Название: Besonderes Verwaltungsrecht
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Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811472341
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Die Kommunalordnungen der Bundesländer regeln Rechtsschutzmöglichkeiten im Zusammenhang mit den Gemeinderatswahlen. Man kann diese Möglichkeiten anhand ihres Stadiums in Rechtsschutz vor der Wahl und Rechtsschutz nach der Wahl einteilen. Sowohl für die Beeinträchtigung des aktiven wie des passiven Wahlrechts haben die Kommunalwahlgesetze Beschwerden und Einwendungen bei der Gemeinde, dem Wahlausschuss bzw. dem Wahlleiter vorgesehen[529]; wenn überhaupt – teilweise wird Rechtsschutz in das Wahlprüfungsverfahren verlegt – kann erst gegen die außergerichtliche Entscheidung der Gemeinde bzw. der Rechtsaufsicht verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz erhoben werden. Nach der Wahl sehen alle Kommunalwahlgesetze die Möglichkeit bzw. die Pflicht der Wahlprüfung vor, an die sich ggf. verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz anschließt[530].
b) Einwohnerversammlung und Einwohnerantrag
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Ferner steht sowohl den Einwohnern als selbstverständlich auch den Bürgern die Teilnahme an Einwohnerversammlungen offen[531]. Dieses Mittel ist letztlich eine Folge der Forderung seit den 1970iger Jahren, die unmittelbar-demokratischen Mitwirkungsrechte der Einwohner und Bürger über das Wahlrecht hinaus auf Gemeinde- und Kreisebene zu stärken[532]. Damit wird den Gemeindeeinwohnern bzw. -bürgern die „Artikulation, Integration und der Umsetzung ihres politischen Willens“ ermöglicht, was wiederum zur Folge hat, dass sie sich mit den Aufgaben und Zielsetzungen der Gemeinde (besser) identifizieren können[533]. Nach manchen Gemeindeordnungen ist die Einberufung verpflichtend, wenn ein bestimmtes Quorum der Einwohnerschaft bzw. der Gemeinderat dies verlangt[534]. Insgesamt lässt die gesetzliche Ausgestaltung der Ortsversammlung eine Gleichbehandlung von Einwohnern und Bürgern erkennen.
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Darüber hinaus besteht in den meisten Ländern für Einwohner auch die Möglichkeit, einen Einwohnerantrag – nicht zu verwechseln mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheid – zu stellen, also den Gemeinderat durch schriftlichen, hinreichend bestimmten und begründeten Antrag zu verpflichten, eine in seine Zuständigkeit fallende Angelegenheit der gemeindlichen Selbstverwaltung aufzugreifen und auch zu bescheiden[535]. Für diesen Antrag gibt es bestimmte Voraussetzungen: Es gilt ein Unterschriftenquorum von 2,0–30 % der jeweils antragsberechtigten Bürger bzw. Einwohner und der Antrag hat binnen einer Jahresfrist oder innerhalb der Wahlzeit des Gemeinderats zu erfolgen[536]. Rechtsfolge eines zulässigen Einwohnerantrags ist nur die Verpflichtung des Gemeinderats, sich mit der gegenständlich benannten Angelegenheit zu befassen; seine Entscheidungskompetenz bleibt jedoch unberührt[537]. Rechtsschutz gegen die Zurückweisung des Einwohnerantrags kann vor den Verwaltungsgerichten mittels Verpflichtungsklage begehrt werden[538].
c) Bürgerentscheid und Bürgerbegehren
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Der Bürgerentscheid und das Bürgerbegehren[539] sind als Mitentscheidungsformen den Bürgern vorbehalten. Beiden Instrumenten kommt dabei eindeutig ein plebiszitärer Charakter zu[540]. Ein Bürgerentscheid findet dann statt, wenn eine landesrechtlich festgelegte Mehrheit der Mitglieder des Gemeinderats so beschließt oder aufgrund eines Bürgerbegehrens[541]. Ein Bürgerentscheid hat die Bedeutung, dass über wichtige Gemeindeangelegenheiten von den Bürgern in geheimer Abstimmung an Stelle der gewählten Gemeindevertretung direkt entschieden wird. Eine entsprechende Entscheidung per Bürgerentscheid hat folglich die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses[542]. Bürgerbegehren und -entscheid treten damit als direkt-demokratische Instrumente in Konkurrenz zu den „normalen“ repräsentativen Entscheidungsprozessen[543]. Das hierüber den Bürgern eröffnete Gestaltungspotential fördert Identifikations- und Zufriedenheitseffekte mit der Verwaltung, schwächt aber die Wirkmächtigkeit der gewählten Volksvertreter. Es dient der Durchsetzung singulärer individueller Interessen eines Teils der Ortsbevölkerung und unterliegt nicht dem in der Volksvertretung obwaltenden Ausgleich von Interessen über die Zeit und das Gemeindegebiet. Bei der Normierung plebiszitärer Elemente kommt dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Problematisch sind faktische Doppelzuständigkeiten[544].
