Weihnacht von Karl May. Karl May
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Weihnacht von Karl May - Karl May страница 12

Название: Weihnacht von Karl May

Автор: Karl May

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783742752215

isbn:

СКАЧАТЬ zog uns

       zum Tische hin und rief:

       »Ach was, Buttermilch! Wein her, Wein! Wir haben da nicht nur einen sondern gleich zwei

       Dichter! Fama crescit fundo! So eine Überraschung, so eine Freude! Hol Wein, Anna, Wein!

       Ich weiß, was man so geistreichen Herren vorzusetzen hat! Setzen Sie sich nieder, immer nur

       nieder, denn wissen Sie, habenti dabitur et abundabit!«

       Ich setzte mich zwar, wehrte aber ab:

       »O nein, bringt ja noch keinen Wein; – – es darf nur Buttermilch jetzt sein, – – doch ist der

       erste Durst gestillt, – – dann sind wir auch zu Wein gewillt!«

       »Na, dann meinetwegen Buttermilch, wenn es denn nicht anders sein darf; aber später müssen

       Sie mir erlauben, Sie als meine ganz besonderen und persönlichen Gäste zu betrachten! Zu

       bezahlen haben Sie natürlich nichts, keinen Kreuzer, ganz und gar nichts!«

       Carpio warf mir einen Blick zu, und als ich diesen nicht beachtete, versetzte er mir einen

       kräftigen Fußtritt, der freilich deutlicher war. Und nun folgte eine sehr bewegte Scene. Die

       Gäste, welchen vorhin vor Verwunderung die Sprache ausgegangen zu sein schien, fanden sie

       jetzt wieder; die, welche am andern Tisch gesessen hatten, blieben nicht länger dort; sie

       kamen herbei und präsentierten uns ihre Biergläser, die wir natürlich zurückwiesen. Alle

       sprachen auf uns ein und jeder wollte ganz besonders von uns gehört werden. Die an uns

       gerichteten Fragen wurden alle von uns mit Reimen beantwortet, was auf Franzl einen

       solchen Eindruck machte, daß er seiner Frau, die auch ganz entzückt von solchen Gästen war,

       die Weisung erteilte:

       »Höre, Anna, diese hochgeehrten Herren bekommen keine gewöhnlichen Gastbetten, sondern

       sie schlafen in der guten Stube, wo der Glasschrank steht. Ich weiß, was Bildung heißt.

       Corvus corvo nigredinem objicit!«

       Dieses sein Latein machte mir riesigen Spaß. Da er nur Sprichwörter brachte, nahm ich ihn

       sehr stark in Verdacht, sie irgend einem alten Verzeichnisse entnommen und sich eingeprägt

       zu haben, um sie gelegentlich loszulassen und als Lateiner zu gelten. Den lateinischen Text

       hatte er sich gemerkt, aber nicht den Sinn desselben, und so durfte man sich nicht darüber

       wundern, daß er sie meist grad dann in Anwendung brachte, wenn ihr Gebrauch zum Unsinn

       wurde. Es giebt solche eigentümliche Menschen, und er ist nicht der einzige dieser Art, den

       ich kennen gelernt habe.

       Es kann nicht meine Absicht sein, die nun folgende Unterhaltung wiederzugeben; sie wurde

       von uns mit Reimen und von seiten des Wirtes mit den tollsten Lateineleien gespickt,

       wodurch er aber den sich sehr zahlreich einstellenden Gästen außerordentlich zu imponieren

       schien. Welche Schule er besucht und welchen Bildungsgang er hinter sich hatte, das konnten

       wir nicht erfahren; er schien Gründe zu haben, nicht davon zu sprechen, und wir waren nicht

       so rücksichtslos, ihm darauf bezügliche Fragen vorzulegen.

       Ein kleines Intermezzo darf ich nicht umgehen. Mein Carpio hatte unterwegs bemerkt, daß

       ihn ein durch die Stiefelsohle gedrungener Nagel in den Fuß stach, und den Stiefel

       ausgezogen, um ein zusammengefaltetes Stück Papier unterzulegen. Jetzt bemerkte er, daß

       der Nagel auch in dieses Papier ein Loch gemacht hatte und ihm nun neue Schmerzen

       bereitete. Er vertraute diese schmerzliche Angelegenheit einem mit anwesenden Schuhmacher

       an, und da dieser sich bereit erklärte, die vorwitzige Nagelspitze abzustumpfen, so zog er den

       Stiefel aus, um ihn dem Helfer in der Not anzuvertrauen. Dabei fiel das nun durch die

       eingedrungene Feuchtigkeit des Schnees sehr unscheinbar gewordene Papier heraus. Es sah

       wie ein alter, abgebrauchter Guldenzettel aus. Als ich es aufhob, bemerkte ich, daß es

       Schriftzüge enthielt, welche freilich nicht mehr zu enträtseln waren; aber der noch ziemlich zu

       unterscheidende Gymnasialstempel belehrte mich, welch ein wichtiges Dokument ich in den

       Händen hatte. Ich gab es dem Freunde mit den Worten:

       »Hier ist die Ehrenrettung deiner Schwester; ich hoffe, daß du ihr den schnöden Verdacht,

       welchen du ausgesprochen hast, nach unserer Heimkehr abbittest!«

       Er faltete den Zettel auseinander, schüttelte den Kopf, gab ihn, nämlich den Zettel und nicht

       etwa den Kopf, dem noch anwesenden Polizisten hin und sagte:

       »Sie sehen, daß ich meinen Paß sehr gut aufgehoben hatte; kein Spitzbube hätte ihn finden

       können. Ich bitte, sich nun zu überzeugen, daß Sie es wirklich mit den Schülern einer

       königlichen Bildungsanstalt zu thun haben!«

       Als der Beamte sah, in welchem Zustande sich die Legitimation befand, wies er sie mit den

       freundlichen Worten zurück:

       »Oh bitte, bitte, zweifeln Sie doch nicht an meiner Menschenkenntnis, die mir gleich beim

       ersten Blicke gesagt hat, daß ich es mit geistig hochstehenden und polizeilich

       unbeanstandeten Personen zu thun habe!«

       »Schön!« nickte Carpio. »Wir erkennen Ihren Scharfsinn an und werden jenseits der Grenze

       an geeigneter Stelle erzählen, daß die Bewohner der österreichischen Länder auf ihre

       Polizeimacht stolz sein können.«

       Indem er den wieder zusammengefalteten Paß in die Westentasche steckte, nickte er dem

       Gendarm in so gönnerhafter Weise zu, als ob er eine der höchsten Stellen im Wiener

       Justizministerium bekleide.

       Als wir jeder drei Gläser Buttermilch getrunken hatten, wurden wir zum Schankbier avanciert

       und bekamen dazu Cigarren angeboten, СКАЧАТЬ