluss der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie die Satzungshoheit im Rahmen ihrer Verbandskompetenz zu. Sie ist von der auf besonderer gesetzlicher Ermächtigung beruhenden Verordnungsbefugnis wesensverschieden, weil sie in der Eigenverantwortlichkeit gründet.
I. Rechtsetzung der Gemeinden
186
Die Rechtsetzung der Gemeinden umfasst hauptsächlich die Satzung als Instrument zur Regelung eigener weisungsfreier Aufgaben der Gebietskörperschaft[573]. Soweit staatliche Gesetze dazu ermächtigen, besteht auch bei Auftragsangelegenheiten oder Pflichtaufgaben nach Weisung die Möglichkeit, Satzungen zu erlassen[574]. Das kommunale Verordnungsrecht gehört – zum Teil alternativ – ebenfalls zur Rechtsetzung der Gemeinden; es unterliegt regelmäßig den gleichen Voraussetzungen wie die Satzungsgebung[575]. Gleichwohl besteht ein gravierender Unterschied zwischen einer Satzung und Rechtsverordnung: Der Erlass von Rechtsverordnungen ist das Ergebnis von Dekonzentration, indem eine Regelungszuständigkeit, nicht aber die zugrunde liegende Aufgabe delegiert worden ist; demgegenüber ist das kommunale Satzungsrecht Folge der Dezentralisierung[576]. Daraus folgt, dass Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG bzw. die entsprechenden landesrechtlichen Regelungen auf den Erlass von Satzungen nicht anwendbar sind. Die danach verlangten materiell bestimmten Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage für den Rechtsverordnungserlass (Inhalt, Zweck, Ausmaß) sind mit dem Prinzip der Allzuständigkeit der Gemeinden unvereinbar[577].
a) Satzungsbegriff
187
Satzungen sind das selbstverwaltungsadäquate Regelungsinstrument und somit eine der wichtigsten Anwendungsfälle der Gesetze im materiellen Sinne[578]. Es handelt sich dabei regelmäßig um Rechtsvorschriften, d.h. abstrakt-generelle Regelungen, die von einer dem Staat zugeordneten juristischen Person des öffentliche Rechts im Rahmen der ihr gesetzlichen verliehen Autonomie (Satzungshoheit) kraft öffentlichen Rechts mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden[579].
b) Ermächtigungsgrundlage und Gesetzesvorbehalt
188
Aus Art. 28 Abs. 2 GG bzw. den entsprechenden Regelungen in den einzelnen Gemeindeordnungen[580] der Länder folgt eine „Generalermächtigung“ zum Erlass kommunaler Satzungen[581]. Diese allgemeinen Klauseln haben jedoch lediglich organisationsrechtliche Bedeutung, weil sie nicht den Anforderungen an den rechtsstaatlichen Parlaments- und Rechtsetzungsvorbehalt genügen. Davon ist die kommunale Rechtsetzung nicht freigestellt[582].
189
Eingriffe in Freiheit und Eigentum des Bürgers erfordern insoweit eine Rechtsgrundlage, die über die allgemeine kommunale Satzungsautonomie hinausgeht[583]. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht zum Parlamentsvorbehalt festgestellt, dass in grundrechtsrelevanten Fragen der staatliche Gesetzgeber selbst СКАЧАТЬ