Название: Besonderes Verwaltungsrecht
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Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811472341
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Der Gemeinderat kann nur dann formell rechtmäßige Beschlüsse fassen, wenn er beschlussfähig ist, wozu die Anwesenheit eines bestimmten Mitgliederquorums verlangt wird[414]. Während der Sitzung werden die Verhandlungsgegenstände beraten und bei Entscheidungsreife und -notwendigkeit entschieden. Wann eine Mehrheit vorliegt, insbesondere wie mit Enthaltungen zu verfahren ist, regelt üblicherweise das Gesetz[415]. Der Form nach stehen dem Gemeinderat bei Verfahrens- und Sachfragen die Abstimmung (Beschluss) und bei Personalauswahlentscheidungen die Wahl zur Verfügung.
d) Organzuständigkeiten
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Insoweit lässt sich differenzieren zwischen unübertragbaren Vorbehaltsaufgaben des Gemeinderates, übertragbaren Entscheidungszuständigkeiten mir Rückholrecht, delegierten Entscheidungszuständigkeiten mit Vorbehaltsermächtigung sowie unentziehbaren Vorbehaltsaufgaben anderer Organe, speziell des Bürgermeisters.
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In allen Gemeindeordnungen finden sich Regelungen, welche dem Gemeinderat die Entscheidung über bestimmte Angelegenheiten vorbehalten, so dass er diese nicht auf den Bürgermeister oder auf Ausschüsse delegieren kann[416]. Wenngleich sich die Kataloge im Einzelnen unterscheiden, betreffen die Vorbehaltsaufgaben des Gemeinderates immer Erlass, Änderung und Aufhebung von Satzungen und sonstigem Ortsrecht, die Wahl der Ausschussmitglieder, die Festlegung allgemeiner Grundsätze, nach denen die Verwaltung geführt werden soll, die Beschlussfassung über den Gemeindehaushalt und den Jahresabschluss sowie die Beschlussfassung über die Errichtung, Übernahme, Erweiterung, Einschränkung, Umwandlung und Auflösung von Wirtschaftsunternehmen und Sondervermögen der Gemeinde[417].
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Im Übrigen kann der Gemeinderat zum einen bestimmte Angelegenheiten allgemein oder im Einzelfall auf ein anderes Organ oder Unterorgan übertragen. Hierzu räumen manche Gemeindeordnungen der Gemeindevertretung eine Primärzuständigkeit mit der ausdrücklichen Möglichkeit der Delegation ein[418]. Zum anderen wird darüber hinaus in einigen Kommunalverfassungen die Zuständigkeit eines anderen Organs, nämlich des Bürgermeisters, fingiert und zugleich die Ermächtigung des Gemeinderats statuiert, die Zuständigkeit an sich zu ziehen[419]. Das Verhältnis der Kompetenzen ist also in diesen beiden Fällen umgekehrt.
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Schließlich existiert ein Zuständigkeitsbereich, der exklusiv anderen Organen, vor allem dem Bürgermeister, vorbehalten ist. Auf diese Kompetenzen kann der Gemeinderat weder Einfluss nehmen noch sie verbindlich wahrnehmen[420]. Für die Bestimmung dieser unentziehbaren Vorbehaltsaufgaben anderer Organe muss das jeweilige Landesrecht herangezogen werden. Die meisten Gemeindeordnungen übertragen dem Bürgermeister die Zuständigkeit für die Geschäfte der laufenden Verwaltung, die Verwaltungsleitung und die Vertretungsmacht, Dringlichkeitsentscheidungen sowie das Recht, Beschlüssen des Gemeinderates zu widersprechen bzw. sie zu beanstanden.