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An ein Bürgerbegehren werden bestimmte Voraussetzungen geknüpft: Es muss zunächst eine bürgerbegehrensfähige Selbstverwaltungsangelegenheit vorliegen, die entweder positiv bestimmt oder anhand eines Negativkatalogs abgrenzt wird. Des Weiteren findet ein Bürgerbegehren nur statt, wenn der Antrag von einer bestimmten Bürgeranzahl unterschrieben wurde (Quorum), was meist von der Gemeindegröße abhängt und je nachdem bei ca. 3–10 % der Bürger liegt (in Sachsen 15 %[545]). Ferner muss das Bürgerbegehren schriftlich eingereicht werden mit einer genau formulierten Frage, Begründung und Kostendeckungsvorschlag; schließlich sind bestimmte Fristanforderungen zu beachten. Nicht bürgerbegehrensfähig sind solche Angelegenheiten, die bereits innerhalb der letzten 1–3 Jahre Gegenstand eines Bürgerentscheids waren. Darüber hinaus muss unterschieden werden zwischen initiierenden Bürgerbegehren und kassierenden, d.h. gegen einen ergangenen Ratsbeschluss gerichtete Bürgerbegehren, wobei erstere nicht fristgebunden sind[546].
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Bevor als Rechtsfolge des Bürgerbegehrens der Bürgerentscheid stattfindet, sehen die Kommunalordnungen die Feststellung der Zulässigkeit vor, für die entweder der Gemeinderat[547] oder die Kommunalaufsicht zuständig ist[548]. Gegen die Ablehnung des Bürgerentscheids kann mit den Mitteln des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes vorgegangen werden[549]. Besonders umkämpft ist die Phase vor dem (erfolgreichen) Bürgerentscheid, in der von Seiten des Gemeinderats, aber auch des Bürgermeisters als Hauptverwaltungsorgan versucht werden kann, dergestalt vollendete Tatsachen zu schaffen, dass der Bürgerentscheid obsolet wird. Manche Gemeindeordnungen sehen deshalb eine Sperrwirkung des zulässigen Bürgerbegehrens vor[550].
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Auch im Zusammenhang mit dem Bürgerbegehren stellt sich das Problem der Teilnahme von Unionsbürgern. Diesbezüglich gibt es keine Vorgaben der schon erwähnten Richtlinie 90/80/EG und es lässt sich auch keine diesbezügliche Aussage aus Art. 22 AEUV entnehmen, so dass auf bundesverfassungsrechtliche Maßstäbe zurückgegriffen werden muss. Nach Art. 20 Abs. 2 GG geht die Staatsgewalt vom Volk aus und wird durch Wahlen und Abstimmungen ausgeübt. Berücksichtigt man diese Differenzierung zwischen Wahlen und Abstimmungen, so kann man unter den Begriff der Wahlen in Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG nicht ohne Weiteres Abstimmungen fassen. Dieses Ergebnis lässt sich mit dem Zusammenhang zwischen Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG und Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG erhärten. Dies hat zur Folge, dass Unionsbürger zwar ein Wahlrecht auf kommunaler Ebene haben; der Wortlaut des Art. 28 Abs. 1 S. 3 GG allein aber keine Auslegung erlaubt, die ein Abstimmungsrecht für Unionsbürger ergibt. Unter dem Gesichtspunkt der Systemgerechtigkeit erscheint jedoch eine Erweiterung auf entsprechende plebiszitäre Verfahren, die grundsätzlich dieselben Fragen betreffen, die auch von den unter Beteiligung der EU-Ausländer gewählten Vertretungen entschieden werden, als grundsätzlich zulässig[551].
d) Konsultative Bürgerbefragungen
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Derartige Befragungen sind auf die Anhörung von Bevölkerungsteilen gerichtet, die von anstehenden Entscheidungen betroffen sein können[552]. Konsultative Bürgerbefragungen sind in Niedersachsen ausdrücklich vorgesehen[553], in den anderen Bundesländern hingegen lediglich angedeutet als Anhörungen oder Fragestunden[554]. Konsultative Bürgerbefragungen können nur hinsichtlich solcher gemeindlichen Angelegenheiten stattfinden, für welche der Gemeinderat auch entscheidungszuständig ist[555]. Der Unterschied zum Bürgerentscheid besteht darin, dass die Ergebnisse der Befragungen rechtlich unverbindlich für den Gemeinderat sind. Jedoch ist nicht jede Befragung zulässig, da die Entscheidungsverantwortung des Gemeinderats nicht unkontrollierten plebiszitären Gefahren in Gestalt unzähliger СКАЧАТЬ