Weihnacht von Karl May. Karl May
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Название: Weihnacht von Karl May

Автор: Karl May

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783742752215

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СКАЧАТЬ »Ja, denn ich verlaß mich nicht auf meine Schwestern, die übrigens ihre Sinne stets

       beisammen haben. – Kann vielleicht unsereins hier in diesem Hause auch wohnen, Herr

       Unteroffizier?«

       »Hm,« brummte der Mann. »Ich wunderte mich schon darüber, daß Sie hinein wollen, denn

       es ist eine Herberge für Handwerksburschen. Kommen Sie lieber mit zum Franzl! Ich gehe

       eben hin und werde Sie führen.«

       Diese Aufforderung war jedenfalls recht gut gemeint, aber Carpio fiel schnell ein:

       »Hat er ein Hotel, einen Gasthof? Ist es teuer bei ihm?«

       Da schlug der Beamte eine breite, behäbige Lache auf und antwortete:

       »Der Franzel? Teuer? Zumal gegen die Herren Studenten? Hahahaha! Da müssen Sie ihn

       kennen lernen! Er ist auch Student gewesen; er hat auf Schulmeister studiert, die Sache aber

       aufgegeben, weil ihn die reiche Wirtin zum Mann genommen hat. Nun spricht er von nichts

       lieber als von seinem Studium und hat keine größere Freude als wenn Studenten bei ihm

       einkehren. Wenn sie ihm gefallen, so ist es dann sein Gaudi, daß er sich nichts bezahlen läßt.

       Kommen Sie nur; die Sache läßt sich wohl machen!«

       Er ging voran, und wir beide folgten ihm; dabei hielt mich mein Freund ein wenig zurück und

       fragte besorgt:

       »Du, ob wir diesem famosen Wirte Franzl wohl gefallen werden?«

       »Warum sollten wir denn nicht?«

       »Weil jeder Mensch seinen besonderen Geschmack hat. Wenn er seinen Narren an uns frißt,

       so ist es wohl möglich, daß wir nichts zu bezahlen brauchen; aber wenn er uns erst fein und

       teuer traktiert und dann hinterher nicht leiden mag, so können wir leicht mit einem einzigen

       Schlage um dein und mein ganzes Vermögen kommen!«

       »Das steht nicht zu befürchten. Man bezahlt doch nichts, was man nicht selbst bestellt hat,

       und wir werden uns wohl hüten, eine große Rechnung auflaufen zu lassen. Es giebt derartige

       Menschen, wie der Gendarm den Franzl beschreibt – Schulmeister studirt! – sie besitzen

       keine akademische Bildung, denken aber vielleicht, noch mehr als das zu können. Wenn man

       sie bei dieser ihrer Meinung läßt, fließen sie vor lauter Freundschaft über. Dieser Franzel ist

       vielleicht ein hübscher, junger Mensch gewesen und hat nur aus diesem Grunde eine reiche

       Frau bekommen. Wir werden ja sehen.«

       »Höre, Sappho, du sprichst ja wie ein Buch, und noch dazu gar wie ein gedrucktes! Das hast

       du während unserer jetzigen Reise noch nicht gethan!«

       Sappho! Da kommt es doch ans Tageslicht, was ich verschweigen wollte! Man weiß, daß fast

       kein Student oder Gymnasiast ohne Spitznamen bleibt; ich war bis vor kurzem so glücklich

       gewesen, nur bei meinem gewöhnlichen Namen genannt zu werden, aber das war seit meinem

       Weihnachtsgedichte anders geworden. Man hatte nach einem Dichternamen für mich gesucht,

       und da dieser doch einen scherzhaften Anstrich haben mußte, war man auf den sonderbaren

       Gedanken gefallen, mich nicht nach einem Dichter, sondern nach einer Dichterin zu nennen.

       Man hing mir den Namen Sappho an, und als ich mich sträubte, dies zu dulden, bewies man

       mir, daß es keinen bezeichnenderen geben könne, weil Sappho die berühmteste Dichterin des

       Altertums und durch die unübertreffliche Reinheit und Schönheit ihrer Verse ausgezeichnet

       sei. Was konnte ich nun thun? Ich mußte mich fügen!

       Wenn Carpio sagte, daß ich während unserer Reise jetzt zum erstenmal wie ein Buch

       gesprochen habe, so hatte er wohl recht. Damit er sich auf unserer Wanderung wohlbefinden

       solle, gab ich mich ganz so, wie er war; ihm war das nur nicht aufgefallen, weil er keine Spur

       von Beobachtungsgabe besaß. Der mir liebe, immer ernste und stets fleißige Freund besaß

       einige Eigenschaften, welche leicht seine ganze Zukunft in Frage stellen konnten. Er war

       zunächst von einer geradezu kindlichen oder gar kindischen Harmlosigkeit, die keine

       Thatkraft aufkommen läßt und alles womöglich beim Schwanz anstatt beim Kopfe anfaßte.

       Dabei liebte er es, der einfachsten Sache eine größere Bedeutung, als sie besaß, beizulegen

       und besonders auf unsern Wanderungen dem nüchternsten Gegenstand oder Vorkommnis

       eine romantische Färbung zu erteilen. Daher der Eissporn, das Sicherheitsschloß, das

       Brennglas und andere Gegenstände, welche er mitgenommen hatte.

       Eine andere und zwar seine hervorragendste Eigentümlichkeit war eine Zerstreutheit, welcher

       man bei seinem jetzigen Alter zwar nur die heitere Seite abzugewinnen brauchte, die aber

       doch schon versprach, später für ihn verhängnisvoll zu werden. Ich hatte mir, soviel es mir

       möglich war, Mühe gegeben, ihn zur Sammlung anzuspornen, aber leider auch nicht den

       kleinsten Erfolg gehabt. Im Gegenteile, wenn er auf seine Zerfahrenheit aufmerksam gemacht

       wurde, steigerte sie sich nur; er wurde ängstlich und beging in dieser seiner Befangenheit

       noch viel größere Fehler als vorher. Ich gab es also auf, ihn zu ändern; suchte seine

       Eulenspiegelstreiche soviel wie möglich zu vertuschen und gab mich, wenn ich mit ihm allein

       war, ebenso kindlich unbeholfen wie er selber. Dadurch hatte ich ihn wahrscheinlich noch

       fester als früher an mich gekettet. Wir schienen zwei unbedachtsame Kinder zu sein; er war

       auch eins; ich aber wachte heimlich über ihn und hielt, indem ich mir den Anschein gab ganz

       in seinem Willen aufzugehen, alle Unannehmlichkeiten möglichst fern von ihm. Er glaubte,

       selbständig zu handeln; in Wirklichkeit aber war ich es, nach dem er sich richtete, ohne es zu

       wissen.

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