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Bei den Aufgaben des Gemeinderates liegt der Akzent auf der Entscheidungszuständigkeit. Zur Vorbereitung und Durchführung von Beschlüssen ist der Gemeinderat auf die Gemeindeverwaltung angewiesen, die dem Bürgermeister untersteht[421]. Der Bürgermeister ist beim Vollzug der Gemeinderatsbeschlüsse aber keineswegs völlig frei, sondern wird dabei von der Vertretung überwacht. Die Gemeindeordnungen räumen dem Gemeinderat diesbezüglich Kontrollzuständigkeiten ein. Gleichermaßen erfasst werden die dem Bürgermeister zugewiesenen Entscheidungskompetenzen. Um die Kontrollaufgabe wahrnehmen zu können, sehen die Kommunalverfassungen eine Reihe von Informations- und Auskunftsrechten der Gemeindevertreter und umgekehrt von Berichts- und Auskunftspflichten des Bürgermeisters vor. So ist der Gemeinderat durch den Bürgermeister über alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zu unterrichten ist[422]. Der Bürgermeister ist darüber hinaus verpflichtet, einem Gemeindevertreter oder einer hinreichenden Anzahl auf Verlangen Auskunft zu erteilen oder zu einem Tagesordnungspunkt Stellung zu nehmen[423].
2. Bürgermeister
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Dem aus ehrenamtlich tätigen Mitgliedern zusammengesetzten Organ „Gemeinderat“ stellen nahezu alle Kommunalordnungen einen Hauptverwaltungsbeamten als zweites Organ gegenüber. Im Unterschied zum Kollegialorgan Gemeinderat ist der Bürgermeister ein monokratisches Organ, d.h. dass nur eine Person als Organwalter fungiert. Eine Ausnahme gilt diesbezüglich für Hessen, wo das zweite Gemeindeorgan in der Tradition der Magistratsverfassung ebenfalls kollegial organisiert ist[424]. Dieser sog. Gemeindevorstand besteht aus dem direkt gewählten[425] Bürgermeister als Vorsitzendem, dem Ersten Beigeordneten und weiteren Beigeordneten, die vom Gemeinderat gewählt werden[426]. Der Gemeindevorstand ist die Verwaltungsbehörde der Gemeinde und besorgt nach den Beschlüssen des Gemeinderates im Rahmen der bereitgestellten Mittel die laufende Verwaltung der Gemeinde[427]. Er vertritt ferner die Gemeinde nach außen[428] und nimmt damit die Aufgaben wahr, die in den anderen Ländern dem Bürgermeister obliegen[429].
a) Status
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Bürgermeister sind kommunale Wahlbeamte[430]. Sie werden in allen Bundesländern von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt[431]. Die Wahl des Bürgermeisters erfolgt mancherorts im Verbund mit der Wahl zum Gemeinderat, in anderen Ländern unabhängig von den Gemeinderatswahlen und unter Umständen auch mit abweichender Amtsdauer. Die erste Alternative soll einen „stärkeren politischen Gleichklang zwischen beiden Organen“ befördern[432], die zweite Alternative gerade umgekehrt die politische Unabhängigkeit des Bürgermeisters stärken[433].
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Bürgermeister werden zu (hauptamtlichen) Beamten auf Zeit ernannt, für die vorbehaltlich von Sonderregelungen[434] das reguläre Beamtenrecht gilt[435]. Unterhalb einer verschieden bestimmten Mindestgröße sehen die Gemeindeordnungen einiger Bundesländer den ehrenamtlichen Bürgermeister vor. Er hat die Stellung eines Ehrenbeamten[436], was ebenfalls grundsätzlich die Anwendung des allgemeinen Beamtenrechts nach sich zieht. Wählbar sind grundsätzlich Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG und Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union[437]. Die Wählbarkeit von EU-Ausländern ist allerdings in Bayern ausgeschlossen[438]. Von Bedeutung ist darüber hinaus die in vielen Gemeindeordnungen vorgesehene Höchstaltersgrenze, die in Sachsen bei 65 Jahren und z.B in Niedersachsen bei 67 Jahren liegt[439]. Höchstaltersgrenzen müssen vor Art. 3 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG Bestand haben, was angesichts einer Gesellschaft, СКАЧАТЬ